Nach Angriff durch „Reichsbürger“: Maas will schärferes Waffenrecht
„Reichsbürger“ treten immer aggressiver auf. Soll es vor Erteilung von Waffenscheinen künftig Regelanfragen beim Verfassungsschutz geben?
Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) will auch auf der anstehenden Innenministerkonferenz in Saarbrücken auf eine frühe Regelabfrage durch den Verfassungsschutz dringen. Es müsse alles getan werden, damit Extremisten nicht in den Besitz von Waffen gelangten, sagte Jäger der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Es mache wenig Sinn, erst die waffenrechtliche Erlaubnis zu erteilen, dann über einen Abgleich der Verfassungsschutzbehörden festzustellen, dass über den Betreffenden Erkenntnisse vorlägen, und eine erteilte Erlaubnis dann wieder zurückzunehmen.
Die Debatte über eine Verschärfung des Waffenrechts hatte Fahrt aufgenommen, nachdem Mitte Oktober ein „Reichsbürger“ in Bayern einen Polizisten erschossen hatte. Die Bewegung erkennt die Bundesrepublik nicht an, spricht Behörden und Gerichten die Legitimität ab und behauptet, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Inzwischen wird sie vom Verfassungsschutz beobachtet.
In der Union gibt es Widerstand
Mehrere Landesinnenminister der SPD haben bereits dafür plädiert, dass der Verfassungsschutz bei der Vergabe von Waffenscheinen in Deutschland künftig mitredet. Maas sagte dazu in der ARD, es müsse ganz grundsätzlich überlegt werden, ob „im extremistischen Bereich, wenn Waffenscheine vergeben werden, nicht auch der Verfassungsschutz schon vorher eingeschaltet wird“. Wenn Extremisten erst Waffen hätten, sei es praktisch schon zu spät.
In der Union gibt es Widerstand gegen eine solche Verschärfung. „Natürlich wollen wir gewährleisten, dass Waffen nicht in falsche Hände geraten“, sagte der innenpolitische Sprecher der Union, Stephan Mayer (CSU), dem Nachrichtenmagazin Focus. „Aber wir dürfen nicht hunderttausende Schützen und Jäger unter Generalverdacht stellen.“
Rainer Wendt von der Polizeigewerkschaft hält die Verschärfung des Waffengesetzes nach Maas Vorschlag für sinnvoll. Waffen hätten in Händen von Extremisten nichts verloren. Das gelte sowohl für „Reichsbürger“ als auch für Links- oder Rechtsextreme. Die Nachfrage beim Verfassungsschutz, ob Erkenntnisse zu den Besitzern vorliegen, müsse die Regel sein.
Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sprach sich ebenfalls für strengere Vorgaben beim Kauf legaler Waffen aus. „Das Hochrüsten der Zivilbevölkerung führt zu einer größeren Gefahr für die Zivilbevölkerung, auch für die Sicherheitsbehörden. Deswegen brauchen wir schärfere Kontrollen und klare Regelungen“, sagte von Notz am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Strengere Regeln für Gas-Pistolen sowie Höchstmengenabgaben von chemischen Stoffen seien ebenfalls eine Option.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Scholz fordert mehr Kompetenzen für Behörden
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau