Mutmaßlicher Mord an Oury Jalloh: Weiterhin keine Anklage
Der Fall des toten Asylbewerbers Oury Jalloh bleibt bei den Akten. Das Oberlandesgericht Naumburg hat eine Klageerzwingung abgelehnt.
Das juristische Hickhack begann, nachdem der Dessauer Staatsanwalt Folker Bittmann 2017 in einem Aktenvermerk geschrieben hatte, er gehe „von einem begründeten Mordverdacht aus“. Bittmann hatte es nach Konsultationen mit Gutachtern für wahrscheinlich gehalten, dass der Sierra Leoner Jalloh mit Brandbeschleuniger angezündet wurde. Bittmann benannte sogar konkrete Verdächtige aus den Reihen der Dessauer Polizeibeamten. Kurz darauf wurde Bittmann der Fall entzogen und die Staatsanwaltschaft Halle übernahm.
Dass es trotzdem nun keinen Prozess gegen die verdächtigen Polizisten geben soll, begründete das OLG Naumburg mit zweierlei: Zum einen sei der Antrag auf Klageerzwingung formal nicht korrekt formuliert gewesen. Zum anderen habe die Generalstaatsanwaltschaft „zu Recht verneint“, dass es einen hinreichenden Tatverdacht gegen einen konkreten Beschuldigten gebe.
„Wenn ein Mord passiert ist, ist ein Mord passiert“, sagt Nadine Saeed von der Initiative Gedenken an Oury Jalloh der taz. Dann aus formalen Gründen ein Verfahren abzulehnen sei „absurd“.
Dass das OLG sich der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft anschließe, sei eine „bodenlose Frechheit“. Denn diese habe die Fakten aus den jahrelangen Ermittlungen ignoriert und stattdessen „ein Fantasiegebilde, ein Märchen“ zum Tathergang erschaffen, um einen Mordprozess gegen die Polizisten zu vermeiden.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier