Nach Brand im Lager Moria: EU verweist auf Merkel

13.000 Geflüchtete sind nach dem Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria obdachlos. Aufnehmen will sie bislang keines der EU-Länder.

Eine Mutter mit ihren Kindern mit ihren Habseligkeiten vor ausgebrannten Zelten

Im ausgebrannten Lager: die Bereitschaft der EU-Länder, Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen ist gering Foto: Socrates Baltagiannis/dpa

Kommt eine „europäische Lösung“ für die Flüchtlinge aus dem Lager Moria? Die EU-Kommission und der Ministerrat waren am Donnerstag vollauf damit beschäftigt, die Schuld für das europäische Versagen in Moria weit von sich zu weisen und nach dem deutschen Ratsvorsitz in Berlin zu rufen.

Wenn es eine „europäische Lösung“ geben sollte, so müssten sich Kanzlerin Angela Merkel und Innenminister Horst Seehofer darum bemühen, so die vorherrschende Meinung in Brüssel. Schließlich habe Deutschland bis Ende des Jahres den EU-Vorsitz inne. Merkel und Seehofer geben die Agenda vor, nun wartet Brüssel auf Initiativen aus Berlin.

Doch bislang kommt von dort lediglich die Zusage, insgesamt 400 Minderjährige aus Moria aufzunehmen. Auf mehrere Länder, darunter Frankreich, verteilt.

EU-Diplomaten erinnern an 2016, als Merkel schon einmal versucht hatte, eine „Koalition der Willigen“ aufzubauen – ohne Erfolg. Die Kanzlerin lud zwar zu konspirativen Treffen in die österreichische EU-Vertretung in Brüssel, an denen Frankreich, Belgien und einige andere Staaten teilnahmen. Doch einen „Deal“ gab es nicht.

Österreich und Niederlande unwillig
A. Broekers-Knol, Justizministerium

„Die Niederlande haben immer den Standpunkt vertreten, dass wir keine Menschen übernehmen“

Auch vier Jahre später scheint die Bereitschaft der EU-Länder, Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen, gering. Die Visegrádstaaten Polen, Ungarn, die Slowakei und Tschechien scheiden ohnehin aus – sie haben sich schon bisher einer gemeinsamen Asyl- und Flüchtlingspolitik verweigert. Ungarn hat sogar seine Grenzen geschlossen.

Aber auch Österreich und die Niederlande sagen Nein. „Wir müssen sehr vorsichtig sein, dass wir hier nicht Signale ausschicken, die dann eine Kettenreaktion auslösen, der wir vielleicht nicht mehr Herr werden“, sagte der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg, der in Wien einer schwarz-grünen Regierung angehört.

Sobald die Tür nach Europa einen Spalt weit offen sei, würden sich sofort wieder viele Migranten auf den Weg machen. „Wir müssen die Debatte de-emotionalisieren, wir müssen sie rationalisieren.“ Es helfe nicht, bei jedem Zwischenfall oder einer Notlage nach Verteilung zu rufen. „Das kann nicht die Lösung sein“, so Schallenberg.

Ganz ähnlich klingt es in Den Haag. „Die Niederlande haben immer den Standpunkt vertreten, dass wir keine Menschen übernehmen“, sagte die Staatssekretärin im Justizministerium, Ankie Broekers-Knol. Die niederländische Regierung hatte Griechenland zuvor humanitäre Hilfe zugesagt. „Aber Flüchtlinge zu übernehmen, wie Deutschland das tun will, da ist die Antwort: Nein.“

Merkel soll es richten

Auch aus Belgien kam bisher kein Signal der Solidarität. Das Land steckt mitten in einer Regierungskrise und versucht zudem, Flüchtlinge an der belgischen Küste von der Überfahrt nach England abzuhalten. Anders als Luxemburg, das sich zur Aufnahme von Minderjährigen aus Moria bereit erklärt hat, wartet Belgien lieber ab.

Dies gilt auch für die meisten anderen EU-Länder. Niemand möchte sich aus der Deckung wagen, alle warten auf eine Initiative aus Deutschland. Merkel soll es richten – genau wie 2016. Nicht einmal jene Mitgliedsstaaten, die sich im vergangenen Herbst zur Aufnahme von Flüchtlingen in Seenot bereit erklärt hatten, sind bisher an Bord.

Im vergangenen September hatte Seehofer auf Malta eine kleine „Koalition der Willigen“ versammelt. Damals waren Deutschland, Frankreich, Italien und Malta vorgeprescht. Außerdem hatten Kroatien, Finnland, Irland, Litauen, Luxemburg und Portugal ihre Beteiligung zugesagt. Doch auch diese Gruppe kam letztlich nie zum Einsatz.

Eine „europäische Lösung“ liegt in weiter Ferne, genau wie 2016.

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