Museum Berlin-Karlshorst am 8. Mai: Zwei Flaggen fehlen
NS-Gedenkstätten sind gezwungen, sich mit dem Ukrainekrieg zu beschäftigen. Ein Abend am Ort der deutschen Kapitulation in Berlin.
Das Museum, das wie kein anderes in Deutschland für den Dank an die Sowjetsoldaten für die Niederringung des NS-Regimes steht, hat sein Programm für die Nacht vom 8. auf den 9. Mai geändert. Der traditionelle „Toast auf den Frieden“ entfällt. Wie sollte das auch möglich sein, mitten im Krieg? Stattdessen hat Direktor Jörg Morré zu einer „Mahnung für den Frieden“ geladen.
Im historischen Saal der Kapitulation, dort wo vor 77 Jahren die deutschen Generäle ihre Niederlage unterzeichneten, hängen sie, die Flaggen Russlands und von Belarus. Morré würdigt den „großen Beitrag der sowjetischen Soldaten“ im Kampf gegen die Nazis. Aber er spricht auch Klartext zu dem, was jetzt geschieht. Bei Putins Angriffskrieg missbrauche Russland „die Geschichte für seine Kriegspropaganda“. „Unsere Solidarität gilt der Ukraine“, sagt er.
Das Deutsch-Russische Museum hat sich umbenannt, es heißt jetzt nur noch „Museum Berlin-Karlshorst“. Der Namenswechsel ist nicht nur Folge des Kriegs in der Ukraine. Schon lange schien die Verengung des Kampfs der Roten Armee gegen die NS-Diktatur einzig auf die russische Nation aus der Zeit gefallen und dem Moskauer Narrativ folgend. Denn tatsächlich haben ja auch Ukrainer, Belarussen, Angehörige der baltischen Staaten und von Nationen aus Mittelasien dort gekämpft. Das „Russische“ im Museumsnamen ist also eine unangemessene Verkürzung.
Kränze nur mit weißen Schleifen
Nicht nur Karlshorst, viele Museen und NS-Gedenkstätten in Deutschland sind vom russischen Angriffskrieg tangiert. In Bergen-Belsen hat man anlässlich des 77. Jahrestags der Befreiung am Sonntag die Vertreter von Russland und Belarus gebeten, keine Kränze oder Besucher zu entsenden. Für die Opfer aus diesen Staaten gab es Kränze mit weißen Schleifen.
Gedenkstätten bangen um ihre ukrainischen Partnerorganisatoren – und um die hoch betagten Menschen, die Krieg, KZ und Zwangsarbeit überlebt haben, aber nun einen neuen Krieg erleben müssen. 47 deutsche Gedenkstätten, Museen und Initiativen haben deshalb ein „Hilfsnetzwerk für die Überlebenden der NS-Verfolgung in der Ukraine“ gegründet. Dank der Spenden konnten bisher über 300 Menschen unterstützt werden.
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