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Music is my first love

In der Tiefe der Sounds: Der finnische Technoproduzent Vladislav Delay im Ostgut

Man steckt nicht drin in der Psyche junger, körperlich ausgewachsener Männer von Anfang bis Mitte zwanzig. Sei es, dass sie nicht wissen wohin mit sich und ihren Berufsvorstellungen, sei es dass ihnen im Falle einer einmal getroffenen Entscheidung auch schon wieder alles zu viel wird.

Vor allem Letzteres scheint auf den 24-jährigen finnischen Techno- und Houseproduzenten Vladislav Delay zuzutreffen. In dessen Physis allein meint man eine riesige, aber unergründliche Sensibilität zu entdecken: Nicht gerade groß von Wuchs, wirkt er, so durchsichtig und spindelig er ausschaut, geradezu zerbrechlich. Und trotz seines aggressiv kahlgeschorenen Kopfes scheint der Blick aus seinen hellblauen Augen ganz tief nach innen zu gehen: dort wo sich Herz und Seele eine gute Nacht und einen nicht weniger guten nächsten Tag wünschen – das aber meist erfolglos.

Delay hat in den letzten zwei Jahren mit einem enormen Output Begehrlichkeiten von Kollegen, Kritik und Publikum geweckt. Neben den üblichen 12-Inches und Remixen stehen da auch sagenhafte sieben Alben zu Buche, die der Finne als Vladislav Delay, als Luomo oder als Uusitalo bei Labels wie Chain Reaction, Mille Plateaux oder Force Inc in Deutschland veröffentlicht hat.

So scheinbar selbstverständlich jedes einzelne Album produziert wurde, umso lästiger scheint Delay aber das gestiegene Aufhebens um seine Person zu sein. In Interviews gibt er sich gern als zögerlicher, zweifelnder und kulturkritischer Mensch, der unzufrieden ist mit seiner Arbeit, der Zeit für seine Produktionen einfordert (nun ja!) und der anmerkt, dass es trotz oder auch gerade wegen der gestiegenen technischen Möglichkeiten im Bereich der elektronischen Musik eigentlich immer weniger um Musik gehe. Ja, genau, um Musik! Die versteht Vladislav Delay als eine Suche, die nie ihren Abschluss findet: nach einzelnen Tönen, nach bestimmten Klängen, nach noch unerforschten Soundtiefen. Diesen Eindruck vermitteln seine Alben, die er unter dem Namen Vladislav Delay herausgebracht hat: Entspannte Wumms, entschlackte Dubs, viel Zirpen, viel Rauschen, viel Knistern. Man darf Techno dazu sagen, auch Laptop-Muzak, oder Soundscapes.

Mag diese Definition von Musik bisweilen ein zwar interessantes, aber schwieriges Geschäft für den Hörer sein, so hat Delay im letzten Herbst unter dem Namen Luomo ein Album veröffentlicht, dass zwar passt zu ihm als ewig Suchendem, dabei aber ziemlich herausfällt aus dem eigenen Oeuvre: „Vocalcity“, ein, der Titel sagt es, vocallastiges Housealbum, das so schön, tief und warm klingt, dass man es beim ersten Hören im Plattenladen sofort in seine Arme schließt und nie wieder hergeben möchte. Da kann man zwar nicht unbedingt drauf tanzen. Schwofen aber geht, hach, und abdriften in Sachen Liebe auch. Delay selbst mag es übrigens nicht, er hat das Album in Spex als „misslungen“ bezeichnet. Doch das passt zu ihm, da muss man so viel nicht drauf geben.

Delay alias Luomo: Sa, ab 24 Uhr, Ostgut, Mühlenstr. 26-30, Friedrichshain

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