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Nach Fall des Ex-Spions SkripalPaar mit Nowitschok vergiftet

Das bewusstlos aufgefundene Paar in Amesbury hatte laut Polizei Kontakt mit dem Nervengift Nowitschok. Es war wohl kein gezielter Angriff.

Britische Polizeibeamte bei den Ermittlungen in Amesbury am Mittwoch Foto: ap

Berlin taz | Vier Monate nach dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergei Skripal und seine Tochter Julia im englischen Salisbury sind erneut zwei Menschen durch Reste des damals eingesetzten Kampfstoffes vergiftet worden. Dies jedenfalls ist die Erklärung der britischen Behörden für den Fund zweier bewusstloser Menschen in Amesbury, einem Nachbarort von Salisbury, am vergangenen Samstagabend.

Die Polizei teilte am Mittwochabend mit, das in seinem Haus aufgefundene Ehepaar, 45 und 46 Jahre alt, sei mit demselben chemischen Kampfstoff „Nowitschok“ vergiftet worden wie am 4. März die Skripals. Sie befänden sich in einem kritischen Zustand.

Für den Skripal-Anschlag, den beide Opfer nach Wochen im Koma überlebten, hatte Großbritannien Russland verantwortlich gemacht – britische Antiterrorermittler, bestätigt durch die internationale Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW), hatten einen nur aus russischer Militärherstellung bekannten Kampfstoff aus der „Nowitschok“-Familie als Verursacher identifiziert. Russland hat das vehement zurückgewiesen.

Nie geklärt wurde, wer genau den Anschlag verübte und wie. Einen direkten Kontakt zwischen Täter und Opfern gab es den bekannten Erkenntnissen zufolge nicht; es wurde wohl die Türklinke von Skripals Haus kontaminiert. Daher ist bis heute unbekannt, wo sich der mutmaßliche Attentäter überall aufhielt – weitere Orte und Gegenstände könnten verseucht worden sein.

Vorsichtige Behörden

Die Polizei riegelte in Amesbury und Umgebung ein Wohngebäude und andere Orte ab, die die Briten besuchten, ehe sie erkrankten – etwa eine Kirche und eine Apotheke

Man geht jedoch davon aus, dass die beiden neuen Opfer mit einer alten Nowitschok-Spur in Kontakt geraten sein könnten, vielleicht einer weggeworfenen Nadel – auch nach Monaten könnte das extrem starke Nervengift noch wirken.

Die amtlichen Reaktionen sind extrem vorsichtig. Bekannt wurde der neue Vorfall erst nach Tagen. Dann wurde über eine Drogenvergiftung spekuliert – Amesbury liegt in der Nähe des Steinzeitdenkmals Stonehenge, um die Sommersonnenwende Wallfahrtsziel halluzinatorisch veranlagter Besucher. Erst am Mittwochabend erfolgte die Nowitschok-Bestätigung, wobei offen blieb, ob das Gift aus derselben Charge kam wie das Skripal-Gift.

Eine offizielle Schuldzuweisung Richtung Russland hat es bislang nicht gegeben. Die britische Regierung hat aber Russland zur Zusammenarbeit aufgefordert, um den neuen Fall aufzuklären und weitere mögliche Sekundärvergiftungen zu verhindern: Die russische Seite müsse endlich alle Details über den Skripal-Anschlag offenlegen, sagte Innenminister Sajid Javid im Unterhaus. Außerdem hat London erneut die OPCW eingeschaltet.

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5 Kommentare

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  • Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Sowohl Salisbury als auch Amesbury liegen ca. 8 km von Porton Down entfernt, dem seit mehr als 100 Jahren existierenden Chemiewaffenforschungszentrum der Briten.

    Siehe de.wikipedia.org/wiki/Porton_Down



    Karte: www.openstreetmap....12/51.0838/-1.7501

  • Was nicht im Artkel steht ist die Tatsache, dass sich der Fundort der Opfer in Amesbury nur ca 2 km vom britischen Chemiewaffenlabor in Porton Down befindet und fast vor der Haustür vom Rüstungsunternehmen QinetiQ.

  • Dass es immer gleich ein Paar ist. Vielleicht lässt sich die Wirkung des neuen Novichok besser geschlechtergetrennt überprüfen.

  • Ich sehe grade (09.19), daß mein erster Beitrag (von 08.45) offenbar der taz-internen Zensur zum Opfer gefallen ist. Ich kennen nicht den oder die Gründe, eventuell ist es aber 'am Thema vorbei', weil es ja vordergründig garnicht um Skripal geht.



    Ist aber doch so: die 'taz' höchstpersönlich hat sich dem Argument der britischen Ragierung sowie der NATO angeschlossen, daß einzig Russland als Nachfolgestaat des 'Erfinders' dieses Gift habe, und deshalb der Täter sei. Ich verstehe sicherlich, daß es der 'taz' mittlerweile peinlich sein mag, auf diese platte Argumentation hereingefallen zu sein, aber das sehe ich nicht als Grund, diese Diskussion zu unterdrücken.

  • Naja, die waghalsige These 'das kann nur Putin gewesen sein', die im Fall Skripal so laut herausposaunt wurde, kriegt nun noch ein paar Löcher mehr. Aber Beweise werden ja sowieso überbewertet, zumindestens wenn es grade so passt. Der ideologische Kollateralschaden wird dann mal so hingenommen...



    Ich hatte als eine der möglichen Thesen im Fall Skripal die Variante gesehen, daß jemand mit engen Verbindungen zum britischen Chemiewaffenlabor Porton Down (grade um die Ecke!) ein Spielchen gespielt hat. Aber nachdem Maggie May, und dann die NATO, die Variante Putin zur alternativlosen Wahrheit befördert hat, wurde ja keiner anderen Spur nachgegangen. Dumm...