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Mordopfer in NeuköllnEine Skulptur für Burak Bektaş

Offenbar gibt es neue Indizien für eine Verbindung zwischen einem Rechtsradikalen und dem Mord an Bektaş. Gedenkskulptur wird Sonntag eingeweiht.

Gedenken an Burak vor einem Jahr Foto: dpa

Unmittelbar vor der Einweihung einer Gedenkskulptur für den ermordeten Neuköllner Burak Bektaş an diesem Sonntag sind neue Details aus den Ermittlungen bekannt geworden. Laut RBB gibt es ein Indiz für eine Verbindung zwischen dem Mord an Bektaş und dem Rechtsradikalen Rolf Z. So soll die Polizei bei Z., der im September 2014 den Briten Luke Holland ermordet hat, eine Waffe gefunden haben, mit der auch die Munition verschossen werden kann, die Bektaş tötete und zwei seiner Freunde schwer verletzte.

Seit Langem vermuten Burakş Eltern sowie die „Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş“ einen rechtsradikalen Hintergrund der Tat und werfen der Polizei vor, nicht ausreichend in diese Richtung zu ermitteln.

Bektaş stand mit Freunden in der Nacht zum 5. April 2012 gegenüber dem Krankenhaus Neukölln, als ein Unbekannter, nach Zeugenaussagen ein „weißer Mann“, auf die Gruppe schoss. Der 22-Jährige starb, seine Freunde Alex und Jamal wurden schwer verletzt. Weil die jungen Leute sichtlich migrantischer Herkunft sind, laut Polizei ein persönliches Motiv ausgeschlossen werden kann und zudem wenige Monate vorher die NSU-Mordserie aufgeflogen war, stand schnell der Verdacht einer rassistischen Tat im Raum.

Zweieinhalb Jahre später wurde der Brite Luke Holland vor einer Bar in Neukölln erschossen. Einen Tag später wurde der arbeitslose 62-jährige Rolf Z., der in der Nähe wohnt, festgenommen. Die Polizei fand bei ihm Waffen und Nazidevo­tio­nalien. Ein Gericht verurteilte ihn im Sommer 2016 wegen des Mordes an Holland zu elf Jahren und sieben Monaten Haft.

Gedenken am Sonntag

14 Uhr Demonstration ab U-Bahnhof Britz-Süd. Danach ab 15 Uhr Einweihung der Skulptur auf dem Gedenkort (Rudower Str./Möwenweg)

Das Merkwürdige: Z. taucht auch in Buraks Ermittlungsakte auf. Ein Mann erklärte im Dezember 2013 der Polizei, er habe Z. mit dem Auto in die Nähe des Tatorts mitgenommen, wo dieser bei seinem Bruder Schießübungen machen wollte. Doch laut Polizei hat sich der Tatverdacht gegen Z. nie erhärtet, obwohl man allen Spuren sorgfältig nachgegangen sei. Dies sei nach wie vor Stand der Dinge, erklärte Staatsanwalt Martin Steltner auf Nachfrage der taz.

Laut dem jüngsten RBB-Bericht habe das LKA allerdings auf der bei Z. gefundenen Waffe, einem Revolver, Schussrückstände gefunden, deren Zusammensetzung den Schmauchspuren an der Kleidung der beiden schwer verletzten Freunde von Burak Bektaş ähnelt. „Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Spuren von diesen Schüssen stammen, heißt es in einem Gutachten“, so der RBB.

Mahnwache in Neukölln am 5. Todestag Foto: dpa

Die Initiative zeigt sich angesichts des bekannt gewordenen Indizes fassungslos: „Wir fordern die Ermittlungsbehörden auf, endlich ihre Arbeit zu tun und den Spuren nachzugehen! Wir fordern ein grundlegendes Neuaufrollen der Ermittlungen!“, erklärte Ini-Mitglied Ulrike Schmidt.

Ihre Kritik an den Ermittlungen will die Initiative auch mit der Bronzeskulptur bekräftigen, die am Sonntag nahe dem Tatort eingeweiht wird. Die Skulptur mit dem Namen „Algorithmus für Burak und ähnliche Fälle“ wurde von der im Dezember 2017 verstorbenen Künstlerin Zeynep Delibalta entworfen. „Der Gedenkort steht für all den Schmerz, die Trauer und die Wut, welche Buraks Angehörige seit dem Mord begleiten. Er soll ihnen ein Ort des Gedenkens und der Begegnung sein sowie öffentlich darauf hinweisen, dass die Tat bis heute nicht aufgeklärt ist.“

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