Nach Merkels Auftritt bei Anne Will: Maas lobt, Seehofer kritisiert
Justizminister Maas (SPD) wertet Merkels Auftritt bei Anne Will als Kampfansage an ihre Kritiker. CSU-Chef Seehofer ist weiter für eine Obergrenze.
Justizminister Heiko Maas (SPD) wertete die Äußerungen Merkels am Montag als Kampfansage an ihre Kritiker in CDU und CSU: „Der Auftritt von Frau Merkel war eine schallende Ohrfeige an alle ihre Kritiker in den eigenen Reihen“, so Maas. Mit Blick auf Kritik von den CDU-SpitzenkandidatInnen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg am Kurs der Kanzlerin betonte er: „Den Wettlauf weg von Frau Merkel wird kein CDU-Wahlkämpfer gewinnen.“
In der CSU gab man sich abgeklärt. Parteichef Horst Seehofer blieb bei seiner Forderung nach einer nationalen Obergrenze. Er sagte aber, er habe Verständnis, wenn Merkel den EU-Gipfel mit der Türkei am 7. März abwarten wolle. „Diese Argumentation vertritt sie ja schon seit Längerem, dass sie für ihre Position Zeit braucht und um Geduld bittet. Das ist ja nicht das erste Mal gesagt worden.“
Seehofer sagte weiter, die Kanzlerin und er redeten „regelmäßig“ miteinander. „Ich kenne ihre Position und ich habe jetzt nicht erwartet, dass sie durch einen Fernsehauftritt neue Positionen verkündet.“ Wer in der Politik wirklich zu Hause sei, habe das nicht ernsthaft glauben können. Damit bleibt die entscheidende Frage zwischen Merkel und der CSU ungeklärt.
Merkel verteidigte bei Anne Will ihre Politik
Die Kanzlerin hatte am Sonntagabend in der Polit-Talkshow „Anne Will“ beherzt für ihren Kurs geworben. Sie wandte sich strikt gegen Seehofers Forderung nach einer fixen Obergrenze, etwa von 200.000 Flüchtlingen im Jahr. „Ich habe mir vorgenommen, in einer so ernsten Frage nichts zu versprechen, was nur drei Wochen hält“, betonte sie. Sie sei zutiefst davon überzeugt, dass der Weg, den sie eingeschlagen habe, richtig sei.
Auf dem Gipfeltreffen am 7. März will Merkel erneut mit EU-Regierungschefs und der türkischen Regierung verhandeln. Die EU soll nach ihrem Willen die Außengrenzen besser sichern und Flüchtlinge auf alle EU-Staaten verteilen. Die Türkei soll Milliardenhilfen bekommen, damit sie Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak, die im Moment über die Ägäis weiter nach Griechenland reisen, im Land behält.
Offiziell unterstützen viele EU-Staaten diese Idee – aber faktisch steht Merkel fast alleine da. Vergangene Woche hatten Österreich und mehrere Balkanstaaten beschlossen, die Grenze zwischen Mazedonien und Griechenland abzuriegeln. In Griechenland herrscht seitdem Chaos. Merkel vermied im Fernsehstudio offene Kritik an ihren Möchtegern-Partnern. Wenn einer seine Grenzen schließe, müsse der andere leiden, sagte sie. „Wir können doch jetzt nicht die Griechen einfach im Stich lassen.“
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