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Nach Anschlag auf BundeswehrkasernePolizei ermittelt gegen Kriegsgegner

Die Polizei hat im „War starts here“-Camp ein Auto beschlagnahmt. Die Initiative begrüßt den Anschlag, erklärt aber, nichts damit zu tun zu haben.

Sieht doch ziemlich unschuldig aus: Teilnehmerin des „War starts here“-Camps. Bild: dpa

BERLIN taz | Nach einem Brandanschlag mit Millionenschaden auf eine Bundeswehrkaserne in Sachsen-Anhalt ermittelt die Polizei gegen Teilnehmer des nahe gelegenen antimilitaristischen „War starts here“-Camps.

Am Samstagnachmittag sperrten rund 150 Polizisten die Zufahrt zum Campgelände im sachsen-anhaltinischen Potzlehne ab. Sie schleppte einen Wagen der Kriegsgegner ab, der mit dem Anschlag in Verbindung gebracht wird. Der Halter wurde nicht in Gewahrsam genommen. Es sei „noch unklar, ob es sich um eine heiße Spur handelt“, erklärte ein Sprecher des Landeskriminalamtes.

Unbekannte waren in der Nacht zum Samstag auf das Gelände der Elb-Havel-Kaserne in Havelberg, knapp 100 Kilometer nordöstlich von Potzlehne, eingedrungen und hatten Brandsätze unter diverse Fahrzeuge gelegt. Dabei waren 16 gepanzerte Lastwagen und Radpanzer schwer beschädigt worden. Die Polizei schätzt den Schaden auf rund 10 Millionen Euro. Menschen wurden nicht verletzt, die Täter entkamen.

Das „War starts here“-Camp richtet sich vor allem gegen den bei Potzlehne gelegenen, etwa 230 Quadratkilometer großen Truppenübungsplatz Altmark. Der von dem Rüstungskonzern Rheinmetall für die Bundeswehr betriebene „Gefechtsübungsplatz“ (GÜZ) gilt als modernster Europas.

„Wir begrüßen Aktivitäten, die ein Zeichen gegen Militarisierung setzen und keine Menschenleben gefährden“, sagte eine Sprecherin der „War starts here“-Initiative zu dem Brandanschlag. „Was in Havelberg passiert ist, bewerten wir als eine Aktion zur Abrüstung von Kriegsgerät.“ Einen Zusammenhang zwischen dem Anschlag und dem Camp gebe es jedoch nicht, sagte die Sprecherin.

Schädel spricht von „Kriminalisierung“

Monty Schädel von der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsgegnerInnen, die an dem Camp beteiligt ist, sagte, er lehne solch eine Art des Protests ab. Einen Zusammenhang zu dem Camp herzustellen sei „eine beabsichtigte Kriminalisierung berechtigten Protests“.

In den vergangenen Tagen hatten Campteilnehmer die Gleise der Militärbahnstrecke des GÜZ unterhöhlt, Krähenfüße auf Waldwegen verteilt und ein Kontrollhäuschen der Bundeswehr angegriffen. Nach Angaben der Campteilnehmer hatten Soldaten dort Nazi-Devotionalien als Wandschmuck aufgehängt. Ein „kosovarisches“ und ein „muslimisches“ Übungsdorf auf dem GÜZ wurden mit Parolen wie „Krieg dem Krieg“ beschmiert. Von ihren Aktionen stellten die Campteilnehmer Bilder ins Internet.

In einer Erklärung der Kriegsgegner heißt es, die Sachbeschädigungen seien ein„symbolisches Zeichen gegen die Kriegspolitik der BRD“. Die Soldaten, die auf dem GÜZ trainieren, stünden „meist unmittelbar vor einem Kriegseinsatz im Ausland“. In den Kriegen, an denen Deutschland beteiligt sei, gehe es „weder um Frieden bringende Maßnahmen noch um den Kampf für Menschenrecht“, sondern „um den Ausbau und die Neuerschließung von Märkten“.

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8 Kommentare

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  • R
    Realist

    Kriegsgegner befuerworten also Gewalt?! Pazifisten sind doch oftmals nichts anderes als bystander die zur unterlassenen Hilfeleistung neigen. Beispiel Rwanda: Es gibt heute kaum einen Experten aus dem Bereich Konflikt/Friedensforschung der heute in solch einem Fall eine humanitaere Interventionen ablehnen wuerde. Manchmal ist ein Waffeneinsatz halt das lezte Mittel und kostet weniger Menschenleben als unterlassene Hilfeleistung. Wer das nicht glaubt, kann sich ja mal mit einem Ueberlenden eines Voelkermordes unterhalten. Pazifisten leben in einer Phantasiewelt und sind unterm Strich genauso schlimm wie Gruppen die vorschnell zu den Waffen greifen. Selbst zivile Hilfsorganisationen bedanken sich fuer den militaerischen Schutz in, z.B., Afghanistan....und ich studiere Konfliktloesung!

    • @Realist:

      Sie übersehen, dass verbesserte militärische Optionen zunehmend von Anfang an politischen Lösungsansätzen im Wege stehen.

       

       

       

      Konflikte werden durch militärische Interventionen meist unnötig verlängert. Die Zahl der Opfer vervielfacht.

       

       

       

      Der reflexhafte Ruf nach Truppen mag das Gewissen der Aktionisten ja beruhigen, ist der nachhaltigen Konfliktlösung aber überwiegend abträglich.

  • D
    Dekorateur

    Die "Teilnehmerin" auf dem Foto scheint eher ne Schaufensterpuppe aus. Top-Recherche!

  • „Wir begrüßen Aktivitäten, die ein Zeichen gegen Militarisierung setzen und keine Menschenleben gefährden“

     

     

     

    Feuer legen kann immer auch Menschenleben gefährden, kommt also für die Kriegsgegner prinzipiell nicht in Frage.

     

     

     

    Aus diesem Statement dann eine Überschrift zu konstruieren wie: "Die Initiative begrüßt den Anschlag,....", ist reine Stimmungsmache und schlechter Journalismus auf BILD-Niveau. Lasst doch erstmal die Polizei ermitteln, bevor Ihr hier schon Schuldige präsentiert.

  • Hier handelt es sich wohl um einen klaren Fall von Ideological-Profiling. Aufschrei!

    • @Dhimitry:

      Genau, wie kann man annehmen das es einen Zusammenhang zwischen politischer Position und politischen Aktionen gibt?

  • JI
    JK Inc

    Wenn das der Russe wüsste... ein paar Brandsätze und die BW wäre besiegt...

     

     

     

    Hoffentlich ließt die Al Quaida keine TAZ...

  • H
    Holger

    "Monty Schädel" - hihi, spießiger geht es ja nicht mehr. Hört sich an wie "Breiti" von den Toten Hosen, so Mitte der 80er war das mal ganz witzig. Mal ehrlich, was sind das denn für Knalltüten, die da in der taz zu Wort kommen?