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Nach Mord an Po­li­zis­t:in­nenHunderte hetzen im Netz

Nach den tödlichen Schüssen auf zwei Po­li­zis­t:in­nen gab es zahlreiche Hasskommentare im Internet. Mindestens 102 sollen bisher strafrechtlich relevant sein.

Kerzen an der Kreisstraße 22, wo zwei Polizeibeamte bei einer Verkehrskontrolle erschossen wurden Foto: Harald Tittel/dpa

Mainz afp | Eine Woche nach der Ermordung zweier Po­li­zis­t:in­nen in Rheinland-Pfalz hat das Landeskriminalamt bereits Hunderte Fälle von Hass und Hetze im Netz im Zusammenhang mit der Tat ermittelt. Bisher seien 399 Onlinebeiträge festgestellt worden, von denen 102 strafrechtlich relevant seien, teilte Innenminister Roger Lewentz (SPD) am Montag in Mainz mit. In 15 Fällen habe eine eigens eingerichtete Ermittlungsgruppe die Verantwortlichen bereits identifiziert.

Manche hätten die Tat im Internet regelrecht gefeiert oder die Opfer verhöhnt. „Ich empfinde das als schamlos – das ist pure Menschenverachtung, und das ist widerwärtig“, sagte Lewentz. Es sei „kaum aushaltbar“, dass die Angehörigen und Familien der Opfer nun auch noch Hass und Hetze im Internet ertragen müssten.

In einem auf Facebook veröffentlichten Video hatte ein vermummter Mann dazu aufgerufen, Po­li­zis­t:in­nen auf Feldwege zu locken, um sie dort zu erschießen. Das Video führte bereits in der Nacht zum Freitag zu einer Festnahme in einem Ort der Verbandsgemeinde Herrstein-Rhaunen. „Ich sage ganz klar: So etwas Widerliches werden wir nicht tolerieren“, sagte Lewentz.

Die Polizistin und ihr Kollege waren am frühen Montagmorgen vergangener Woche im Landkreis Kusel bei einer Verkehrskontrolle erschossen worden. Gegen zwei Tatverdächtige wurde am Dienstag Haftbefehl wegen gemeinschaftlichen Mordes erlassen. Laut den Ermittlern wollten sie damit eine vorangegangene Wilderei verdecken.

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3 Kommentare

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  • Jede Diskussionsbeitrag auf Medien wie Facebook zu dem genannten Hate Speech Beispiel führt dazu, dass das Material vom Algorithmus hochgeranked wird und mehr sichtbar ist. Am Ende einer kleinen persönlichen aber gut gemeinten Aufklärungskampagne ist der Aufklärungserfolg fragwürdig, die Gesellschaft eher noch mehr polarisiert.

    Ich bitte jeden inständig, diesem Rat politische Diskussionen auf Silicon Valleys Platformen zu vermeiden, ernst zu nehmen.

    Dieses Forum und andere bieten genug Platz, Meinungen auszutauschen.

    Ich distanziere mich heftigts von Polizistenmord Aufrufen. Ich bin ein Freund von Verbesserungsvorschlägen, wie unsere Exekutive per Design besser vor "Machtmissbrauch" geschützt werden kann, aber an dieser Stelle lasse ich auch solche Vorschläge und belasse es bei Solidarität mit allen persönlich betroffenen.

  • Furchtbar. Verstörend. Irgendwie scheint das Netz Menschen manchmal dazuzubringen, ihre hässlichsten Seiten nach aussen zu kehren.

    Vermutlich macht es nur Dinge sichbar, die in uns sind. Dieses Sichtbarmachen scheint jedoch wiederum etwas mit uns selbst zu machen.

    Ich zucke immer zusammen, wenn der Ruf nach Zensur laut wird. Erst recht, wenn Privatfirmen so etwas auch noch durchsetzen sollen, was, wenn überhaupt, hoheitliche Aufgabe wäre.

    Andererseits sollte die Verbreitung von Hass und Ressentiment nicht so einfach zum Geschäftsmodell werden können.

    Aber -- was sage ich: Murdoch, Springer et al machen das ja schon länger.

  • Sich blind auf den Obrigkeitsstaat zu verlassen, ist sicher auch nicht richtig. Auch die Polizei muss kritisiert werden dürfen und muss demokratisch kontrolliert werden, gerade weil sie mit dem Gewaltmonopol ausgestattet ist. Trotzdem geht Polizeikritik auch in etablierten Medien (wie der taz) manchmal schon nahtlos in grundsätzliche Skepsis über. Trauriger Höhepunkt war ja in der taz der bedauernswerte Beitrag, der die Polizei ganz undifferenziert "auf den Müll" gewünscht hat. Dass sich da u.U. instabile Individuen ermutigt fühlen, zur Tat zur schreiten, verwundert dann nicht.