NS-Kriegsverbrecher vor Gericht: Anklage wegen SS-Morden
Staatsanwaltschaft Dortmund will 86-jährigen mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher wegen einer "Vergeltungsaktion" 1944 in den Niederlanden vor Gericht bringen.
DORTMUND dpa/afp Die Dortmunder Staatsanwaltschaft will noch diese Woche Anklage gegen einen mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher erheben. Der 86-jährige Heinrich B., dessen Nationalität nicht einwandfrei geklärt ist, soll zwischen Juli und September 1944 drei Niederländer erschossen haben, berichtete gestern Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß. Er leitet die "Zentralstelle im Lande Nordrhein-Westfalen für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen".
Der mutmaßliche Täter soll Mitglied des Sonderkommandos "Feldmejer" gewesen sein, das mit der Durchführung der Aktion "Silbertanne" beauftragt war. Im Rahmen dieser Vergeltungsmaßnahme wurden niederländische Bürger erschossen. Bereits 1949 war der in den Niederlanden geborene B. vom Sondergerichtshof in Amsterdam in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. Doch er hielt sich zunächst in den Niederlanden verborgen, 1954 kam er nach Deutschland.
Die Niederlande beantragten 1980 seine Auslieferung, die das Oberlandesgericht Köln jedoch ablehnte. Es sei nicht auszuschließen gewesen, dass der Mann mittlerweile Deutscher sei. Ein weiterer Antrag auf lebenslange Haftstrafe in Deutschland wurde nicht vollstreckt, nachdem das OLG 2007 einer Beschwerde des Mannes stattgab. Er sei 1949 vor dem Sondergerichtshof nicht verteidigt worden.
Nun strebt die Dortmunder Staatsanwaltschaft einen Prozess am Landgericht Aachen an. Maaß ermittelt seit August 2007. Es gebe zwar nur noch einen Zeugen, aber diverse Akten. Ob es zum Prozess kommt, muss nach einer Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft das Gericht entscheiden. Dabei wird auch die gesundheitliche Verfassung des mutmaßlichen NS-Verbrechers eine Rolle spielen. Der Mann lebt mittlerweile in einem Altenheim am Rande der Eifel.
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