Nach Attacke auf AfD-Frau von Storch: Polizei hat Tortenclown im Visier
Nach einem fingierten Anruf wurde der Tortenwurf-Aktivist des Berliner Peng Kollektivs selbst Gegenstand polizeilicher Ermittlungen.
Berlin taz | Auf die Morddrohungen nach dem AfD-Tortenwurf folgte nun ein Mordverdacht. Am Dienstagabend standen Polizisten vor der Privatwohnung des Aktivisten Jean Peters, der die AfD-Politikerin Beatrix von Storch am Sonntag mit einer Torte beworfen hatte. Wie die Polizei bestätigte, hatte sie ein unbekannter Anrufer am Abend alarmiert.
Der Anrufer hatte sich der Polizei gegenüber wohl als Peters ausgegeben. Er behauptete, er habe seine Freundin ermordet und befinde sich auf der Flucht in seine Heimatstadt. Offenbar nannte der Anrufer auch einen konkreten Zug, in dem er sich gerade befinden sollte. Nach eigenen Angaben suchte die Polizei daraufhin mit vier Einsatzwagen bei ihm Zuhause und am Hauptbahnhof nach Peters.
Seine Mitbewohner hätten ihn am Dienstagabend gegen 18 Uhr angerufen, als die Polizei mit dem Verdacht auf Mord vor der Tür gestanden hätte, sagte Peters am Mittwoch. Er habe die Polizei schnell davon überzeugen können, dass er nicht der Anrufer gewesen sei. Die Polizei ermittelt nun wegen falscher Verdächtigung sowie wegen Missbrauch von Notrufen.
Das Berliner Peng Kollektiv hatte eine interne Sitzung der Bundesprogrammkommission der sogenannten Alternative für Deutschland (AfD) in Kassel gestürmt und der Europaparlamentarierin und AfD-Landesvorsitzenden in Berlin eine Torte ins Gesicht geworfen. Unter dem Hashtag #tortalerkrieg waren Bilder und Reaktionen auf die Torte in sozialen Netzwerken verbreitet worden.
Morddrohungen gegen Peters
Von Storch hatte ein Foto von Peters mit seinem Namen auf ihrer Facebookseite veröffentlicht. Peters hatte daraufhin Morddrohungen erhalten. Dass er so massiv angefeindet und bedroht werde, habe ihn überrascht, sagte Peters. Er habe das in dieser Qualität noch nicht erlebt und auch nicht erwartet.
Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, sieht den fingierten Mordvorwurf als Masche und Zermürbungstaktik der Rechten. „Es ist schon häufiger vorgekommen, dass engagierte Gegner von Rechtsextremisten mit Straftaten bezichtigt werden“, sagte er. So wurden im vergangenen Sommer der Aktivist André Leipold vom Zentrum für politische Schönheit und wenige Wochen später der Kolumnisten Heinrich Schmitz des Mordes an ihren Partnerinnen bezichtigt – ebenfalls über anonyme Anrufe bei der Polizei.
Im Fall von Leipold hatte die Polizei bereits die Tür zu seiner Wohnung aufgebrochen. Bei Schmitz, der unter anderem für das Online-Magazin The European geschrieben hatte, hatte die Polizei sogar schon der Tochter erzählt, dass der Vater die Mutter getötet hätte. „Die Hetze richtet sich zunehmend auch gegen Vertreter des demokratischen Systems“, sagte Reinfrank, das habe inzwischen eine neue Qualität erreicht.
Leser*innenkommentare
anteater
Schön langsam bekommen wir Zustände wie in der späten Weimarer Republik bzw. bald dann wohl wie im frühen Dritten Reich. Bin gespannt, wann die Nationalisten den Reichstag anstecken und es den Grünen, Flüchtlingen oder Frau Merkel in die Schuhe schieben. Einfach nur widerlich. Und dennoch will etwa ein Achtel der Bevölkerung die (NS) AfD wählen. Hatten diese Menschen keinen Geschichtsunterricht in der Schule? Die Parallelen sind nicht zu übersehen.
Karl Kraus
",Die Hetze richtet sich zunehmend auch gegen Vertreter des demokratischen Systems', sagte Reinfrank, das habe inzwischen eine neue Qualität erreicht." Das wirkt für die Amadeo Antonio-Stiftung aber reichlich naiv. Eine Definition von "Rechts" ist "antidemokratisch". Und wir haben seit Jahren Hetze gegen VertreterInnen des demokratischen Systems.
Stefan Mustermann
Von Storch hatte ein Foto von Peters mit seinem Namen auf ihrer Facebookseite veröffentlicht. Peters hatte daraufhin Morddrohungen erhalten.
Unser Bundesverfassungsgericht muss jetzt zum Schutze der Bevölkerung gegen den Rechtsextremismus ein Zeichen setzen! Hier sehen wir wie eine andere rechte Partei instrumentalisiert. Und das muss offen gesagt werden! Wenn alle schweigen, dann wird es so weiter gehen. Der Rechtsextremismus darf sich in unserem Land nicht mehr ausbreiten!
Wir werden - dank unserer Kanzlerin der Herzen - ganz anders in der Welt wahrgenommen, als noch in 30er oder 40er Jahren. Die Bundesrepublik Deutschland wird jetzt als ein Land der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit weltweit gesehen!
Tim Leuther
Ein Tortenwurf ist aber auch Gewalt. Wer erst Gewalt anwendet, und dann sich wundert das er die Androhung von Gewalt erntet ist schon ein Stück verlogen.
Wenn das linke Spektrum politische Gewalt nicht auf Ihrer Seite verurteilt, dann beraubt Sie sich der Position rechte Gewalt zu verurteilen.
Payk
"Eine Körperverletzung ist der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit einer Person in Form einer körperlichen Misshandlung oder einer Gesundheitsschädigung."
(Quelle: Wikipedia)
Die Frau von Storch ist Körperlich unversehrt. Daher keine Körperverletzung.
Akula
Herr Leuther, das muss nicht sein:
"Das Amtsgericht Öhringen sieht im Tortenwurf auf Innenminister Gall keine Straftat. Deshalb wurde der 20-jährige Beschuldigte am 27. November der versuchten Körperverletzung, versuchten Sachbeschädigung und Nötigung freigesprochen."
http://www.beobachternews.de/2014/11/29/tausend-euro-fuer-eine-schramme/
cursed with a brain
Verhältnismäßigkeit ist Ihnen Fremd- und Unwort zugleich.
Und genau das macht die rechten Spacken auch so verachtenswert.