Nach Journalistenmord in der Slowakei: Präsident fordert Neuwahlen
Nach der Ermordung eines Enthüllungsjournalisten will der slowakische Präsident politische Konsequenzen sehen. Der Mord hat eine tiefe Vertrauenskrise ausgelöst.
Der 27-jährige Journalist war vor einer Woche zusammen mit seiner Verlobten erschossen aufgefunden worden. Kuciak hatte vor seiner Ermordung an einem investigativen Bericht zum Einfluss der italienischen Mafia auf die slowakische Regierung gearbeitet. Der Enthüllungsjournalist warf engen Mitarbeitern von Regierungschef Robert Fico Verbindungen zu italienischen Geschäftsleuten vor, die mit der süditalienischen Mafiaorganisation 'Ndrangheta in Kontakt stehen sollen.
Präsident Kiska warf der Regierung mangelnde Konsequenzen nach dem Mord vor. Er habe eine Woche abgewartet um zu sehen, „welche Maßnahmen und politischen Entscheidungen die Regierung trifft, um die Spannungen zu entschärfen und das Vertrauen wiederherzustellen“, sagte er in seiner Fernsehansprache.
Bislang habe er jedoch keinerlei Lösungsvorschläge gehört. „Einige sind zurückgetreten, aber ich sehe keinen Plan, um das Land aus dieser Vertrauenskrise herauszuführen“. Vorgezogene Neuwahlen wären „in vielen demokratischen Ländern die natürlichste Lösung“, betonte der Staatschef.
EU-Delegation entsendet
Regierungschef Fico steht nach dem Mord unter Druck. Die Partei Most Hid, die zu Ficos Drei-Parteien-Koalition gehört, kündigte an, am 12. März über ein Ende der Zusammenarbeit zu beraten. Fico warf der Opposition vor, den Mord an dem Journalisten zu instrumentalisieren, um Proteste zu schüren und in Bratislava an die Macht zu gelangen. In der Vergangenheit hatte Fico Journalisten unter anderem als „dreckige anti-slowakische Huren“, „dumme Hyänen“ und „schleimige Schlangen“ beschimpft.
Der Mord an Kuciak löste im Land selbst und in Europa Sorge um die Pressefreiheit aus. Das EU-Parlament will laut Welt am Sonntag eine Delegation in die Slowakei entsenden. Demnach sollen von Mittwoch bis Freitag acht Abgeordnete aus allen Fraktionen Informationen über die Tat sammeln und die Rechtsstaatlichkeit kritisch hinterfragen.
Zur Delegation gehört demnach auch der Deutsche Sven Giegold, Mitglied der Grünen-Fraktion im EU-Parlament. Die Kammer dürfe „dem Verfall von Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit in Mitgliedstaaten nicht tatenlos zusehen“, sagte Giegold der WamS.
Kuciak wurde am Samstag beerdigt. Mehrere hundert Trauernde nahmen Abschied von dem 27-Jährigen, der in der nordslowakischen Ortschaft Stiavnik in seinem Hochzeitsanzug beigesetzt wurde. Kuciaks Verlobte Martina Kusnirova war bereits am Freitag in ihrem Hochzeitskleid bestattet worden.
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