piwik no script img

Mossad und „Gefangener X“Unter Bewachung erhängt

Eine Agententätigkeit hat er dementiert. Angeblich erhängte sich der „Gefangene X“ in einem israelischen Hochsicherheitsgefängnis. Ein Journalist bezweifelt das.

Ben Zygiers Grabstein in Melbourne. Bild: dpa

SYDNEY/JERUSALEM afp | Der mysteriöse „Gefangene X“, der 2010 in einem israelischen Gefängnis tot aufgefunden wurde, hat nach Angaben eines Journalisten eine Tätigkeit als Spion abgestritten. Er habe drei- bis viermal mit dem Mann gesprochen, sagte der Reporter Jason Koutsoukis am Donnerstag dem australischen TV-Sender ABC. Während der Interviews habe er die Vermutung geäußert, dass sein Gesprächspartner israelischer Spion sei, sagte Koutsoukis. Dies habe der Mann „so energisch, wie er nur konnte“, zurückgewiesen.

Laut ABC handelte es sich bei dem Ende 2010 verstorbenen Mann um den gebürtigen Australier Ben Zygier. Die Interviews sollen kurz vor seiner Verhaftung durch israelische Sicherheitskräfte geführt worden sein. Koutsoukis sagte, er habe im Oktober 2009 aus australischen Geheimdienstkreisen einen Hinweis auf drei Menschen mit doppelten Staatsbürgerschaften erhalten, die verdächtigt wurden, unter Nutzung ihrer australischen Pässe in Ländern wie Syrien, dem Iran und dem Libanon für Israel zu spionieren.

Der Reporter sagte zudem, es sei denkbar, dass seine Gespräche mit Zygier von israelischer Seite überwacht wurden. Es habe in der fraglichen Zeit mehrere „seltsame Vorfälle“ in der Nähe seines Hauses in Jerusalem gegeben, sagte Koutsoukis.

ABC hatte in dieser Woche erstmals über die mutmaßliche Identität des „Gefangenen X“ berichtet. So hatten israelische Medien den Mann genannt, da von ihm zunächst nur bekannt war, dass er im Hochsicherheitsgefängnis in strenger Isolationshaft saß, dass nicht einmal die Wärter seine Identität erfuhren und dass er sich Anfang 2010 das Leben genommen haben soll.

Unter falscher Identität inhaftiert

Für den Fall gilt in Israel nach wie vor eine Nachrichtensperre. Nach dem ABC-Bericht räumte das israelische Justizministerium lediglich ein, dass ein Mann, der in Israel wohnte, aber auch eine weitere Staatsbürgerschaft besaß, aus Sicherheitsgründen unter falscher Identität inhaftiert gewesen sei.

Laut ABC war Ben Zygier 2001 als Ben Alon nach Israel ausgewandert. Der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad soll ihn demnach als Agenten angeworben haben. Anfang 2010 sei Zygier dann im Hochsicherheitsgefängnis Ajalon südlich von Tel Aviv inhaftiert worden. Die Gründe dafür sind unbekannt, zum Prozess kam es nicht. Laut einem Grabstein, der auf dem jüdischen Friedhof in Melbourne steht, starb Zygier am 15. Dezember 2010 im Alter von 34 Jahren. Er soll sich in seiner Zelle erhängt haben.

Der Menschenrechtsanwalt Avigdor Feldman, der Zygier kurz vor dessen Tod im Gefängnis besucht hatte, bezweifelt dies jedoch. Anzeichen für eine Selbstmordabsicht habe er nicht gespürt, sagte Feldman in einem Radiointerview. Zygier sei ihm „rational, genau, nicht aufbrausend“ erschienen. Zudem warf Feldman die Frage auf, wie sich jemand unter ständiger Überwachung in einem Hochsicherheitsgefängnis umbringen könne. Der Anwalt, der die Akten kennt, darf wegen der Zensur keine Details zum „Gefangenen X“ preisgeben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • MH
    Marco Hoffmann

    "

    two Mossad agents with an Australian connection spoke at his funeral in Melbourne and they said how sad it was that Zygier had "lost his spirit” towards the end of his life.

    "

    http://www.irdc.ir/en/content/27498/default.aspx

  • MH
    Marco Hoffmann
  • MH
    Marco Hoffmann

    P.S.

     

    "

    Mitte Oktober 2012 kündigte Gudrun Ensslins Bruder Gottfried an, gemeinsam mit dem Buchautor Helge Lehmann am 18. des Monats, dem 35 . Jahrestag der Ereignisse, bei der Staatsanwaltschaft in Stuttgart die Neuaufnahme des Todesermittlungsverfahrens zu beantragen. [17] Hintergrund seien neue Erkenntnisse, die darauf hindeuteten, dass es zumindest so, wie es die offizielle Version darstelle, nicht geschehen sein könne. Darüber hinaus sei das Vernehmungsprotokoll eines Aufsichtsbeamten namens Hans Springer [18] , der in der Todesnacht in Dienst gewesen sei, aufgetaucht. In diesem sage er aus, er sei für die Zeit zwischen 0:30 Uhr und 3:30 Uhr telefonisch von einer unbekannten Person von seinem Posten abberufen worden. Man habe ihm aber versichert, dass die Bewachung der Gefangenen trotzde m sichergestellt werde.

    "

    (Ebenda)

  • J
    Jupp

    Unter tagesschau.de findet man die Äußerung: „Regierungschef Benjamin Netanjahu warnte die Medien aber, eine allzu intensive Beschäftigung mit der Arbeit der israelischen Geheimdienste könne die "Sicherheit des Staates schwer beschädigen"..“

     

    Ob Selbstmord oder nicht, mag die Israelis beschäftigen, schließlich zeigt es, was passieren kann, wenn man sich als Israeli mit dem Geheimdienst einlässt und die Palästinenser haben ohnehin Erfahrungen, die sie über das Schicksal von Mister X höchstens schmunzeln lassen.

     

    Welche schmutzigen Geschäfte könnte der Fall „Mister-X“ aufdecken – darauf sollte sich eine fragende Presse bzw. die Medien konzentrieren.

  • J
    Jupp

    Geht es hier um den Gefangenen Mister X - oder generell Knast, Folter Tod in israelischen Gefängnissen,

    Geheimdienstaktivitäten usw.?

     

    Wie kann es dann sein, dass in der Nah-Ost-Rubrik ständig diese völlig dem Thema abgehenden Kommentare eingestellt werden,

    maßgeblich von diesem Mehrdad, Harald, Senkbley. usw. von denen man mehr oder weniger ohnehin vermutet es handele sich dabei letzlich um ein und dem selben Schreiber.

     

    Es ist ja eine Zumutung hier zu lesen - welche Qualifikation hat denn der "Moderator" dem dies ja letztlich anzulasten ist

  • M
    mehrdad

    die TAZ fragte neulich den jüdischen gemeindevorsteher in bremen die folgende frage:

     

    " Dass Deutsche sich mehr mit Israel beschäftigen als mit Mali, das ist doch nachvollziehbar aufgrund der historischen Zusammenhänge.

     

    Die Diskussion bietet immer noch die Projektionsfläche für die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit. Die Diskussion entscheidet immer noch zwischen dem guten und dem bösen Juden, wie auch zwischen den toten und lebenden Juden deutlich unterschieden wird. Ist denn das normal?"

     

    und hier die antwort:

     

    "Die Diskussion bietet immer noch die Projektionsfläche für die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit. Die Diskussion entscheidet immer noch zwischen dem guten und dem bösen Juden, wie auch zwischen den toten und lebenden Juden deutlich unterschieden wird. Ist denn das normal? "

     

    das sagt alles über die motivation der deutschen aus, sich wie besessen mit israel zu befassen, während ihnen weitaus schlimmere konflikte und verbrechen am arsch vorbeigehen und sie sogar inhumane regime wie iran, syrien, nordkorea...in schutz nehmen. die gleichen leute empören sich darüber, wenn israel auf jahrelange raketenangriffe reagiert.

     

    menschenrechte und völkerrecht werden für deutsche heute nur dann relevant, wenn man sie gegen israel, die USA oder den westen einsetzen kann.

     

    ein augstein verfasste in den letzten jahren 10 aussenpolitische kommentare. davon befassten sich 5 ausschliesslich negativ mit israel, 3 negativ mit den USA und 1 kommentar verteidigte das regime von assad in syrien.

     

    wie bei den medien, so sehen wir diese negative besessenheit in sachen israel auch bei sogenannte "menschenrechtsgruppen". siehe hier:

     

    http://www.welt.de/debatte/weblogs/Boess-in-Berlin/article6066008/Stell-dir-vor-es-ist-Krieg-und-die-Friedensbewegung-protestiert-nicht-dagegen.html

     

     

     

    das ist die deutsche realität.

  • N
    noevil

    @ Mehrdad irrt sich. Zum Einen jedoch, was die Berichterstattung besonders betreffend Iran durch die Taz betrifft. Natürlich ist sie nicht das Hausblatt der iranischen Opposition.

     

    Zum Anderen täuscht er sich aber auch, was die Motivation hierzulande angeht

     

    Entweder liest er die Taz noch nicht lange oder ausreichend genau genug, oder er hat seine allgemeine Meinung aus irgendeiner obskuren Verallgemeinerungs-Schublade gezogen.

  • M
    mehrdad

    ich finde es krass, wie sehr sich die taz&co. um einen israelischen doppelagenten bemühen, der sich selbst erhängt, während die tausende homosexuelle, islamaustreter, linke politiker, studenten, blogger....ihnen am allerwertesten vorbeigehen, die z.b. in meine heimat (iran) im knast sitzen.

     

    hängt bestimmt mit der deutschen geschichte zusammen, warum deutsche so besessen drauf sind zu zeigen, dass die juden auch nicht besser als die nazis sind.

     

    da fühlt man sich gleich besser, wenn die eigene vergangenheit so gerechtfertigt und relativiert wird.

  • TH
    Thomas H

    Die israelische Öffentlichkeit verlangt zurecht nach Aufklärung im mysteriös erscheinenden Todesfall des inhaftierten Ben Zyger.

     

    Da Israel eine funktionierende Demokratie und ein funktionierender Rechtsstaat ist, wird in den kommenden Wochen gewiss Licht in diesen tragischen Fall gebracht werden.

     

    Die israelische Staatsanwaltschaft ermittelt, und die israelischen Medien bleiben ebenfalls an dem Fall dran.

     

    Selbst der Mossad hat sich bereits für die Aufklärung und Offenlegung des Falls ausgesprochen und die kritisch berichtende Presse ausdrücklich vor Unterstellungen von Seiten einiger rechtsnationaler Politiker in Schutz genommen.

     

    Diejenigen die wirklich daran interessiert sind zu erfahren, wie und unter welchen Umständen es zum Tod von Ben Zyger kam, werden es also gewiss in naher Zukunft erfahren.

     

    Aber das wird dann für die meisten Linken hier eh nicht mehr von Interesse sein, weil ihr Interesse nunmal ausschließlich auf das Feindbild Israel fixiert ist ...

  • RF
    Ron fragt sich

    @ Ignaz Quadratwurzel alias I.Q.(?)

     

    Warum eigentlich schreiben/erwähnen Sie Israel stets in Anführungszeichen? Und dann beschleicht mich doch das Gefühl, als hätten Sie eine Obsession mit Israel. Denn in anderen Kommentarspalten sehe ich Sie so gut wie gar nicht kommentieren, außer es hat irgendwie mit Israel zu tun. Oder liege ich da falsch? Können Sie mich vielleicht aufklären? Ich möchte gerne darum verstehen.

     

    Mit freundlichen Grüßen

     

    Ron

  • M
    mudda

    Hoooo,

    ein journalist zweifelt, oder dreifelt er nö er vierfelt!

     

    ist man sich sicher das unter dem grabstein überhaupt einer liegt?

     

    und wenn, liegt der richtige dort?

     

    möchte der mossad einen für tot erklähren?

     

    und wenn, warum hilft taz da mit?

     

    ist die zahlung an die familie

     

    nicht ein bonus, wie

     

    bei managern?

     

    wüde der zweifeljournalist sein zweifel im zweifelfall überleben, oder ist

    der journalist ein mossad

    agent, hmmm?

     

    merke journalisten wissen alles, oder?

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Es ist auch unbedingt für die breite Öffentlichkeit interessant, was dieser Mensch gemacht hat und worin er involviert war. Da hat jeder Mensch auf der Welt ein umfassendes Informationsrecht. wen interessieren denn da schon Aspekte der nationalen Sicherheit.

  • EP
    el presidente

    klingt nach "justicia" a la Pinochet...

  • G
    Gonzi

    Ich bin mir sicher, der Hamas wird man dies nicht anhängen können, und irgendeinen Grund, warum der junge Mann inhaftiert war, muss es ja gegeben haben.

    Dazu müsste doch die Regierung ein wenig mehr verlautbaren können, etwa ob er Doppelagent gewesen. ein Geheimnisverrat begangen oder versucht wurde.

     

    Warum also dieses Schweigen?

     

    Andererseits möchte man doch so langsam wissen, wer mit wem die neue Regierung bilden soll – da könnte man mal was von Frau Knaul zu lesen bekommen?

     

    Ersatzweise vielleicht, welchen Empfang man tscheschenischen Fußballern ind Westjersalem bereitet hat - nach dem Motto ein jüdischer Staat braucht auch jüdische Fußballmanschaften.

  • MH
    Marco Hoffmann

    "

    Laut einem Grabstein, der auf dem jüdischen Friedhof in Melbourne steht, starb Zygier am 15. Dezember 2010

    "

     

    Vom 16. Februar (vgl. a.a.O.) bis zum 15.Dezember haben die lieben Verwandten nichts gewusst vom Verschwinden Zygers? Wohl kaum. Das ausralische konsulat tel aviv wusste ab dem 24.februar, dass der australier zyger in einer geheimen zelle in israel gefangen gehalten wird und gibt nun an, es habe keinen kontakt zu dem opfer aufgenommen, weil dieser nicht darum ersucht hätte aus seiner geiselhaft.

     

    Die verwandten zygers haben offensichtlich das wohl des opfers hinter höhere Erwägungen zurückgestellt, wie auch schon zuvor der vater von shalit zum wohle der nation vom Ersuchen zurückgetreten ist, einen brief an den gefangenen soldaten vom hilfsbereit eingewilligt habenden irischen diplomaten an bord der mavi mamara transportieren zu lassen.

     

    Was gut möglich ist ist, dass der mossad den verwandten von shalit und zyger irgendwas angedroht hat, falls sie die welle machen, bzw. nicht die welle machen und ich sage: speak out, solange ihr noch lebt, israel frisst seine kinder.

  • IQ
    Ignaz Quadratwurzel

    Neben dem beklagenswerten Tod eines Menschen, bei dem Zweifel bestehen, ob er sich selbst das Leben nahm, steht in dieser Angelegenheit mehr auf dem Spiel.

     

    Es ist die Frage nach der Durchführung von Terrorakten im Ausland durch „Israel“, während man sich doch bemüht, dies echten oder vermeintlichen Gegnern nachzusagen.

    Sei es nur der Gebrauch von Identitäten durch Ausweispapiere oder eine direkte Beteiligung von Zygier an solchen Akten, dabei wird der Mord an Mahmud al Mabhuh im Jahre 2010 in Erwägung gezogen, seine Haft und sein Tod betreffen auch Netanjahu.

     

    „Es sei, sagen selbst Abgeordnete aus Netanjahus eigener Partei, undenkbar, dass der Regierungschef nichts davon gewusst habe. Er ist schließlich der direkte Vorgesetzte der israelischen Geheimdienstchefs, muss sicher stellen, dass dort die Gesetze eingehalten werden,...“

    liest man etwa im ND.

    www.neues-deutschland.de/artikel/812919.der-mossad-und-der-tote-mr-x.html

     

    Mit wenig Erfolg bemühten sich die Machthaber aus Tel-Aviv bislang bei der EU darum, wegen „Terror“ die Hisbollah anzuschwärzen. Aus den wagen Angaben, die Attentäter von Burgas wären auch als Hisbollahmitglieder geführt worden und hätten mit der in finanziellen Verbindungen gestanden, versucht die israelische Propaganda die Behauptung einer Beauftragung durch die Hisbollah für das Attentat zu kreieren.

     

    Wie auch immer, auch die BRD ließ in im Fall des Dubaimordes isralische Verdächtige ungeschoren ziehen und drei mutige Parlamentsabgeordnete, die in der Knesset zu fragen wagten, stehen unter Druck, was also wird dort gespielt uns wird Australiens Regierung auf den Plan treten müssen?