NSA-Whistleblower Edward Snowden: Neue Männer

Edward Snowden ist der zweite Whistleblower, der Geheimnisse der US-Regierung verrät. Er scheint genau analysiert zu haben, was bei Bradley Manning schief ging.

Edward Snowden im Interview mit Glenn Greenwald vom Guardian Bild: ap / Guardian

Die Generation der US-Amerikaner, die zum Zeitpunkt des 11. Septembers 2001 noch in die Schule ging, und die sowohl mit dem „Krieg gegen den Terror“ als auch einem immer mächtigeren Überwachungsstaat groß geworden ist, bringt erstaunliche, neue Männer hervor.

Edward Snowden ist schon der zweite. Der 29jährige hat sich als derjenige geoutet, der in der vergangenen Woche die millionenfache Schnüffelei der NSA – am Telefon und im Internet – enthüllt hat. Und der sich damit seinen ehemaligen Arbeitgeber, den mächtigsten Geheimdienst der Welt, die NSA, zum Feind gemacht hat. Der erste war Bradley Manning, der im Jahr 2010 Hunderttausende Geheimdokumenten enthüllt hat und sich damit gegen US-Militär und -Außenministerium stellte.

Technisch sind die beiden jungen Männer unterschiedlich vorgegangen. Es sieht aus, als hätte der zweite genau analysiert, was er von dem ersten lernen könnte: Snowden ist direkt an eine Zeitung herangetreten. Hat erst den britischen Guardian und dann auch die US-amerikanische Washington Post gewählt. Und hat zusätzlich zur Weitergabe des Materials auch selbst ein gefilmtes Interview gegeben. Darin zeigt er sich. Erklärt seine Motive. Und behält so – zumindest in der Anfangsphase – etwas Kontrolle über das Geschehen.

Manning hingegen hat seine Informationen und deren Verbreitung an die Medien komplett der Organisation „Wikileaks“ überlassen. Sein eigener Name und sein Gesicht sind erst bekannt geworden, nachdem das US-Militär ihn bereits in seiner Gewalt und in Isolationshaft hatte. Mehr als drei Jahre lang hatte er keine Gelegenheit, mit Medien und Öffentlichkeit zu kommunizieren, während seine Ankläger sich große Mühe gaben, seine Glaubwürdigkeit zu untergraben.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Aber in der Sache gibt es viele Parallelen zwischen den beiden Männern. Beide haben ihr Berufsleben sehr jung im Staatsdienst und für die „Sicherheit“ der USA begonnen. Beide haben in ihren Institutionen Ernüchterung, Enttäuschung und Entsetzen erlebt. Beide haben entschieden, ihr Wissen darüber nicht für sich zu behalten, sondern der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Und beide begründen ihr Vorgehen mit ihrem Gewissen, mit der Verteidigung der Demokratie und mit ihrer Sorge um die Zukunft ihres Landes.

Als „Whistleblower“ – als Aufklärer über Missstände und Fehlentwicklungen im Apparat – nehmen sie extreme persönliche Risiken in Kauf. Verstoßen gegen die höchsten Regeln und Autoritäten ihres Landes. Aber das Erstaunlichste ist, dass mit ihnen zwei Vertreter jener Generation, die mit immer neuen Szenarien einer Bedrohung von außen groß geworden sind, nun der Generation vor ihnen sagen, dass die größte Gefahr aus dem Inneren der USA kommt.

Es ist zu früh, um zu sagen, ob ihre Enthüllungen den Lauf der Ereignisse ändern werden und ob es möglich ist, den Kontrollzwang in der Innen- und die Militarisierung in der Außenpolitik der USA aufzuhalten. Aber schon jetzt ist klar, dass Snowden und Manning in die Geschichtsbücher einziehen werden: Als größte Whistleblower der US-Geschichte. Und als neue Vertreter der Generation von 9/11.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.