Nach Milliardenverlust von Eon: Energiewende nur in Europa
Statt in Europa in die Erneuerbaren Energien zu investieren, setzt Eon in Schwellenländern weiter auf Atomenergie und Kohle. Kritik kommt von Umweltschützern.
BOCHUM taz | Umweltschützer und Atomkraftgegner kritisieren den Kurs des Atomstromkonzerns Eon als ewiggestrig. „Bullshit“ sei das vom Vorstandsvorsitzenden Johannes Teyssen angeschobene Imageverbesserungs- und Effizienzsteigerungsprogramm Eon 2.0, sagte Heffa Schücking von der Umweltorganisation urgewald der taz.
Statt in Europa in die Energiewende zu investieren, versuche Eon, sein auf Atomenergie und Kohle basierendes altes Geschäftsmodell in Schwellenländer wie Indien, Brasilien und die Türkei zu exportieren, kritisierte Schücking bei der Aktionärs-Hauptversammlung des Konzerns am Donnerstag in Essen.
Wegen der Stilllegung von deutschen Atomkraftwerken wie Isar 1 und Unterweser sowie Verlusten im Gashandel hatte Eon 2011 einen Verlust von 2,2 Milliarden Euro ausgewiesen. Teyssen reagierte mit Massenentlassungen. Weltweit müssen 11.000 Mitarbeiter gehen, davon 6.000 in Deutschland. Schon in diesem Jahr soll der Stromriese aber wieder Milliardengewinne einfahren: Für 2012 kündigte Teyssen einen Vorsteuergewinn von mindestens 9,6 Milliarden Euro an – 2013 sollen es sogar mindestens 11,6 Milliarden Euro werden.
Das Geld soll aus Investitionen im außereuropäischen Ausland kommen. In Brasilien will Teyssen mit dem MPX-Konzern des deutschstämmigen Milliardärs Eike Batista eine Reihe von Kraftwerken bauen. „Wir sind überzeugt, dort einen guten Markt zu haben“, lobt sich der Konzernchef selbst.
„Horror“ sind die Expansionsszenarien dagegen für UmweltschützerInnen wie Schücking. Auch ohne Details sei schon heute klar, dass Eon außerhalb Europas von der Energiewende nichts wissen wolle.
Unklare Zukunft für Urananreicherung
„Indien hat allein 2011 den Bau von 173 Kohlekraftwerken genehmigt“, sagt Schücking. „Und am Standort Jaitapur soll das weltweit größte AKW entstehen – mitten in einem Erdbebengebiet.“ Offenbar sei es Eons Strategie, gezielt dort zu investieren, wo es keine Mitspracherechte der Bevölkerung gebe und „Korruption und eine rückständige Energiepolitik“ herrschten. Bei Protesten gegen den AKW-Bau in Jaitapur war vor einem Jahr ein 30-jähriger Fischer von der Polizei erschossen worden.
Verschlossen gibt sich Eon auch daheim. Wie hoch der Anteil erneuerbarer Energie beim hierzulande erzeugten Strom ist, sagt der Konzern nicht.
Unklar bleibt auch die Zukunft von Deutschlands einziger Urananreicherungsanlage (UAA) in Gronau, die mittlerweile jedes zehnte AKW weltweit mit Brennstoff versorgt. Zusammen mit dem Konkurrenten RWE hält Eon ein Drittel der Anteile an der UAA-Mutterfirma Urenco.
Vom ursprünglich angekündigten Verkauf will Teyssen plötzlich nichts mehr wissen – auch die Bundesregierung „habe schließlich gewisse Mitspracherechte“ an den Zentrifugen, die auch für den Bau einer Atombombe genutzt werden können. „Verlogen“ sei der Eon-Kurs, kritisieren Atomkraftgegner wie Matthias Eickhoff von der Initiative Sofortiger Atomausstieg, Sein wichtigstes Argument: „Wer aus der Atomenergie aussteigen will, kann doch nicht Atombrennstoff in alle Welt exportieren.“
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