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Mutmaßlicher Putschversuch in SudanAngriff auf zivile Regierung

Bewaffnete haben Premier Hamdok unter Hausarrest gestellt. Minister sind festgenommen und an einen unbekannten Ort verbracht worden.

Khartum, Montagfrüh: Erste Proteste gegen den mutmaßlichen Militärputsch Foto: rasd Sudan Network via reuters

Khartum/Kairo/Berlin ap/rtr/afp/taz | In Sudan ist offenbar ein Putschversuch im Gange. Mehrere Angehörige der Übergangsregierung wurden Montagfrüh von Bewaffneten festgenommen: Industrieminister Ibrahim al-Sheikh, Informationsminister Hamza Baloul, Mohammed al-Fiky Suliman vom regierenden zivil-militärischen Souveränitätsrat und Faisal Mohammed Saleh, Medienberater von Ministerpräsident Abdalla Hamdok. Auch Ayman Khalid, der Gouverneur der Hauptstadtregion Khartum, sei verhaftet worden, hieß es auf seiner offiziellen Facebook-Seite.

Die Festgenommenen seien von „militärischen Kräften“ festgesetzt und an einen unbekannten Ort verbracht worden, erklärte das Informationsministerium. Wo sich Regierungschef Hamdok aufhielt, blieb zunächst unklar.

Örtliche Medien berichteten, dass Hamdoks Haus von Sicherheitskräften umstellt worden sei. Hamdok soll von zu Hause aus die Bevölkerung dazu aufgerufen haben, „die Revolution“ friedlich zu verteidigen. Auch der Gewerkschaftsverband SPA, der 2018-19 die Massenproteste gegen den im April 2019 vom Militär abgesetzten Langzeitmachthaber Omar al-Bashir angeführt hatte, rief die Menschen im Land auf, auf die Straße zu gehen, um eine Machtübernahme des Militärs zu verhindern.

Seit Bashirs Sturz regieren Militärs an der Spitze eines Souveränitsrats zusammen mit einer zivilen Technokratenregierung, die bis 2023 freie Wahlen vorbereiten soll. In den vergangenen Monaten hatten die Spannungen zwischen militärischen und zivilen Politikern beständig zugenommen. Seit gut einer Woche demonstrieren in Khartum Befürworter einer vollständigen Machtübernahme durch das Militär gegen die Übergangsregierung. Im Gegenzug waren am vergangenen Donnerstag mehrere Hunderttausend Menschen gegen einen möglichen Putsch auf die Straße gegangen.

Am Samstag hatten Dutzende Demonstranten, die das Militär unterstützen, den Empfangsbereich des Hauptsitzes der staatlichen Nachrichtenagentur gestürmt und damit eine Pressekonferenz der prodemokratischen Aktivisten gesprengt. Am Sonntag hatten Anhänger des Militärs erneut in Khartum Hauptstraßen und Brücken blockiert.

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