piwik no script img

NSU-UntersuchungsausschussBouffier sieht sich im Recht

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier will die Ermittlungen zur NSU-Mordserie nicht behindert haben. Das sagte er vor dem Untersuchuchungsausschuss.

Fehlerfreier Aufklärer: Schriftliche Fragen an V-Leute waren ausreichend für Volker Bouffier. Bild: dapd

BERLIN dpa/dapd | Der hessische Regierungschef Volker Bouffier (CDU) hat Vorwürfe wegen seines Vorgehens bei der Aufklärung der Neonazi-Mordserie vehement zurückgewiesen. Was er getan habe, sei kein Fehler gewesen, „es war richtig und rechtlich geboten“, sagte der frühere hessische Innenminister am Freitag im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages in Berlin.

Der amtierende Ministerpräsident Bouffier war hessischer Innenminister, als die rechtsextreme Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) 2006 in Kassel den türkischstämmigen Betreiber eines Internetcafes ermordete. Der CDU-Politiker legte im Rahmen der Ermittlungen sein Veto dagegen ein, die V-Leute eines am Tatort anwesenden Verfassungsschützers von Polizei und Staatsanwaltschaft vernehmen zu lassen. Mehrere Mitglieder des Untersuchungsausschusses haben Bouffier bereits vorgeworfen, seinerzeit die Ermittlungen behindert zu haben.

Der CDU-Politiker sagte dazu, es habe nie zur Debatte gestanden, die V-Leute gar nicht zu vernehmen. Die Frage sei lediglich gewesen, ob sie mittelbar oder unmittelbar befragt werden sollten. Bouffier betonte, eine direkte Vernehmung hätte nicht zur Aufklärung beitragen können, aber Sicherheitsinteressen beeinträchtigt. Die V-Leute wurden schließlich schriftlich befragt.

Kurz vor Beginn der Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses hatte die SPD Bouffier scharf attackiert. „Aus den Akten habe ich den Eindruck, dass Herr Bouffier ein eiskalter Bürokrat ist“, sagte Eva Högl, die Obfrau der Sozialdemokraten in dem Bundestagsgremium ist, am Freitag in Berlin. Sie fügte hinzu: „Er hat undifferenziert den Quellenschutz für hessische V-Leute über die polizeilichen Mordermittlungen einer bundesweiten Mordserie gestellt.“ Die Union bezeichnete die Vorwürfe indes als „absurd“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • T
    tom

    der macht nur weiter wo Koch aufgehört hat!!

  • A
    André

    Es war eine Mordermittlung!

     

    ... und der Mitarbeiter des Verfassungsschutzes hat mehrere Varianten gebracht, warum er im Internetcafé gewesen sei. Und alleine die Tatsache, dass er seine Begründungen mal so, mal so abgab und dass er nachweislich rechtem Gedankengut anhing, dass es sein Job war, rechtsextreme Leute oder Neonazis zu führen, reicht für mich zu sagen, dass hier etwas vertuschte wurde. Es wurde ja danach mal angefangen, in Richtung Neonazis/Fremdenfeindlichkeit/Rechtsextremismus zu fahnden, aber was nützt die Fahndung, wenn es keine Genehmigungen für wichtige Hinweise oder das Umfeld des möglichen Verdächtigen gibt? Und danach blieb dann die Serientäter bzw. OK-Arbeitshypothese bestehen. Das war wohl auch besser so, sonst wäre 2006 die These aufgetaucht, dass der Staat selber die Döner-Morde aus rechtsextremer Ideologie begangen habe. Aber dazu kam es ja nicht, weil eben eine detailierte Vernehmung der Quellen nicht erlaubt wurde und die Papiere hätte man wohl nach Aktenlage selber schreiben können, denn eine Kontrolle hatte es ja nicht gegeben.

     

    Diese Vernehmung von Quellen war hier nämlich besonders wichtig, denn es hätte zum einen seinen können, dass sich der Verfassungsschützer ans Trio bzw. die Terrorgruppe ranschmiss, dass er vielleicht eine Person aus dem Trio oder aus der Unterstützerszene selber als 'Quelle' führte. Und die Akten über V-Leute und sensible Quellen sind nicht zugänglich für den Bundestag, selbst die harmlosen Akten werden nicht freiwillig überstellt, bis heute besteht große Unsicherheit über die Datenlage.

     

    Ein weiteres Problem ist, dass 2006 die Mordserie endete. Also, die Mordserie endete damit, dass ein Verfassungsschützer am Tatort war, angeblich soll er eine Tüte dabei gehabt haben. Und freiwillig hatte sich der Mann nicht gemeldet, sonder es gelang ausnahmsweise der Polizei, den Mann zu finden.

     

    Für mich ist Bouffier nicht glaubwürdig und sein Quellenschutz auch etwas absurd, denn nach dem Vorfall hat man es eilig, den Verfassungsschützer zu versetzen, man wollte ihm offenbar nicht mehr im Rechtsextremismusbereich belassen oder überhaupt im sensiblen Bereich. Aber man behielt ihn im öffenltichen Dienst, ohne vorher übers Arbeitsgericht dazu verpflichtet worden zu sein. Auch das ist nicht gerade Zeichen eines Beamtenethos, an einem wichtigen Tatort gewesen zu sein, dass zu vertuschen zu wollen und dann mit unterschiedlichen Begründungen aufzuwarten, warum man dort gewesen sei.

     

    KURZ: Das stinkt.

  • T
    Tina

    Man möge doch mal Projektwerkstatt Giessen googlen oder sich das Video http://www.youtube.com/watch?v=-N8sRA0ITPk anschauen. Danach weiß man, woran man mit Volker Bouffier ist.

  • E
    emil

    das sind die schlimmsten kandidatInnen: unterhinterfragt folgen und sich dann darauf berufen. eine deutsche königInnendisziplin!

  • S
    spiritofbee

    Bouffier, altgedienter Parteisoldat, ausgebildeter Jurist mit staatlicher Lehrerlaubnis. Wer sonst als solche Männer bestimmen in Deutschland was Recht ist? Die menschlichen Schicksale spielen in dieser Art zu denken, wenn überhaupt, höchstens eine Nebenrolle.

    Einmal mehr wird hier die hessiche CDU Tradition "brutalstmöglicher Aufklärung" und ihrer Methoden und Hintergründe erkennbar.