Nach Demonstration bei Air France: Doppelt entlassen
Nach einer eskalierten Demonstration werden die mutmaßlich Beteiligten verklagt. Besser wird das Image von Air France dadurch wohl kaum.
Im Zuge einer Demonstration bei Air France hatten Mitarbeiter am Montag ein Treffen von Konzernleitung und Betriebsrat in der Zentrale der Fluggesellschaft gestürmt. Sie protestierten gegen Massenentlassungen und andere drastische Sparmaßnahmen bei Air France. In dem Tumult wurden der Air-France-Personalchef Xavier Broseta und der Langstrecken-Verantwortliche Pierre Plissonnier die Hemden vom Körper gerissen. Die Manager wurden von Sicherheitsleuten eskortiert und kletterten bei ihrer Flucht über einen Zaun.
Etwa ein Dutzend der Angeklagten sei direkt in die Auseinandersetzung involviert gewesen, hieß es am Mittwoch weiter aus den informierten Kreisen. Bei den anderen handle es sich beispielsweise um zwei Piloten, die den Protestierenden offenbar mit ihrem elektronischen Ausweis Zugang zu dem Treffen verschafft hatten, sowie vier Mitarbeiter aus dem Bereich Fracht, die ein Eingangstor aus seiner Verankerung rissen.
Die Geschäftsführung von Air France teilte mit, zu den möglichen Sanktionen gegen die übergriffigen Demonstranten gehörten auch Entlassungen. Für die Betroffenen dürfte das ein Witz sein: sie hatten gerade gegen geplante Entlassungen so vehement protestiert.
Mehrere Gewerkschaften und Assoziationen bekundeten ihre Solidarität mit den Demonstranten und verteidigten sogar die Ausschreitungen. Der Vorsitzende der Partei der Linken Jean-Luc Mélenchon warf Moderatoren in einem Fernseh-Interview ihre moralisierende Darstellung des Vorgangs vor. „Da ist jemand, der 2.900 Personen entlassen wird. Verstehen Sie, dass eben das Gewalt ist?“, fragte er.
„Wissen Sie wie viele Selbstmorde es unter den entlassenen Angestellten gibt, wie viele Scheidungen, wie viele Menschen ihr ganzes Eigentum verkaufen müssen?“ Der Parteivorsitzende beurteilte die Eskalation als „überhaupt nicht schlimm“, da soziale Fragen in Frankreich sonst nie mediale Aufmerksamkeit erhielten. Er bedankte sich bei allen Angestellten von Air France.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“