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Nach Angriff auf Salman RushdieWeltweites Entsetzen

Der Autor musste an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden. Das Tatmotiv ist bislang unklar. Weltweit wird die Attacke verurteilt – in iranischen Medien dagegen gefeiert.

Salman Rushdie (Archivbild aus dem Jahr 2017) Foto: ap

Chautauqua dpa/rtr Eigentlich wollte der Schriftsteller Salman Rushdie am Freitag in den USA über verfolgte Künstler sprechen. Doch plötzlich wird er genau dort, auf offener Bühne, zum Opfer eines brutalen Angriffs. Ein 24-Jähriger sticht in dem Ort Chautauqua im Westen des Bundesstaates New York mehrmals auf den 75-Jährigen ein und verletzt ihn schwer. Rushdie wird in ein Krankenhaus gebracht, operiert und seinem Manager Andrew Wylie zufolge an ein Beatmungsgerät angeschlossen. Neue Informationen zu seinem Zustand gab es am frühen Samstag zunächst nicht.

Er könne nicht sprechen und werde wahrscheinlich ein Auge verlieren, schrieb Wylie nach Angaben der New York Times. Nervenstränge in seinem Arm seien durchtrennt und seine Leber beschädigt worden. „Die Nachrichten sind nicht gut.“ Der mutmaßliche Täter, ein Mann aus dem Bundesstaat New Jersey, wurde festgenommen. Er habe wohl allein gehandelt, sagte ein Polizeisprecher am Freitag. Ob der Angriff im Zusammenhang mit der jahrzehntealten, gegen Rushdie ausgesprochenen Fatwa steht? Unklar.

Rushdie war vor mehr als 30 Jahren per Fatwa zum Tode verurteilt worden. Wegen seines Werks „Die satanischen Verse“ („Satanic Verses“) aus dem Jahr 1988 hatte der damalige iranische Revolutionsführer Ajatollah Chomeini das religiöse Rechtsdokument veröffentlicht, das zur Tötung des Autors aufforderte. Chomeini warf Rushdie vor, in seinem Roman den Islam, den Propheten und den Koran beleidigt zu haben.

Der Fatwa folgte damals eine dramatische Flucht Rushdies und zeitweise jahrelanges Verstecken, um dem Todesurteil zu entkommen. Rushdies entscheidende Rolle als einer der Autor:innen, die wesentlich an der Erneuerung der englischsprachigen Literatur in Indien mitwirkten, geriet durch die politischen Implikationen der Fatwa oftmals in den Hintergrund. Seit mehr als 20 Jahren lebt er nun in New York.

Die Tat geschah nun bei einer Vorlesung Rushdies in der sogenannten Chautauqua Institution, einem Erziehungs- und Kulturzentrum in einem ländlichen Gebiet des Bundesstaates. Die Veranstaltung habe im Rahmen einer Serie unter dem Titel „Mehr als Schutz“ („More than Shelter“) stattgefunden, bei der über die USA als Zufluchtsort für Schriftsteller im Exil und über die Verfolgung von Künstlern diskutiert werden sollte.

Die Attacke löste weltweit Entsetzen aus. „Diese Gewalttat ist entsetzlich“, sagte der nationale Sicherheitsberater Jack Sullivan laut Mitteilung des Weißen Hauses. UN-Generalsekretär António Guterres reagierte ebenfalls mit Entsetzen auf den Angriff. Der US-Senator und Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, schrieb auf Twitter, die Tat sei ein „Angriff auf die Rede- und Gedankenfreiheit“. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb, Rushdie sei von „Hass und Barbarei“ getroffen worden. Der deutsche Schriftsteller Günter Wallraff, der Rushdie 1993 in seinem Haus in Köln-Ehrenfeld versteckt hatte, sagte, die Nachricht sei „natürlich ein Schlag für mich“ gewesen.

Familie des Angreifers soll aus Libanon stammen

In iranischen Medien dagegen ist der Messerangriff auf Salman Rushdie begrüßt worden. In der regierungsnahen Zeitung Kayhan, deren Chefredakteur von Irans weltlichem und geistlichem Oberhaupt Ali Chamenei ernannt wird, hieß es am Samstag: „Tausend Bravos (…) für die mutige und pflichtbewusste Person, die den abtrünnigen und bösen Salman Rushdie in New York angegriffen hat“. Weiter hieß es: „Die Hand des Mannes, der dem Feind Gottes den Hals umgedreht hat, muss geküsst werden.“ In Deutschland gab Bundesinnenministerin Nancy Faeser dem Iran eine Mitverantwortung für das Attentat.

Die Familie des Angreifers soll Berichten zufolge aus dem Süden des Libanon stammen. Die Eltern kämen aus dem Ort Jarun, der 24-Jährige selbst habe den Libanon aber noch nie besucht, sagte der Bürgermeister des Ortes libanesischen Medien. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür zunächst nicht. Der Süden des Libanon ist eine Hochburg der schiitischen Hisbollah-Organisation, die eng mit dem ebenfalls schiitischen Iran verbündet ist.

Vor wenigen Tagen noch hatte Rushdie dem Magazin Stern gesagt, dass er sich in den USA sicher fühle. „Das ist lange her“, sagte Rushdie im Interview Ende Juli auf die Frage, ob er noch immer um sein Leben bange. „Für einige Jahre war es ernst“, sagte Rushdie weiter. „Aber seit ich in Amerika lebe, hatte ich keine Probleme mehr.“ Der Autor habe dabei aber auch vor dem politischen Klima und möglicher Gewalt in den USA gewarnt: Das Schlimme sei, „dass Morddrohungen alltäglich geworden sind“.

Auch nach Angaben seines Verlags aus dem vergangenen Jahr hätte die Fatwa für Rushdie inzwischen längst keine Bedeutung mehr. Er sei nicht mehr eingeschränkt in seiner Bewegungsfreiheit und brauche auch keine Bodyguards mehr. Die Jahre des Versteckens gingen jedoch nicht spurlos an ihm vorüber. Er verarbeitete diese Zeit in der nach seinem Alias benannten Autobiografie „Joseph Anton“ aus dem Jahr 2012.

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9 Kommentare

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  • Wie im tiefsten Mittelalter.Religiöser Wahnsinn bricht sich Bahn.

  • Und leider muss ich sagen: wir sind mitschuldig!

    Warum erlauben wir Religionen soviel Freiraum? Wieso weisen wir Gruppen nicht in die Schranken, die behaupten irgendein Gott hätte sie ermächtigt und deshalb wär schon alles richtig was sie tun?

    Gerne stellen sich Religionsgemeinschaften als Opfer dar, die ja nur gutes wollen und dafür verfolgt werden. Aber wenn man genau hinsieht, dann ist das schlicht nicht wahr.

    Wir bezahlen sogar dafür mit Steuergeldern, wenn Religionsgemeinschaften Krankenhäuser und Kindergärten betreiben und sich damit einen soziales Image aufbauen, dass sie gar nicht verdient haben. Und dann dürfen sie obendrein in unseren Schulen den Kindern ihre Lügen erzählen.

    Jeder Verein, der sich auch nur einen Bruchteil dieser Skandale erlauben würde, würde von Staatsanwaltschaft, Polizei und sogar Verfassungsschutz in seine Einzelteile zerlegt. Aber bei einer Kirche drückt man die Augen zu, man will sich ja schließlich nicht mit Gott anlegen.

    Wer jetzt dieses Attentat nur als Spinnerei eines verwirrten Muslims abtut, der hat nicht verstanden, was die Ursache für diesen Wahn ist. Jede Kirche, Religion oder Sekte beruht auf einer Lüge und statt sowas auch noch staatlich zu fördern sollte es eher streng überwacht und reglementiert sein.

    • @Sauerkotze:

      Wow! Schon bemerkenswert, wie Sie es schaffen, die Tat eines vom iranischen Mullah-Regime aufgehetzten Fanatikers fuer eine Tirade gegen die Kirche zu nutzen!

  • Fanatische Religioten sind alle gleich, ganz egal auf welche Religion sie sich berufen: verachtenswert.

  • Haben die Vereinigten Staaten nicht grade einen in seinem Land angesehenen Afghanen in Afghanistan exekutiert?



    Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen schmeißen.



    Hoffentlich kommt der arme Mann bald wieder auf die Beine, also Hr. Rushdie.

    • @KnorkeM:

      Den Angriff auf einen Schriftsteller mit der Toetung eines Terroristen zu vergleichen, die ich - auf diese Weise - auch nicht gutheissen moechte, sollte sich allerdings verbieten.



      Ansonsten ja, auch ich wünsche Salman Rushdie baldige und gute Genesung, und dem Taeter, neben der verdienten Strafe, Einsicht und Laeuterung.

    • @KnorkeM:

      Was hat das nun mit Rushdie zu tun? Richtig: nichts.

      Hauptsache, mal kurz was vom Thema abgelenkt...

  • Tatmotiv noch unklar? Amerikanische Medien schrieben schon vor Stunden, dass der Täter eindeutige Sympathiebekundungen in den sozialen Medien durchblicken ließ.

  • Ein libanesischer Schiit und Hezbollah Anhänger (laut seinem social Media Profil) das Motiv ist relativ klar.