piwik no script img

NPD-VerbotsverfahrenHans-Peter allein zu Haus

Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl meint, das NPD-Verbot habe sich erledigt. Innenminister von CDU und SPD teilen diese Ansicht nicht und wollen das Verfahren vorantreiben.

Immer wieder ist die NPD mit der Verbotsforderung konfrontiert. Bild: dpa

BERLIN dpa | Die Innenminister von Bund und Ländern lassen sich bei der Vorbereitung eines neuen NPD-Verbotsverfahrens nicht von der Verfassungsschutz-Affäre beirren.

Nach dem Vorsitzenden der Ministerkonferenz, Lorenz Caffier (CDU) aus Mecklenburg-Vorpommern, warnten am Dienstag auch mehrere SPD-Innenminister davor, die Sammlung von Beweisen wegen der Aktenvernichtung beim Verfassungsschutz in Frage zu stellen. Sie wollen an dem Zeitplan festhalten, im Dezember über einen zweiten Anlauf zu einem Verbot zu befinden.

Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl hatte zuvor gesagt, ein neuer Verbotsantrag gegen die rechtsextreme Partei habe sich so gut wie erledigt. Er argumentierte mit dem Glaubwürdigkeitsverlust des Verfassungsschutzes wegen der Vernichtung von Akten zur rechten Szene noch nach dem Auffliegen der Zwickauer Terrorzelle.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz sagte der Nachrichtenagentur dpa, einen Zusammenhang zwischen der Schredder-Aktion und den Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens herzustellen, sei „ziemlich an den Haaren herbeigezogen.“ Maßgebend für eine Entscheidung über ein neues Verfahren seien die gesammelten Erkenntnisse.

Keine Ausreden suchen

„Die Innenministerkonferenz und die Ministerpräsidentenkonferenz werden sich Anfang Dezember mit den Erfolgsaussichten eines NPD-Verbotsverfahrens befassen“, sagte der SPD-Politiker. „Ich sehe keinen Anlass, von dem verabredeten Vorgehen abzuweichen.“

Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner (SPD) sagte dem Hamburger Abendblatt, wer als verantwortlicher Politiker so agiere wie Uhl, erwecke den Eindruck, dass er es mit einem Verbotsverfahren womöglich nicht ernst meine. Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) warnte davor, Ausreden zu suchen, warum ein Verbotsantrag schwierig sei.

Ähnlich hatten sich bereits am Montag Caffier und ein Sprecher des Bundesinnenministeriums geäußert. Die Innenminister hatten sich im März verständigt, bis Herbst Beweise gegen die NPD zu sammeln. Zugleich wurden V-Leute in der NPD-Führung abgeschaltet, derentwegen der erste Verbotsanlauf 2003 gescheitert war.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vor dem Scheitern eines neuen NPD-Verbotsverfahrens gewarnt. „Ob das Schreddern von Akten auf ein Verbotsverfahren Einfluss hätte, muss gründlich geprüft werden“, erklärte sie am Dienstag in Berlin. „Ein zweites Scheitern des NPD-Verbots wäre ein Desaster.“ Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte, wenn die Verfassungsschutz-Affäre das Vorhaben gefährde, dann sei dies eine schallende Ohrfeige für die Koalition und besonders die Union. „Sollte ein Verbotsverfahren wegen der Aktenvernichtung scheitern, würde der Innenminister dafür eine schwere Verantwortung tragen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • S
    strooker

    So langsam verstehe ich den Zirkus um ein NPD-Verbotsverfahren nicht mehr ... selbst wenn es gelingt die NPD zu verbieten, hat sich die Gesinnung dieser Leute nicht verändert. Sie bleiben sicher organisiert und gründen vielleicht sogar einfach eine neue Partei.

     

    Es ist also viel wichtiger, dass diese Partei nicht gewählt wird - was dann eben immer wieder ein Risiko ist. Aber das ist ehrlicher als den Menschen mit einem Verbotsverfahren Hoffnungen zu machen, die sich meiner Meinung nach gar nicht erfüllen können. In einer Demokratie werden sich Menschen immer in einer Partei oder anderweitig organisieren können, selbst wenn sie rechtes Gedankengut vertreten. Diesen Konflikt muss man in der Gesellschaft und Politik austragen, aber er ist nicht durch ein Verbot "gewonnen".

     

    Es geht also gar nicht um Toleranz, wenn man die NPD zulässt (und nicht wählt), sondern es ist nunmal Teil der Demokratie, dass sich jede Meinung in einer Partei kummulieren kann - vielleicht eine Schwäche der Demokratie, aber zugleich auch ihre Stärke. Insofern habe ich keine Angst davor, wenn die NPD sich zur Wahl stellt. Kriminelle - weil gewalttätige Umtriebe - Umtriebe von Rechten (und natürlich auch anderer Extremisten) müssen sowieso von den Sicherheitsbehörden unterbunden werden.

     

    Dort zeigen sich natürlich die Schwächen von Verfassungschutz, Polizei und Politik. Die muss man dann aber angehen - auch ohne NPD-Verbot.