piwik no script img

NFL zu Gast in DeutschlandMünchner Football-Fasching

Die teuerste Liga der Welt ist wieder zu Gast in Deutschland. Eine ganze Stadt unterwirft sich für ein Wochenende der amerikanischen Sportkultur.

Schon vor zwei Jahren fand ein reguläres Spiel der National Football League in München statt Foto: reuters

E s ist Faschingszeit in München. Von überall reisen vor allem Männer an und schmeißen sich in ihre Kostüme. Sie ziehen Kappen auf mit einem Panther vorne drauf oder einem großen „G“. Vor zwei Jahren ist schon einmal ein solcher Fasching in der Stadt gefeiert worden. Da hat zum ersten Mal ein reguläres Spiel der National Football League in München stattgefunden und es war zu beobachten, wie viel Spaß ein wohlhabender Europäer haben kann, wenn er sich so verkleidet, wie er sich einen einfachen Football-Fan in den USA vorstellt.

Ein bisschen Geld muss man schon ausgeben, wenn man am Sonntag dabei sein möchte beim Gastspiel der größten Liga der Welt. Zwischen 83,50 und 207 Euro kosteten die Tickets. Das billigste Hospitality-Ticket war für gut 800 Euro zu haben. Die Arena des FC Bayern im Münchner Norden wird rappelvoll sein. Kein Wunder, die NFL kommt ja nicht alle Tage nach Europa.

Da ist es dann auch schon egal, wer eigentlich spielt. Vor zwei Jahren, das war schon etwas Besonderes, als die Tampa Bay Buccaneers mit Tom Brady, dem besten Quarterback aller Zeiten, gekommen sind. Diesmal spielen die New York ­Giants gegen die Carolina Panthers. Nicht gerade vom Feinsten. Beide Teams haben erst zwei Mal gewonnen in dieser Saison und werden ganz gewiss nicht um den Titel mitspielen. Egal, das Event wird dennoch als „Sportereignis des Jahres“ vermarktet. War das nicht eher die Fußball-EM der Männer?

Wer in diesen Tagen durch die Münchner Innenstadt geht, wird sich jedenfalls nicht vorstellen können, dass hier in diesem Jahr schon ein Ereignis von vergleichbarer Bedeutung stattgefunden haben könnte. An allen verfügbaren Fahnenmasten der Stadt wehen Stoffbahnen mit den Logos der NFL. Eine Trambahn im Footballgewand surrt durch die Stadt und schier unzählige Plakatwände sind von der NFL gebucht worden, um auch all denen, die sich schwertun mit der US-amerikansichen Sportkultur, einzuhämmern, dass da etwas ganz Tolles stattfindet.

Legenden und Maskottchen

Natürlich gibt es auch ein Fanfest. Auf dem noblen Wittelsbacherplatz sollen die Anhänger der Panthers zwei Tage lang feiern. „Freut euch auf NFL-Legenden, die Panthers-Cheerleader und das Team-Maskottchen. Live-Podcasts, coole DJ-Sets und spannende Gewinnspiele!“, heißt es auf der Event-Homepage. Klar, machen wir. So wie wir uns freuen, dass die Traditionsgaststätten in der City ihre Butzenscheiben hinter NFL-Aufklebern verschwinden lassen, um ein passendes Ambiente für die Fans des Kampfspiels mit dem Ball zu schaffen, dessen Form „einem verlängerten Rotationsellipsoid mit spitzen Enden“ ähnelt, wie es in der Wikipedia heißt.

Und so wird das Augustiner in der Neuhauser Straße zum „Team Pub“ der Panthers, deren Fans nur zu wünschen ist, dass dort dann kein US-amerikanisches Industriebier ausgeschenkt wird. Die Giants sind am Spielwochenende im Hofbräuhaus zu finden, und auch Anhänger der Colts, der Chiefs, der Falcons, der Seahawks und der Patriots haben ihre eigenen Pubs. Sogar ein von René Benko in den Ruin getriebenes Kaufhaus macht wieder auf. In dem sonst leerstehenden Haus am Stachus wird ein riesiger Fan-Shop eingerichtet. Es ist der pure Irrsinn.

In der deutschen Fußball-Bundesliga, so heißt es, sehen die Manager in der Auslandsvermarktung noch viel Luft nach oben. Recht haben sie. Ob sich dereinst wohl einmal eine ganze Stadt in den USA maskieren wird, wenn Augsburg und Mainz in Dallas zu einem regulären Ligaspiel antreten? Man kann es sich nicht so recht vorstellen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.