Mühsames Verhandeln für Afghanistan: Friedensallianz plant Talibangespräche
Afghanistan, Pakistan, China und die USA wollen mit den Taliban über Frieden reden. Angeblich gab es bereits Vorgespräche. Die Islamisten eroberten Nord-Helmand.
Kabul/Islamabad/Laschkar Gah dpa/rtr | Das vierte Treffen der Friedensallianz für Afghanistan hat am Dienstag in Kabul begonnen. Es wird erwartet, dass die Vertreter der Regierungen von Afghanistan, Pakistan, China und der USA ein Datum für Gespräche mit den Taliban bekanntgeben.
„Ich sehe keinen Hinderungsgrund dafür“, sagte der Sprecher des Regierungsgeschäftsführers Abdullah Abdullah, Dschawed Faisal. „Wir sind zuversichtlich, dass Gespräche sehr bald beginnen werden.“ Nach dem letzten Treffen der Allianz am 6. Februar hatten Teilnehmer noch von Gesprächen vor Ende Februar gesprochen.
Der afghanische Außenminister Salahuddin Rabbani sagte in seiner Eröffnungsrede, alle Aufständischen sollten die Gewalt beenden. Er warnte: „Zu denen, die sich weigern, sagen wir, dass unsere tapferen Streitkräfte bereit sind, sich ihnen entgegenzustellen.“
Die Taliban haben den einseitig geplanten Friedensprozess bisher grundsätzlich abgelehnt. Aus pakistanischen Sicherheitskreisen hieß es aber, schon am Vorabend des dritten Treffens der Friedensallianz habe sich die Gruppe in Islamabad mit hochrangigen Taliban getroffen und Termine für Gespräche festgezurrt. Unter ihnen sei der Chef des halboffiziellen Politischen Büros der Taliban in Katar gewesen, Scher Mohammad Abbas Staniksai. Mitglieder der afghanischen Regierung sowie des Hohen Friedensrats wollten das Treffen nicht bestätigen.
Die Regierungen von Afghanistan, Pakistan, China und den USA hatten im Dezember angesichts der eskalierenden Gewalt im Land beschlossen, noch einmal zu versuchen, die Taliban an den Verhandlungstisch zu bringen. Gespräche waren zuletzt im Juli gescheitert.
Afghanische Armee überlässt Taliban Helmands Norden
Unterdessen haben die Taliban die Kontrolle über fast den gesamten Norden der Unruhe-Provinz Helmand übernommen. Die Regierungstruppen zogen sich aus einem zweiten umkämpften Bezirk zurück, wie das Militär am Montag mitteilte. Die Kräfte sollten gebündelt werden, um die Provinzhauptstadt Laschkar Gah und die Hauptverbindungsstraße zwischen Kabul und Herat im Westen besser schützen zu können. Der überraschende Rückzug schürt Zweifel, ob das afghanische Militär alleine für Sicherheit im Land sorgen kann, nachdem der internationale Kampfeinsatz 2014 beendet wurde.
Nach US-Schätzungen kontrollieren oder bedrohen die vor 15 Jahren gestürzten Taliban derzeit ein Drittel Afghanistans. Abgesehen von der kurzen Einnahme von Kundus im vergangenen Jahr ist es ihnen aber bislang nicht gelungen, ein größeres Provinzzentrum zu erobern. Helmand ist eine der Hochburgen der Opiumproduktion. Den Regierungstruppen entgleitet dort in den ländlichen Gebieten seit Monaten die Kontrolle.
Den Rückzug aus dem Bezirk Nausad wenige Tage nachdem die Regierungstruppen Musa Kala aufgegeben hatten, versuchte der Gouverneur von Helmand, Mersa Chan Rahimi, dennoch herunterzuspielen. „Es ist normal, dass man während der Kämpfe mal vorrückt und sich auch mal zurückzieht“, sagte er. „Das bereitet uns keine Sorgen.“