piwik no script img

NGG-Gewerkschafter über Rendite„Nestlé ist gierig und maßlos“

Der designierte Chef der Gewerkschaft NGG, Guido Zeitler, kritisiert Nestlés neues Rendite-Ziel von 18,5 Prozent. Der Konzern will zudem 1.000 Jobs streichen.

Nestlé-Logo Foto: reuters
Jost Maurin
Interview von Jost Maurin

taz: Herr Zeitler, welches Problem hat Ihre Gewerkschaft mit Nestlé, dem größten Lebensmittelhersteller der Welt?

Guido Zeitler: Wir haben gerade eine größere Auseinandersetzung mit dem Konzern, weil er seine Renditeerwartung von 16 auf 18,5 Prozent hochgeschraubt hat. Nestlé hat deshalb angekündigt, in Deutschland 1.000 Arbeitsplätze vor allem der Kernmarken Maggi und Caro-Kaffee zu streichen. Das Caro-Werk in Ludwigsburg soll Ende des Jahres geschlossen werden. Die Mainzer Kaffeerösterei hat Nestlé bereits geschlossen. Da sind 370 Arbeitsplätze verloren gegangen. Auch Bayern ist betroffen. Derzeit hat Nestlé in Deutschland 10.000 Beschäftigte an 15 Standorten.

Ist Nestlé ein Einzelfall?

Nein, es gibt schon seit Längerem einen Trend zu höheren Renditezielen in der Branche und insbesondere bei den Konzernen. Unilever will sogar 20 Prozent, um für die Aktionäre attraktiv zu sein. Das geht immer nur mit Verkauf von Marken und Werkschließungen und Teilstilllegungen. Wir reden da über Konzerne, die hochprofitabel sind. Nestlé hat im vergangenen Jahr 6 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Die drehen immer weiter an der Renditeschraube, weil die Finanz­investoren immer stärker das Sagen haben. Bei Nestlé ist der US-Investor Daniel Loeb mit mehreren Milliarden eingestiegen, seitdem weht da ein anderer Wind. Das sind Finanzinvestoren, die wirklich sehr rigide über schnellen Profit versuchen, ihre Beteiligung hochzujubeln, um sie dann später wieder mit Gewinn verkaufen zu können. Diese Investoren haben keine langfristigen Ziele. Die wollen schnell Kasse machen.

Sind die bedrohten Werke ineffizient?

Die haben alle schwarze Zahlen.

Dann würde es ja auch aus finanzieller Sicht keinen Sinn haben, sie zu schließen.

Bild: NGG
Im Interview: Guido Zeitler

Guido Zeitler, 47, wird am Dienstag wahrscheinlich zum Vorsitzenden der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten gewählt.

Genau. Das ist keine Umsetzung einer langfristigen Strategie, sondern da soll kurzfristig die Rendite nach oben gefahren werden, damit der Aktienkurs steigt. Deshalb werden Maß­nahmen getroffen, die betriebswirtschaftlich keinen Sinn ergeben. Das erleben wir immer wieder.

Was fordern Sie vom Vorstand?

Wir fordern, dass das Unternehmen zu einer maßvollen Renditeerwartung zurückkehrt und die Sparmaßnahmen zurück-nimmt. Jeder normale Sparer bekommt derzeit 0 Prozent Rendite. Der Aktionär sagt: Ich will 18 haben. Das ist gierig und maßlos. Wir reden über Lebensmittel und natürlich muss Lebensmittelerzeugung nachhaltig sein. Das muss in Einklang gebracht werden mit einer nachhaltigen Investitionsstrategie in den Unternehmen, nicht mit kurzfristigen Kostenmaßnahmen. Mit Lebensmitteln spekuliert man nicht. Das ist unmoralisch.

Verlangen Sie zu viel vom Vorstand: sich dem Druck der Aktionäre zu widersetzen und so seine Entlassung zu riskieren?

Bei uns sind die Beschäftigten wichtig. Die haben andere ­Interessen als die Aktionäre. Da prallen zwei Welten aufeinander. Deswegen müssen wir diese Auseinandersetzungen stärker in die Öffentlichkeit bringen. Die Betriebsräte von Nestlé und Unilever haben sich verständigt, das zukünftig gemeinsam zu machen. Ich erwarte vom Vorstand, dass er Unternehmensziele mitdefiniert und im Rahmen dieser Ziele agiert. Dazu gehören auch Werte wie Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung. Diese großen ­Konzerne verkaufen ihre Produkte in erster Linie über ihr Image. Da bietet Nestlé schon genug Angriffsflächen durch das Aufkaufen von Wasser­ressourcen auf der Welt beispielsweise. Das Unternehmen muss endlich mal begreifen, dass ein gutes Image ein Teil eines Unternehmenserfolges sein kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Abgesehen von dem Fachausrutscher mit der Investorenrendite „nichts Neues im Westen“. Betriebswirtschaftliche Maximalrendite gegen volkswirtschaftliche Ressourcenplanung, Befriedigung der Investorenbedürfnisse -die über die Kapitalbeteiligungen auch in den Unternehmensgremien sitzen- gegen Mitarbeitende und Standorte. Am Ende entscheidet das der Konsument - über sein Kaufverhalten. Wer Nestlé und sein Marktverhalten nicht mag, sollte keine Nestléprodukte kaufen. Ganz einfach. Das gilt dann auch für Müller-Milch, Procter & Gamble, Balsen oder Würth, usw.

  • 7G
    73176 (Profil gelöscht)

    18,5% Rendite ... und der Sparer bekommt nur 0%. Skandal! ("Jeder normale Sparer bekommt derzeit 0 Prozent Rendite. Der Aktionär sagt: Ich will 18 haben.").

    Aber auf was bezieht sich eigtl. die Rendite bzw. von welcher ist hier die Rede? Nach kurzer Internetrecherche ist klar: es geht hier nicht um die Dividendenrendite. Noch nicht einmal über den prozentualen Gewinn bezogen auf die Marktkapitalisierung (bzw. Gewinn pro Aktie in Prozent), sondern um die sog. EBIT-Marge.



    EBIT = Earnings before interest and tax (also Ergebnis - VOR Zinsen und Steuern)

    EBIT-Marge bezieht sich dabei nicht auf die i.d.R. wesentlich größere Marktkapitalisierung, sondern auf den Umsatz. Es wird also das Ergebnis vor Zinsen und Steuern ins Verhältnis zum Umsatz gesetzt.



    Es handelt sich also nicht um eine Kapitalrendite, Dividendenrendite o.ä..

    Über den genannten Finanzinvestor lässt sich sicherlich streiten - insbesondere wenn diese kurzfristige Ziele über die langfristigen setzen. Aber bitte in Zukunft ohne Populismus!

  • Da geht aber Einiges durcheinander hier! Mit Verlaub, das so abzudrucken....no go!

    EK-Rendite hat nix mit Dividende an die Aktionäre zu tun.



    (Zitat: Sparer 0 %, Nestle will 18%)



    Das Nestle Rendite Ziel bezieht sich auf die Summe der Stammeinlagen, also das Eigenkapital. Die Ausschüttung an die Aktionäre (also deren persönliche Rendite) beträgt derzeit knapp 3 %; keinsfalls 18!



    Nestle setzt 90 Mrd um pro Jahr, und verdient dabei 6 Mrd, das ist der Gewinn gesamt, bezogen auf den Umsatz also ca. 5,5 %, das nennt man dann Umsatzrendite!

    Es ist betrüblich das alles hier so zu lesen von einem Gewerkschafter (und einem Redakteur für WIrtschaft(!) und Umwelt) die das beide besser wissen müssen.