NACH SEINER VERURTEILUNG WIRD BAUERNFÜHRER BOVÉ ZUM VOLKSHELDEN: Schweinefraß, eine weltweite Plage
José Bové ist längst eine Ikone des bäuerlichen Widerstands. Die Menschen lieben ihn aufgrund seiner militanten Protestaktionen gegen McDonald’s und die erbgutmanipulierten Reispflanzen der Gentech-Ingenieure. Der von Bové geschaffene Begriff „malbouffe“ (Schweinefraß) ist zum geflügelten Wort für industriellen Einheitsmampf geworden. Hier ist endlich einer, der sich gemeinsam mit anderen Larzac-Bauern zur Wehr setzt. Bové, sein Freund Léon Maillé und ihre Mitstreiter sind keine hinterwäldlerischen Schafzüchter. Es sind politische Köpfe, die im geschichtsträchtigen Terrain des Larzac auf die Barrikaden gehen. Sie können sich gut artikulieren, und vor allem haben Sie auf ihrer Seite, was man im juristischen Jargon das Empfinden aller „recht und billig“ denkenden Menschen nennt. Das harte Urteil des Pariser Kassationsgerichtes wird deshalb von vielen Franzosen als Skandal empfunden. Und das ist es auch.
Wenn die Welthandelsorganisation hohe Strafzölle auf Roquefort verhängt und damit die Schafzüchter des Larzac in eine Existenzkrise stürzt, ist es „recht und billig“, sich zu wehren. Ebenso, wenn die grüne Gentechnik gegen eine in ganz Europa seit Jahren stabile Mehrheit von 70 Prozent Gentechgegnern durchgepaukt werden soll.
Bovés Widerstandsaktionen waren eher symbolischer Art. Dennoch wurde fälschlicherweise wiederholt von „Millionenschaden“ gesprochen und der Eindruck erweckt, als habe ein randalierender Mob mit der Planierraupe alles platt gemacht. Die Berichterstattung hat alte Ängste vor wild gewordenen, plündernden „Bauernhaufen“ aktualisiert – die Sense im Kopf. Die Gefängnisstrafe wird Bové und seine kämpferische Bauernopposition noch populärer machen. Längst sind sie mehr als eine regionale Kraft.
In Seattle ist Bové von den Globalisierungsgegnern wie ein Star gefeiert worden. Jetzt wird er endgültig zum Volkshelden. Nicht nur in Frankreich: Denn malbouffe und die Segnungen der industriellen Landwirtschaft sind eine weltweite Plage. „Die Welt ist keine Ware“, heißt das Buch von Bové. Höchste Zeit, es zu lesen. MANFRED KRIENER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen