Mutmaßliche IS-Anhängerin aus Sachsen: Linda W. in Mossul gefasst

Vor einem Jahr verschwand in Pulsnitz bei Dresden die 15-jährige Linda W. Nun wurde sie offenbar von der irakischen Armee in Mossul verhaftet.

Kinder auf einer Straße, alle Gebäude sind zerstört

Am 10. Juli hatte die irakische Armee die Großstadt Mossul komplett zurückerobert Foto: dpa

BERLIN taz | Das Mädchen sieht sehr müde aus und blass, ihr Gesicht ist dreckig, die staubigen Haare sind zusammengebunden. Sie trägt Tücher um den Hals, dazu ein langes, schwarzes Gewand. Soldaten umringen sie, einer fotografiert sie mit einem Handy. Das Mädchen auf dem Foto, das seit dem Wochenende im Internet kursiert, soll eine von 20 IS-Anhängerinnen sein, die die irakische Armee in einem Tunnelsystem in der Altstadt von Mossul festgenommen hat, kurz nach der Wiedereroberung der Stadt. Und es könnte die 16-jährige Linda W. aus Pulsnitz sein, einer Kleinstadt nahe Dresden. Entsprechende Hinweise gebe es, bestätigt die dortige Staatsanwaltschaft.

Linda W. ist seit einem guten Jahr verschwunden. Zuvor hatte sich die Neuntklässlerin plötzlich für den Islam interessiert. Sie las den Koran, konvertierte, zog sich von ihren Freundinnen zurück. Sie wollte keine Haut mehr zeigen und nur noch mit einem Kopftuch in die Schule gehen. So hatte es die Lokalpresse damals berichtet (Sächsische Zeitung). An einem Wochenende plante Linda, bei einer Freundin übernachten, das erzählte sie zumindest ihrer Mutter. Doch das Mädchen kam am Sonntag nicht wie verabredet zurück – und die Freundin wusste von nichts.

Die Eltern informierten die Polizei. Die Beamten stellten fest, dass sich Linda ein Flugticket nach Istanbul gekauft hatte – mit einer gefälschten Bankvollmacht und dem Ausweis ihrer Mutter. Zuvor soll die damals 15-Jährige über Internet-Chats Kontakt zu Islamisten gehabt haben, wahrscheinlich zu Rekrutierern des IS. Die Ermittler vermuteten, dass das Mädchen von der Terrororganisation nach Syrien oder in den Irak gelockt worden ist. Vielleicht mit dem Versprechen, dort einen Kämpfer zu heiraten.

Es sind häufig romantische Vorstellungen und Schwärmereien, so berichten BeraterInnen, die Mädchen für den IS anfällig machen. Insgesamt sind in den vergangenen Jahren 930 Männer und Frauen nach Syrien und in den Irak gereist, um dort den Dschihad zu unterstützen. Ein Fünftel von ihnen sind Frauen, fünf Prozent Minderjährige. Einige dieser Fälle wurden bundesweit bekannt, darunter die 16-jährige Sarah O. aus Baden-Württemberg oder 17-jährige Merve S. aus Hamburg.

Nachdem Linda W. in die Türkei geflogen war, gab es von ihr keine Spur mehr. Bis die Fotos aus Mossul auftauchten.

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