NPD nicht im dritten Landtag: Nazis scheitern an 5 Prozent
Die NPD selbst hatte den Urnengang in Sachsen-Anhalt als "Schicksalswahl" bezeichnet - die ist nun verloren gegangen. Die Rechten sind enttäuscht.
MAGDEBURG/BERLIN taz | Vielleicht hat ja der gemeinsame Anti-Nazi-Aufruf von CDU, SPD, Grünen, FDP und Linken kurz vor der Wahl doch noch etwas bewirkt. "Wer auf die NPD setzt, schadet sich selbst und unserem Land", hieß es dort.
Laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis haben in Sachsen-Anhalt nun 4,6 Prozent der Wähler auf die rechtsextreme Partei gesetzt. Das reicht nicht, um die NPD nach Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern in den dritten Landtag zu spülen. Die Neonazis müssen draußen bleiben.
Die NPD hatte die Wahl in Sachsen-Anhalt zur "Schicksalswahl" hochgejazzt und nach eigenen Angaben eine Viertelmillion Euro ausgegeben - deutlich mehr als etwa die Grünen. Entsprechend geknickt zeigten sich die sachsen-anhaltinischen NPD-Kader, als sie am Sonntagabend im dritten Stock des Magdeburger Landtags die ersten Zahlen auf den Monitoren verfolgten. Bestätigte sich der Trend, habe man ohne Erfolg sehr viel Geld investiert, sagte Landespressesprecher Michael Grunzel: "Das tut schon weh, auch Nazis sind Menschen."
Beobachter hatten seit Wochen befürchtet, dass die NPD den Sprung in den Landtag von Sachsen-Anhalt schaffen könnte, da sich die rechtsextreme Partei in den vergangenen Jahren in Sachsen-Anhalt schon mancherorts kommunal verankern konnte; knapp 30 NPD-Vertreter sitzen dort in Kreistagen, Stadt- oder Gemeinderäten.
Dazu kommt die hohe Volatilität im Wahlverhalten der Sachsen-Anhalter, wie Forscher eine große Sprunghaftigkeit bei der Stimmabgabe wegen geringer Parteibindungen nennen. So hatte 1998 schon die rechtsextreme DVU mit einer regelrechten Plakatschlacht 12,9 Prozent bekommen.
Die NPD war nun im Wahlkampf 2011 gleich mit mehreren führenden Kadern der "Jungen Nationaldemokraten" (JN) angetreten, die in der NPD eine Scharnierfunktion zu den gewaltbereiten Kameradschaften bilden. Aber auch Spitzenkandidat Matthias Heyder ist an Radikalität kaum zu überbieten. Zwar versuchte er sich im Wahlkampf in Sakko, Hemd und Krawatte als seriös zu inszenieren und wollte mit dem Slogan "Unser Heyder" an den österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider erinnern.
Doch in internen NPD-Mails, die der taz zugespielt wurden, sprach Heyder rassistischen Klartext. "Immer schön arisieren", forderte er in Bezug auf eine Wahlkampfpostkarte - damit niemand auf die Idee komme, die NPD fordere was für "Negerkinder". Nach ARD-Recherchen soll Heyder in einem Forum unter Pseudonym gar Sprengstoffbautipps gegeben und zur Schändung linker Frauen aufgerufen haben, was der NPD-Mann bestreitet. Das LKA ermittelt.
Experten vermuten, dass solche Meldungen die NPD entscheidende Wählerstimmen gekostet haben könnten. "Diese Negativschlagzeilen waren manchen schwankenden Wählern dann vielleicht doch zu zwielichtig", sagte der Magdeburger Rechtsextremismusforscher Roland Roth am Sonntagabend.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin