piwik no script img

NPD muss Schüler entschädigenUnfreiwillige Statisten im Wahlkampf

Die NPD nutzte ungefragt Filmaufnahmen von Jugendlichen für ein Wahlkampfvideo. Das geht so nicht, urteilte ein Gericht. Die Schüler bekommen je 1.000 Euro.

Unbescholtene Schüler angequatscht: NPD-Politiker Pastörs Bild: dapd

SCHWERIN dpa | Sie wurden ungefragt zu Darstellern eines NPD-Wahlkampfvideos – dafür hat ein Schweriner Gericht zwölf Jugendlichen eine Entschädigung zugesprochen. Der stellvertretende NPD-Bundesvorsitzende Frank Schwerdt muss wegen des illegalen Filmens der Schüler insgesamt 12.000 Euro zahlen. Jeder Schüler soll 1.000 Euro bekommen. Diese Entscheidung gab das Amtsgericht Schwerin am Freitag bekannt.

Die Neuntklässler aus dem Kreis Vorpommern-Greifswald waren mit ihrem Sozialkundelehrer vor der Landtagswahl 2011 in der Stadt zum Thema Wahlkampf unterwegs. Der Spitzenkandidat der rechtsextremen NPD, Udo Pastörs, steuerte auf die Gruppe zu und redete etwa eine halbe Stunde auf sie ein.

Ein NPD-Aktivist filmte die Szene, später wurde das 17-Minuten-Video online gestellt. Die Eltern der Jugendlichen wurden nicht um Zustimmung gebeten. Für das Gericht war Schwerdt der presserechtlich Verantwortliche. Gegen das Urteil kann er noch Berufung einlegen.

Die Jugendlichen seien instrumentalisiert worden, sagte der Richter. Allerdings sei auch der Lehrer der Schulklasse nicht schuldlos am Entstehen des NPD-Videos. Er habe nicht verhindert, dass Pastörs seine „Propagandarhetorik des Dritten Reichs“ vor den Schülern ausgebreitet habe. Der Lehrer habe ihn vielmehr nach dem Motto: „Na, fragen wir ihn doch gleich mal“ regelrecht eingeladen. Die Schüler hatten jeweils 2.000 Euro Entschädigung verlangt.

Der Anwalt der Kläger, Johannes Menting, zeigte sich dennoch zufrieden mit dem Urteil. Das Gericht habe festgestellt, dass die NPD sich nicht auf Kosten von Jugendlichen profilieren dürfe.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • D
    DaW

    @ Ewald Gerber:

     

    Es wird Sie schockieren und womöglich nicht in Ihr Weltbild vom linksgrünen Mainstream passen: Ja.

  • G
    Grim

    @Ewald Gerber

     

    Aber natürlich, angenommen besagte Jugendliche haben damit ein ebenso großes Problem für deren Wahlkampf missbraucht zu werden wie bei der NPD. Ist bloß (zum Glück) wesentlich weniger wahrscheinlich. Nazi sein muss echt schwer sein, die meisten Leute sind einfach nicht ihrer Meinung. Buhuhu, mir kommen die Tränen. -_-

  • S
    sputnik

    "Wenn Grüne oder Linke ungefragt Filmaufnahmen machen.

    Müssen die auch Entschädigung zahlen?"

    Wusste noch nicht, dass Grüne und Linke das "System" abschaffen, alle "Ausländer" de- bzw. exportieren und menschenrechtswidrige Ziele erreichen wollen. Und nebenbei heimtückisch Unbeteiligte zum Bestandteil ihrer Propaganda dafür machen. Aber danke für die Darlegung Ihrer Geisteswelt.

  • F
    Falko

    @ewald gerber:

     

    Da diese offenbar (so soll es ihr Kommentar schließlich nahelegen) bisher nicht zu entsprechenden Strafen verurteilt wurden, haben sie ein derartiges Verbrechen gegen die bürgerlichen Freiheitsrechte offenbar auch nicht begangen. Solange keine rechtskräftige Verurteilung besteht gilt die Unschuldsvermutung auch für Institutionen.

     

    Sollte natürlich ein entsprechendes Urteil existieren, so wäre der Tenor (nur die ach-so-bemitleidenswerte NPD habe mit den "Tücken" des Rechtsstaates zu kämpfen) ihrer Frage in das Gegenteil verkehrt.

     

    Wie mans also dreht und wendet: Ihr Kommentar entbehrt jeglicher geistiger Leistung und verschwendet die Lebenszeit aller Personen, die ihn lesen, als auch knappe Ressourcen indem sowohl für ihn als auch die erfolgten Reaktionen Serverkapazität und Strom verschwendet wird.

    An dieser Stelle lässt sich der bürgerliche Rechtsstaat tatsächlich kritisieren, denn wieso gilt die Äußerungsfreiheit auch für derartigen Müll?

     

    Mit freundlichen Grüßen

    Falko

  • N
    Naka

    @ewald gerber

     

    Ja, jeder kann bei Missbrauch der Rechte am eigenen Bild verklagt werden und muss gegebenenfalls Entschädigung zahlen, falls die Personen als Einzelpersonen erscheinen und nicht anonymisiert wurden. Bei Minderjährigen sind die Eltern mit entscheidungsberechtigt.

     

    Also mal den Ball flach halten, das Urteil hat nix mit der Gesinnung der Partei zu tun, sondern mit deren Missbrauch der Persönlichkeitsrechte.

  • J
    jemand

    Vielleicht, wenn die Eltern auch klagen.

    Nur würden die das wahrscheinlich nicht tun, da es keine solche Schande darstellen würde mit diesen Parteien in Verbindung gebracht zu werden.

  • I
    iBot

    Nein, für Grüne und Linke gelten keine Persönlichkeitsrechte.

     

    Was soll die Frage? oO

  • JC
    Jürgen Cziczkus

    Das Urheberrecht ("Bildnis") gilt auch für "andere" Parteien.......

    Selbst die Grünen haben sich vor 10 Jahren mit einem neuen Konzept zum Urheberrecht die Finger verbrannt.

    In diesem Zusammenhang ist auch das neue (?)-schon beschlossen?- Leistungsschutzrecht interessant.

    Eine Reform des Urheberrechts ist wie Sie sicher wissen, ein originäres Thema der Piraten.

    mfg

  • L
    Leser

    Was heißt: "Allerdings sei auch der Lehrer der Schulklasse nicht schuldlos am Entstehen des NPD-Videos. Er habe nicht verhindert, dass Pastörs seine „Propagandarhetorik des Dritten Reichs“ vor den Schülern ausgebreitet habe. Der Lehrer habe ihn vielmehr nach dem Motto: „Na, fragen wir ihn doch gleich mal“ regelrecht eingeladen."

     

    Es ist wohl die Aufgabe eines Lehrers - ein paar Zeilen weiter oben sogar als Sozialkundelehrer bezeichnet - seine Schülern zu zeigen, dass man auch Thesen aus dem rechten Eck hinterfragen kann und soll. Und das bedeutet noch lange nicht, dass er zugestimmt hat, dass seine Schüler aufgenommen werden.

  • U
    Uli

    Und das Geld wird hoffentlich an antifaschistische Aktionen oder der Opferhilfe Rechter Gewalt gespendet oder?

  • G
    Georg

    Politische Justiz, mal in einer neuen Facette

  • R
    Ratteasd

    Wenn sie dafür von den Gefilmten verklagt werden, ja.

     

    Was für eine schwachsinnige Frage.

  • EG
    ewald gerber

    Wenn Grüne oder Linke ungefragt Filmaufnahmen machen.

    Müssen die auch Entschädigung zahlen?