NDR-Betrugsprozess gegen Doris Heinze: Familie Heinze-Strobel schwieg sich an
Im Prozess gegen die Ex-NDR-Fernsehspielchefin Doris Heinze gibt sich ihr Mann arglos. Auch er hatte unter Pseudonym Drehbücher verfasst, die Heinze produzieren ließ.
Man kann sich das schon sehr gut vorstellen: Wenn Doris Heinze von ihrem anstrengenden Job als NDR-Fernsehspielchefin nach Hause kam und ihr Gatte Klaus Strobel aus seinem nicht minder nervenaufreibendem Feilen an schwierigen Drehbuchfiguren auftauchte, unterhielten sich die beiden logischerweise über das Wetter. Oder über Flugverspätungen zwischen Irland und Kanada. Aber natürlich nie über die Arbeit.
So jedenfalls präsentierte sich Strobel am Freitag bei der Fortsetzung des NDR-Betrugsprozesses: Was seine Frau da beim Sender so genau machte, welches ihre Aufgaben und Zuständigkeiten waren, will der 63-Jährige nicht im Detail gewusst haben. Von daher kam ihm auch seine Arbeit unter einem bis zur fiktiven Biografie durchgehaltenen Pseudonym nie „unredlich“ vor, so Strobel.
Dem Ehepaar wird zur Last gelegt, unter Pseudonymen für den Sender diverse Drehbuchstoffe verfasst zu haben, die von Heinzes Redaktion dann produziert wurden. Strobel schrieb unter seinem schon zuvor benutzten, aber beim Sender unbekannten Pseudonym Niklas Becker, Heinze nannte sich Marie Funder-Donoghue.
Zusammen mit der ebenfalls angeklagten Produzentin Heike Richter-Karst müssen sie sich seit Anfang Juli wegen insgesamt 14 zwischen November 2003 und Juli 2007 begangener Straftaten verantworten. Heinze selbst ist wegen Bestechlichkeit, schwerer Untreue und Betrugs angeklagt. Heinze hätte die Zusammenarbeit mit ihrem Mann anzeigen und eigene Tätigkeiten als Drehbuchautorin vom NDR genehmigen lassen müssen.
Zudem hätte sie als Angestellte des Senders nur das halbe Honorar erhalten dürfen. Die 61-Jährige, für die der Prozess mit einer mehrjährigen Haftstrafe enden könnte, hat mittlerweile ein Geständnis abgelegt.
Strobel fand es fair
Strobel erklärte gestern, unter Pseudonym weiter Drehbücher für den NDR zu schreiben, habe er nie als unfair empfunden. Es sei ein Weg gewesen, seinen Beruf weiter auszuüben – er habe schließlich über Jahre unter seinem richtigen Namen Filme für den Sender entwickelt. Eine Autorenschaft unter Klarnamen sei wegen der gehobenen Stellung seiner Frau beim NDR aber nicht mehr möglich gewesen.
Er sei dort „wie vor eine Wand gelaufen“, so Strobel: „Ich hätte damit auch aufhören können oder etwas anderes machen. Aber ich wollte ja weiter Projekte als Drehbuchautor umsetzten.“ Wobei das Umsetzen eher seine Frau besorgte – was der mächtigen Fernsehspielchefin einigermaßen leicht fiel: „Wenn ich etwas machen wollte, konnte ich das auch fast immer durchsetzen“, hatte Heinze bereits am zweiten Prozesstag zu Protokoll gegeben.
Die böse Idee zum Pseudonym, die das Doppelleben ermöglichte, habe außerdem nicht etwa seine Frau, sondern Heike Richter-Karst gehabt, erklärte Strobel vor Gericht: „Meiner Erinnerung nach kam der Anstoß von ihr“, er habe aber auch mit anderen darüber geredet.
Richter-Karsts Verteidiger bestreiten das vehement – vielmehr habe ihre Mandantin schon bald Skrupel gehabt. Die Produzentin wollte sich gestern nach Redaktionsschluss dieser Seite erstmals detailliert vor der 8. Großen Strafkammer des Hamburger Landgerichts äußern. Das Rumgeschiebe der diversen Schwarzen Peter geht also munter weiter. (mit dpa und dapd)
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