Nach Anschlag auf Kirche in Syrien: Wer ist die Miliz Saraya Ansar al-Sunna?
Eine ab Februar öffentlich aufgetretene dschihadistische Gruppe bekannte sich zu dem Anschlag mit 25 Toten. Viele bemühen sich in Syrien um Solidarität.

Am Sonntag hatte sich ein Attentäter mit einem Sprengstoffgürtel in die Luft gesprengt und mindestens 25 Menschen in den Tod gerissen. 63 Menschen wurden dabei verwundet. Die Attacke hat das öffentliche Sicherheitsempfinden in Syrien erschüttert.
Das Online-Medium Al Jumhuriya berichtet, die Angehörigen hätten in einem Protestzug am Montag ihre Angst und Wut geäußert, nicht ausreichend vor Anschlägen geschützt zu sein. Bei der Beerdigung der Opfer sagte Syriens führendes christliches Oberhaupt, der griechisch-orthodoxe Patriarch von Antiochia, Johannes Yazigi: Die Regierung trage die Verantwortung dafür, Minderheiten nicht ausreichend zu schützen. „Mit Liebe und allem gebotenen Respekt, Herr Präsident, Sie haben gestern am Telefon gesprochen, um Ihr Beileid auszudrücken. Das ist uns nicht genug“, zitiert ihn das Medium New Arab.
Wer ist für den Anschlag verantwortlich?
Während des ab 2011 anhaltenden Krieges in Syrien sind viele bewaffnete radikal-islamische Gruppierungen entstanden. Nur wenige von ihnen haben sich der Methode der Selbstmordattentate verschrieben, darunter vor allem Daesh, bekannt als sogenannter „Islamischer Staat“ (IS), oder auch Dschabhat al-Nusra. Die neue syrische Regierung unter dem ehemaligen Milizen-Anführer Ahmed al-Scharaa beteuert immer wieder, alle religiöse Gruppen schützen zu wollen.
Eine bisher wenig bekannte Gruppe namens Saraya Ansar al-Sunna („Brigade der sunnitischen Partisanen“) bekannte sich am Dienstag zu dem Anschlag. Eines ihrer Mitglieder, Mohammed Zain al-Abidin, habe den Anschlag verübt, weil sich die Gruppe von Christen provoziert gefühlt habe. Im März kam es vor der Elias-Kirche zu einem Streit, als ein Auto vorbeifuhr, aus dem islamische Gesänge aus Lautsprechern tönten und christliche Anwohnende sich dagegen wehrten.
Die radikale Gruppe hetzt gegen Alawiten, Schiiten und Druzen. In einer Erklärung auf ihrem Telegram-Kanal drohte sie mit weiteren Anschlägen. Ihr Sprecher Abu al-Fatah al-Schami gibt an, die Gruppe sei noch vor dem Sturz Assads gegründet worden, sie trat aber erst im Februar öffentlich auf. Laut al-Schami zähle sie 1.000 Kämpfer.
Verbindungen zur HTS
Saraya Ansar al-Sunna beschuldigt die syrische Übergangsregierung, vom Glauben abgefallen zu sein und Syrien zu säkularisieren. Ihr Anführer Abu Aisha al-Schami war zuvor Teil von Hayat Tahrir asch-Scham – der Miliz, der al-Scharaa angehörte. Sie hatte im Dezember 2024 Syrien vom Diktator Baschar al-Assad befreit. Anfang des Jahres gab HTS offiziell ihre Auflösung bekannt.
Abu Aisha al-Shami hatte die HTS verlassen, weil sie ihm zu „nachsichtig“ gegenüber Schiiten und Alawiten gewesen sei, berichtet die Zeitung The New Arab. Im Februar töteten Mitglieder der Gruppe mindestens 10 Alawiten im Dorf Arzah in Westsyrien. Sie sollen auch für die Tötung zehn schiitischer Menschen in Hama verantwortlich sein.
Das syrische Innenministerium wiederum sagt: Eine „offiziell“ dem IS nahestehende Zelle sei verantwortlich. Saraya Ansar al-Sunna sei eine erfundene Organisation und habe keinerlei Verbindung zum Anschlag, so das Ministerium bei einer Pressekonferenz. Am Montag verkündete die Regierung, Mitglieder der Zelle festgenommen zu haben.

Saraya Ansar al-Sunna sei möglicherweise ein IS-freundlicher Ableger oder eine IS-Tarnorganisation, erklärte der in Syrien ansässige Analyst Aymenn Jawad al-Tamimi der Nachrichtenagentur AFP. Die Gruppe bestünde größtenteils aus HTS-Überläufern und anderer Gruppierungen, operiere derzeit aber unabhängig vom IS. „Angesichts der offensichtlichen Abstammung aus Überläufern der HTS ist es verständlich, warum die syrische Regierung ihre Existenz herunterspielt und leugnet“, so al-Tamini.
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