Museumsanbau: Großes Schattenwerfen im Glashaus
Das Jüdische Museum eröffnet heute seinen neuen Glashof. Hinter dem barocken Altbau hat Architekt Daniel Libeskind eine moderne Laubhütte aus Glas und Stahl für große Events und Ausstellungen inszeniert.
Wenn morgens die Sonne in den neuen Glashof des Jüdischen Museums scheint, ahnt man vielleicht am besten etwas von der Idee des Architekten Daniel Libeskind für den heute eröffneten Erweiterungsbau des Museums. Das Liniennetz aus Stahl in der Glasdecke wirft ein Schattenmuster auf den Boden. Die vier freistehenden Stützen in Form bis zur Decke wachsender schiefer, knorriger Baumstämme und Äste geben dem Raum unruhige, aber feste Konturen. Die gefaltete Glasfassade, die den lichten Hof nach Osten hin abschließt, erzeugt ebenfalls Eindrücke von Licht und Lichtbrechung. Es ist, als säße man unter Bäumen, unter Weinlaub, unter einer Veranda, die Sonnenlicht hereinlässt und Schatten wirft.
Dieser Eindruck kommt nicht von ungefähr, entstand doch der neue Glashof des Jüdischen Museums nach dem Vorbild der "Sukkah" - dem hebräischen Wort für "Laubhütte". Libeskind überspannte dabei den U-förmigen, rund 700 Quadratmeter großen Innenhof des barocken Altbaus - der neben dem Zickzackbau steht - ganz mit Glas. In die transparente Hülle hat er ein dichtes Gewerk aus Stahl eingeflochten. Auch die Stützenkonstruktion ist von organischer Struktur inspiriert, sodass ein Raum wie unter einem Geflecht entstand.
Die Glasfassade zum Garten nimmt das Motiv der Laubhütte ebenfalls mit auf. Die Front, die im unteren Bereich weit geöffnet werden kann, gibt den Blick frei auf den weitläufigen Museumsgarten. Mit dem Sukkah-Entwurf, so Libeskind, habe er sich auf das jüdische Laubhüttenfest "Sukkot", einem frühen Erntedankfest, bezogen. Dieses Fest feiern Juden alljährlich in Erinnerung an die Rückkehr der Juden aus der ägyptischen Gefangenschaft.
Zwei Jahre hat der Architekt an der 13 Meter hohen Überdachung gearbeitet, die das ehemalige barocke Kollegienhaus um einen ausgiebigen Veranstaltungs- und Ausstellungsraum für das Jüdische Museum erweitert. Dies war bitternötig, stößt doch der 2001 eröffnete "Libeskindbau" bei großen Events - insbesondere im Winter - an seine Grenzen. 500 Personen können jetzt bei Konzerten, Veranstaltungen, Feiern und Ausstellungseröffnungen hier Platz finden - und das sollen sie in einem zwar expressiven, aber auch behaglichen Raum tun, wie Libeskind anmerkt.
Denn neben dem extrem spannungsgeladenen Jüdischen Museum ist hier für rund 8 Millionen Euro ein zweiter Libeskindbau entstanden, dem der Architekt ein harmonischeres freudigeres Bild aus der jüdischen Tradition zugrunde legte. Zudem respektiert der Glashof mit seiner modernen, aber moderaten Architektursprache auch den denkmalgeschützten Altbau. Alt gegen Neu zu stellen war nicht Libeskinds Absicht. Viel erinnert an die behutsame Überdachung des barocken Zeughauses im Rahmen der Erweiterung des Hauses durch Ieoh Ming Pei.
Der überdachte Hof wird heute in Anwesenheit des Architekten und viel Prominenz aus Politik und Kultur, darunter Kulturstaatsminister Bernd Neumann, eröffnet werden. Die Publikumseröffnung ist für das kommende Wochenende geplant. Der Eintritt in den schattigen Glaswürfel hinter dem Kollegienhaus ist dann frei.
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