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NSU-Prozess: Zeugin in DortmundFamilienbesuch ohne Beate?

Veronika von A. will das Nazi-Trio auf ihrem Nachbargrundstück gesehen haben. Doch die Nachbarn bestreiten einen Besuch des NSU.

Anwältin Sturm (l.) sieht ihre Mandantin Zschäpe entlastet. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Das Paar stritt es ab. Auf ihrem Grundstück, sagte das Ehepaar D. am Dienstag vor dem Oberlandesgericht München, wäre das NSU-Trio nie gewesen. Die Verteidigung von Beate Zschäpe, der Hauptbeschuldigten im NSU-Verfahren, hakte denn auch sofort ein: damit seien die Aussagen der Zeugin Veronika von A. widerlegt. Die Zeugin will Zschäpe in Dortmund kurz vor einem der Morde, die dem NSU zugeschrieben werden, gesehen haben. „Diese Aussage entspricht nicht den Tatsachen“, sagte Zschäpes Rechtsanwältin Anja Sturm.

Veronika von A., eine Nachbarin der Familie D., hatte in der vergangenen Woche ausgesagt, das Trio im Garten der D.s gesehen zu haben. Wenige Tage später, am 4. April 2006, wurde der türkischstämmige Mehmet Kubasik in Dortmund erschossen.

Thomas D. sagte nun am gestrigen Verhandlungstag aus, er habe Anfang April 2006 im Garten Baumaßnahmen an einem Gartenteich und einer Garage vorgenommen. Auch sein Schwager und seine beiden Neffen wären auf dem Gartengrundstück gewesen, vielleicht sei auch seine jetzige Frau dabei gewesen, die Zschäpe ähnlich sehe.

D.s Beschreibungen der männlichen Gartenbesucher könnten auch auf Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, den männlichen Teil des NSU-Trios, passen. Die Zeugin von A. könnte also auch lediglich D.s Schwager samt Neffen im Garten ihrer Nachbarn gesehen haben.

„Hang zum Germanentum“

Frau D. antwortete auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Manfred Götzl, dass ihr Mann nie mit der rechtsradikalen Szene sympathisiert habe. Ihr Mann erklärte den Richtern nun allerdings auf Nachfrage des Nebenklägers Yavuz Selim Narin, einen „Hang zum Germanentum“ zu pflegen.

Auch in der Fußballszene sei er gewesen, sagte Thomas D., rassistische Sprüche seien aber nie gefallen. Als Narin ein Beispiel wünschte, gab D. einen vermeintlich unpolitischen Slogan wieder: „Zickzack, Kanakenpack“.

Narin hielt D. außerdem vor, dass einer seiner Neffen öffentlich Freiheit für den Beschuldigten Ralf Wohlleben fordere. Der Kontakt sei nicht mehr so eng, erwiderte Thomas D. lapidar. Und den Namen Wohlleben? Den kenne er gar nicht.

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5 Kommentare

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  • V
    @Viccy

    Ich verstehe Ihren Ärger. Dennoch bin ich sehr froh, dass nicht Sie die Aussagen abschließend zu würdigen haben. Frau Zschäpes Aussehen wurde 5 (fünf!) Jahre nach der angeblichen Sichtung im Garten der Öffentlichkeit bekannt. Glauben Sie tatsächlich, dass eine Identifikation einer aus gewisser Entfernung gesehenen Frau nach einer so langen Zeit zweifelsfrei möglich ist? Es braucht nicht die Annahme einer bewussten Lüge, um hier mehr als skeptisch zu sein.

    Es gibt gute Erfahrungen, die dazu geführt haben, bei Gegenüberstellungen mehrere Personen aufzustellen. Hier freilich aufgrund Zschäpes Bekanntheitsgrads nicht mehr möglich.

    • @@Viccy:

      Da ist kein Ärger bei mir.

       

      Gewisser emotionaler Ekel über eine Aussage vom Schlage "Zick Zack, Kanackenpack". Wie es in diesem Liedchen der Band "Arisches Blut" weitergeht, finde ich noch ekelhafter und abstoßender.

       

      Sie auch???

       

      Im Übrigen sind Wiedererkennungen nach längerer Zeit IMMER ein Problem, das gilt nicht nur bei Zschäpe. Zudem hat die Dame durchaus ein markantes Gesicht, wie ich finde.

       

      Zeugenaussagen sind nun einmal "problematisch". Das ist immer so.

  • ´Als Narin ein Beispiel wünschte, gab D. einen vermeintlich unpolitischen Slogan wieder: „Zickzack, Kanakenpack“. ´

     

    Wow. Das ist ja wirklich unterste Schublade. Und aber auch eine gute Steilvorlage für das Gericht, um den Aussagen der Zeugin - die Zschäpe im Garten gesehen haben will - im Endeffekt mehr Glauben zu schenken als den anderen drei Nasen.

     

    Bin sehr gespannt auf die Beweiswürdigung im Urteil im Jahr 2015 oder so...

    • M
      M.A.
      @Viccy:

      Was für eine Steilvorlage???

       

      Eine Aussage zu einem Ereignis nach über 3 Jahren, gegen zwei Aussagen. Bei Unklarheit würden sicher noch die Neffen hinzugezogen, dann stünde es 1:4.

       

      Ihre Vorverurteilung ist unterste Schublade und zeugt von einem verschrobenen Rechtsverständnis.

      • @M.A.:

        Da liegt ein Missverständnis vor. Aus ein paar Zeitungsartikeln kann ich natürlich keine Beweiswürdigung vornehmen. Ich bin tatsächlich einfach "gespannt" auf diejenige, die das Gericht vornehmen wird. Nichts weiter.

         

        Zum Thema 1:4 - es steht dem Gericht (relativ) frei, einem Zeugen mehr zu glauben, als vier Gegenzeugen. Lesen Sie mal § 261 StPO.

         

        Falls Sie so dunkelbraun sind, wie es mir immer mal wieder untergeschoben wird, für Sie zum Verständnis:

         

        4 Türken schlagen einen Deutschen zusammen. Alle 4 sagen, es wäre nichts gewesen. Dennoch kann das Gericht dem Deutschen glauben und die Täter zu Haftstrafen verurteilen.

         

        Falls Sie gar nicht dunkelbraun sind, passt das Beispiel trotzdem ;-)