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Nach Erdoğans Moschee-EröffnungDebatte über Ditib neu entbrannt

Der Moscheeverband Ditib gilt als verlängerter Arm Erdoğans. Nach dessen Staatsbesuch wird wieder diskutiert, ob er genauer beobachtet werden sollte.

Erdoğan bei der Eröffnung der Moschee in Köln Foto: reuters

Köln dpa | Nach dem Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğans in Köln nimmt die Debatte über die Islam-Organisation Ditib wieder Fahrt auf. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) warnte vor einer voreiligen Beobachtung des Verbandes, der der türkischen Religionsbehörde in Ankara unterstellt ist und als verlängerter Arm Erdoğans in Deutschland gilt. Bei Ditib sei „noch nicht ausgemacht, ob überhaupt und in welcher Form eine Beobachtung stattfinden wird“, sagte Reul der „Welt am Sonntag“. Dafür müssten „hohe rechtliche Hürden genommen werden“.

Im Interview mit der taz am Wochenende hatte Nordrhein-Westfalens Regierungschef Armin Laschet (CDU) Ditib zuvor aufgefordert, sich wieder auf die theologische, seelsorgerische Arbeit zu konzentrieren und keine Politik zu machen. Bundestagsvizepräsidenten Claudia Roth sprach sich für einen härteren Umgang mit Ditib aus. Zwar könne man Erdoğan nicht verbieten, in Köln eine Ditib-Moschee zu eröffnen. „Aber es zeigt, wie eng Ditib und die Regierung in Ankara verbunden sind“, sagte die Grünen-Politikerin der „Saarbrücker Zeitung„ (Samstag). Sie finde es richtig, dass der Verfassungsschutz eine Beobachtung von Ditib prüfe.

Erdoğan hatte am Samstag zum Abschluss seines Staatsbesuches in Deutschland die neue Ditib-Zentralmoschee in Köln eröffnet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) prüft nach Medienberichten eine Beobachtung der Ditib-Zentrale in Köln. Das BfV habe ein Dossier mit Ditib-Informationen an die Länder verschickt, die bis Mitte Oktober Material und eine Stellungnahme übermitteln sollten.

Die Ditib war vor dem Besuch des türkischen Staatsoberhauptes in Köln erneut in die Kritik geraten. Sie hatte ein nach Ansicht der Stadt unzureichendes Sicherheitskonzept für die Eröffnung der Zentralmoschee vorgelegt. Daraufhin hatten die Behörden strenge Auflagen erteilt, die Zahl der geladenen Gäste stark eingeschränkt und eine Veranstaltung vor der Moschee untersagt, zu der viele tausend Anhänger Erdoğans erwartet wurden.

„Wichtige Themen ehrlich besprochen“

Erdoğan bezeichnete seine Visite in Berlin und Köln dennoch als gelungen. „Es war ein erfolgreicher Besuch“, sagte er in seiner Rede an der großen Ditib-Moschee am Samstagnachmittag. Der Besuch habe die deutsch-türkische Freundschaft vertieft. Mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe er „wichtige Themen ehrlich besprochen“, unter anderem wirtschaftliche Investitionen und wie man „effektiv gegen Rassismus und Islamophobie ankämpfen“ könne.

Erdoğans Staatsbesuch war allerdings auch begleitet von deutlich weniger versöhnlichen Tönen und Irritationen. Zuletzt hatte er am Freitagabend während des Staatsbanketts Bundespräsident Frank-Walter Steinmeiers Kritik an seiner Menschenrechtspolitik scharf zurückgewiesen und Deutschland seinerseits getadelt.

Auch im Gespräch mit NRW-Ministerpräsident Laschet fielen kritische Worte. Er habe Rechtsstaatlichkeit in der Türkei angemahnt, sagte Laschet nach dem etwas einstündigen Treffen mit Erdoğan am Köln/Bonner Flughafen. Die Beziehungen der beiden Länder seien aktuell „überschattet“. Das betreffe vor allem Verhaftungswellen, die Presse- und Religionsfreiheit.

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4 Kommentare

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  • Ditib notfalls verbieten!

    Die erfreulicherweise von Erdogan gewünschte „gleichberechtigte Integration“ ist so lange paradox, solange er als Chef von Ditib nicht die Menschenrechte voll akzeptiert.



    Er müsste z.B. ausdrücklich die Gleichberechtigung von Frauen und Männern sowie die von nichtreligiösen und religiösen Menschen proklamieren.



    Dies halte ich für das Ziel einer gelungenen Integration und eines zeitgemäßen liberalen Islam für unbedingt notwendig.



    Ein starker wehrhafter und an den Menschenrechten orientierter Staat sollte den Mut haben, solch ein Bekenntnis einzufordern!



    Falls Ditib jene Erklärung der Gleichberechtigung nicht öffentlich verkündet (z.B. bis Jahresende), sollte Ditib zum Wohle der Gemeinschaft und des Friedens verboten werden.

  • 9G
    91867 (Profil gelöscht)

    Ich habe eine ganz simple Frage, wofür braucht UNSERE Gesellschaft eine Ditib? Welchen Nutzen hat UNSERE Gesellschaft davon? Was die Türkei davon hat weiss ich.

  • Erdogan trifft am besten da, wo es ihm am meisten wehtut - Geld.

    Kein weiters Geld für die Türkei und keine Ausfallbürgschaften.

  • 2016 ließ die ditib tausende Anhänger auf den Poller Wiesen in Köln aufmarschieren, um für die Einführung der Todesstrafe zu skandieren. Art 102 GG? Egal. Niemand regte sich damals darüber auf.



    Ditib ist eine Spitzelbehörde, die permanent den Rechtsstaat untergräbt. Sie gehört in diesem Land verboten.