Mutmaßlicher Mord an Oury Jalloh: Weiterhin keine Anklage
Der Fall des toten Asylbewerbers Oury Jalloh bleibt bei den Akten. Das Oberlandesgericht Naumburg hat eine Klageerzwingung abgelehnt.
BERLIN taz | Das Oberlandesgericht Naumburg hat im Fall des vor 14 Jahren in einer Polizeizelle verbrannten Asylbewerbers Oury Jalloh eine sogenannte Klageerzwingung abgelehnt. Der Antrag eines Verwandten von Jalloh richtete sich gegen die Entscheidung des Generalstaatsanwaltes in Naumburg. Dieser hatte akzeptiert, dass die Staatsanwaltschaft in Halle im Oktober 2017 den Fall zu den Akten gelegt hatte.
Das juristische Hickhack begann, nachdem der Dessauer Staatsanwalt Folker Bittmann 2017 in einem Aktenvermerk geschrieben hatte, er gehe „von einem begründeten Mordverdacht aus“. Bittmann hatte es nach Konsultationen mit Gutachtern für wahrscheinlich gehalten, dass der Sierra Leoner Jalloh mit Brandbeschleuniger angezündet wurde. Bittmann benannte sogar konkrete Verdächtige aus den Reihen der Dessauer Polizeibeamten. Kurz darauf wurde Bittmann der Fall entzogen und die Staatsanwaltschaft Halle übernahm.
Dass es trotzdem nun keinen Prozess gegen die verdächtigen Polizisten geben soll, begründete das OLG Naumburg mit zweierlei: Zum einen sei der Antrag auf Klageerzwingung formal nicht korrekt formuliert gewesen. Zum anderen habe die Generalstaatsanwaltschaft „zu Recht verneint“, dass es einen hinreichenden Tatverdacht gegen einen konkreten Beschuldigten gebe.
„Wenn ein Mord passiert ist, ist ein Mord passiert“, sagt Nadine Saeed von der Initiative Gedenken an Oury Jalloh der taz. Dann aus formalen Gründen ein Verfahren abzulehnen sei „absurd“.
Dass das OLG sich der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft anschließe, sei eine „bodenlose Frechheit“. Denn diese habe die Fakten aus den jahrelangen Ermittlungen ignoriert und stattdessen „ein Fantasiegebilde, ein Märchen“ zum Tathergang erschaffen, um einen Mordprozess gegen die Polizisten zu vermeiden.
Leser*innenkommentare
Hans Schwarz
Mit dem Recht und der Moral in Sachsen -Anhalt, liegt vieles im Argen. Die Justiz ist nach meinen Erfahrungen nicht wirklich an Recht und Moral interessiert. Ich habe Erfahrungen gemacht die ich nicht für möglich gehalten hätte und mir sind Richter sowie Staatsanwälte bekannt, die aus dem Dienst entfernt werden müssten. Beim Fall Oury Jalloh, finde ich es ganz offensichtlich, dass Seilschaften von Politik und Justiz eine Aufklärung sowie Konsequenzen verhindern. Im Umfeld der betreffenden Wache gab es wohl schon andere Ungereimtheiten.
Was geschieht? Nichts!
ImNamen des Volkes
Zven
Ich verstehe den Artikel nicht wirklich. Soll man einfach mal einen Prozess beginnen? Ohne Tatverdacht? Gegen wen soll dann der Prozess geführt werden. Reicht der Verdacht eines Staatsanwaltes aus?
blinde kuh
@Zven Gegenfrage an den offensichtlich Uniformierten:
Soll man eine Ankettung und Verbrennung eines Menschen in einem deutschen Polizeirevier einfach mal so unaufgeklärt lassen?
Soll man die ganzen Beweismittelvernichtungen und -manipulationen einfach so hinnehmen?
Und als Antwort auf Ihre letzte Frage: jeder Verdacht - egal von wem - reicht bei jedem Strafdelikt - erst recht bei Verdacht auf ein Kapitalverbrechen wie Mord - per Gesetz schon aus, um entsprechende Ermittlungen zu führen! Solchen Verdachtsmomenten nicht nachzugehen ist von Amts wegen eine Straftat.
Zven
@blinde kuh Es gab und gibt doch Ermittlungen, die führten aber zu keinem Prozess.
Hans Schwarz
@Zven Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus und Rechtsstaatlichkeit sowie Gewaltenteilung sind nach meinen Beobachtungen und Erfahrungen eher ein Märchen.
pitpit pat
@Zven Der Artikel erklärt nicht alles, da der Verlauf der Untersuchungen komplex ist.
Es gibt einen Tatverdacht, der sich vor allem aus einem Brandgutachten herleitet.
de.wikipedia.org/wiki/Oury_Jalloh
99140 (Profil gelöscht)
Gast
Netzwerk der Rechten in der Justiz funktioniert.
Siehe auch die weiterhin, seit mehr als 3 Jahren, nicht vollstreckten 600 Haftbefehke gg Rechte Gewalttäter!