piwik no script img

Nach Erfolg bei der Bürgerschaftswahl"Kein Machtkampf" bei Hamburgs Linken

Die Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft debattiert die Einführung einer Doppelspitze. Die Macht der Spitzenfrau Dora Heyenn würde so beschnitten, ein Putsch soll das aber nicht sein.

"Tendenz zur Hierarchisierung": Hackbusch und Heyenn zeigen Wahlplakat Bild: dpa

HAMBURG taz | Dora Heyenn bekommt mächtig Gegenwind. Die Fraktionsvorsitzende der Linken in der Hamburger Bürgerschaft und Spitzenkandidatin bei der Wahl vor knapp zwei Wochen soll die neue Fraktion nicht allein führen. Das fordern ihre beiden bisherigen StellvertreterInnen, Christiane Schneider und Norbert Hackbusch.

In einem fraktionsinternen Antrag fordern sie die Einführung einer Doppelspitze. Zur Begründung führen sie die im Wahlkampf „sehr stark ausgeprägte Tendenz zur Hierarchisierung“ an. Für die Linke sei es aber besser, dass „unsere Vielfalt gepflegt und durch das Auftreten der Fraktion nach außen zum Ausdruck gebracht“ werde.

„Das ist kein Machtkampf“, beteuert Hackbusch, es gehe darum, einen Generationswechsel einzuleiten. Die 65-jährige Heyenn hatte schon vor der Wahl deutlich gemacht, dass sie sich diesen etwa zur Halbzeit der fünfjährigen Legislaturperiode vorstelle und 2020 nicht wieder kandidieren wolle. In der Fraktion wollen manche diesen Prozess nun deutlich beschleunigen. „Fast die Hälfte der Fraktion ist neu“, sagt die Abgeordnete Heike Sudmann, „wir brauchen jetzt neue Strukturen.“

Heyenn gilt in der Öffentlichkeit als das Gesicht der Hamburger Linkspartei und wurde im Wahlkampf erstmals mit Großplakaten in den Vordergrund gestellt. Das sei „eine höchst einseitige Personalisierung“, kritisieren Schneider und Hackbusch. Allerdings war der Wahlkampf erfolgreich: Die Linke stieg von 6,4 Prozent und acht Mandaten auf 8,5 Prozent und elf Abgeordnete. „So schlecht kann mein Auftritt ja wohl nicht gewesen sein“, kommentiert Heyenn, die sich der Debatte um ihre Position gelassen stellt: „Miteinander reden ist immer gut.“

Schneider und Hackbusch schlagen vor, den Fraktionsvorstand von drei auf vier Posten zu erweitern: Zwei Vorsitzende, ein Vize und die Parlamentarische Geschäftsführung. Bislang hat nur Heyenn intern erklärt, für den Fraktionsvorsitz zu kandidieren. Drei weitere Abgeordnete wollen „für den Vorstand“ kandidieren, ohne eine genaue Position anzugeben, für die Geschäftsführung bewerben sich Sudmann und der neue Abgeordnete Stephan Jersch.

Die bisherigen Vizes Schneider und Hackbusch wollen nicht wieder antreten, was deren Behauptung stützt, „keinen Putsch gegen Dora zu inszenieren“. Die 66-jährige Schneider möchte Vize-Präsidentin der Bürgerschaft werden, Hackbusch strebt keine Führungsposition mehr an. Entschieden wird der Disput auf einer Fraktionssitzung am Samstag.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Wenn sie erstmal an den Futtertrögen angelangt sind, vergessen sie das "gemeine" Wahlvolk!

  • Erst mit Dora Heyenn einen "personalisierten" Wahlkampf machen und Stimmen einkassieren, um sie dann zu demontieren - das nenn ich unanständig!

     

    Ohne sie hätte die Linke niemals 8,5 % der Stimmen bei der Wahl bekommen!

    • @Rossignol:

      Wenn man Dora demontieren würde, hätten Sie wohl recht - ist aber nicht so.

      • @Rainer B.:

        Genau das ist gerade passiert und ich ärgere mich, das ich die Linken gewählt habe.

        • @Ex Altonaerin:

          Mit Demontage hat das rein gar nix zu tun. Eine Fraktion ist keine One-Woman-Show und da Dora sowieso 2020 nicht wieder antritt, ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum sie partout auf einer Einzelspitze beharrt. In fünf Jahren, wenn sie sich zurückzieht, müssen die NachfolgerInnen dann bei Null anfangen. Für eine kleine Partei ist eine Ein-Personen-Show lebensgefährlich. Man sollte sich doch freuen, dass mehr und mehr junge KandidatInnen ihre Themen aus ihren jeweiligen Bezirken und Lebensumfeldern einbringen. Die brauchen eine Chance und müssen sich auch angemessen einarbeiten können. Mit der Arbeit oder dem Auftreten von Dora hat das nix zu tun. Man muss aber auch über den Tag hinaus denken. Gerade von Politikern wird zurecht Weitsicht und ein Blick auf das Ganze erwartet.