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Mord an Regierungspräsident LübckeStephan E. hat die Tat lange erwogen

Erst hat er den Mord an Walter Lübcke gestanden, dann widerrufen: Nun werden Einzelheiten der ursprünglichen Aussage von Stephan E. bekannt.

Es waren Walter Lübckes bloße Worte, die den Tatverdächtigen Stephan E. aufbrachten Foto: dpa

Berlin dpa | Der Tatverdächtige im Mordfall Lübcke soll einem Medienbericht zufolge in seinem inzwischen zurückgezogenen Geständnis angegeben haben, die Tat schon seit Jahren erwogen zu haben. Mindestens zwei Mal, 2017 und 2018, sei Stephan E. demnach zum Kassler Regierungspräsidenten Walter Lübcke gefahren, mit der Waffe in der Tasche, berichten „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR am Sonntag online. Hinterher sei er der zurückgezogenen Schilderung zufolge froh gewesen, die Tat nicht ausgeführt zu haben. Als er Lübcke schließlich am 2. Juni doch ermordet habe, sei dies wortlos geschehen.

Anlass war möglicherweise eine Informationsveranstaltung über die Aufnahme von Flüchtlingen 2015, bei der Lübcke gesagt hatte, wer „die Werte“ nicht teile, könne das Land verlassen. Ausschlaggebend für die Idee seien dann die sexuellen Übergriffe auf Frauen in der Kölner Silvesternacht 2015/16 gewesen, aber auch der islamistische Anschlag mit mehr als 80 Toten 2016 in Nizza. Das alles habe ihn ungeheuer aufgewühlt, sagte E. den Angaben zufolge in seiner ursprünglichen Darstellung. Darüber geredet habe er mit niemandem, auch nicht mit den der Beihilfe verdächtigten Markus H. und Elmar J. Den Ausschlag gegeben habe dann der Mord von Islamisten an zwei jungen Frauen aus Norwegen und Dänemark im vergangenen Dezember in Marokko.

Aus der rechtsextremistischen Szene wolle sich E. laut seiner zurückgezogenen Aussage zwischenzeitlich gelöst haben, und zwar nach seiner Verurteilung wegen eines Angriffs auf Gewerkschafter 2009 in Dortmund, berichteten die Medien. Die Entscheidung, sich Waffen zu besorgen, habe er demnach bereits 2014 getroffen – um seine Familie vor der angeblich überhandnehmenden Kriminalität von Ausländern zu schützen.

E.s Freund H. soll ihn an J. vermittelt haben, der dann ein ganzes Arsenal an Waffen besorgt haben soll, darunter eine Maschinenpistole des Typs Uzi.

Generalbundesanwalt vermutet rechtsextremen Hintergrund

In dem zurückgezogenen Geständnis habe E. auch angegeben, der Mord tue ihm „unendlich leid“, niemand solle für seine Worte sterben müssen. Was er Lübckes Familie angetan habe, sei „unverzeihlich“, zitierten die Medien seine ursprüngliche Aussage.

In der Untersuchungshaft soll E. laut den Berichten von Depressionen berichtet haben und inzwischen auf die Krankenabteilung verlegt worden sein.

Der Kasseler Regierungspräsident Lübcke war am 2. Juni erschossen worden. Unter Verdacht steht der 45-jährige Stephan E. aus Kassel. Der Generalbundesanwalt geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus. Stephan E. hatte nach Angaben des Generalbundesanwalts Peter Frank zunächst gestanden, Lübcke getötet zu haben; später widerrief er sein Geständnis.

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4 Kommentare

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  • Ultrarechte Attentate sind viel schlimmer als andre,"private" "Amokläufe", "poltsvchree "Aktionen", da sie sehr viel enger mit professionellem Militär,Polizei sogar verbundenm sind



    und leider dadurch auf eine katastrophen aber "Efolgsbilanz" -



    es is t nämlich



    die "Erste Kolonne" der ANTI-LINKS BEkämpfung.

  • Sach mal so “Du kannst den Leuten nur vor den Kopp gucken!“ & •

    Dieser durchgesteckte Spekulatius.



    Bleibt ein ebensolcher.



    Verschärfend kommt hinzu.



    Daß einer - der bereits so lange & vielfältig & aktiv gewalttätig auf der rechten Szene unterwegs ist - selber regelmäßig Mühe hat - sich in seinem eigenen kryptisch-verdrehten Geschwafelsammelsurium zu recht zu finden.

    • @Lowandorder:

      & Däh&Zisch - Mailtütenfrisch -

      “" selber regelmäßig Mühe hat - sich in seinem eigenen kryptisch-verdrehten Geschwafelsammelsurium zu recht zu finden. "







      en pointe. Ist wohl nur ein kleiner Schritt vom Querdenken zum Verquerdenken. Und hinter allem - Angst. Angst ist ein wesentliches Motiv für Gewalt. Menschen die Angst nehmen, wäre sinnvoll. Leider gilt aber in der Gesellschaft zu sehr der Einsatz von Gewalt und Waffeneinsatz als "Problemlösung" (aka "Angstüberwindung")."

      Ja - da is was & leider ziemlich viel dran.



      &



      Ähnliches dachte ich - als ich unlängst von unseren sich ubiqitär vermehrenden Ordnungsamtsheriffs aufgebracht wurde. Weil ich - in der Fußgängerzone! - an ihrem schrittfahrenden SUV des städtischen Fuhrparks rechts vorbeigefahren & laut geflucht hatte.



      & Däh! Nich to glöben!



      Wie im Spaghetti-Western - mich im Dreieck umstellend - herrschte mich der Herr Stadtbedienstete an:



      “Auf welcher Seite überholt man?" - Während sein Damenflor ebenfalls in ihren taffen Neuuniformen - bis an die Zähne - nur die Pistole fehlt ja - noch - aufgerüstet - Die Einvernahme ihres radfahrenden Brötchengebers - vulgo - Steuerzahlers - absicherten.



      & - Ach was!



      Mein - “In ner Fußgängerzone? Machen Sie Witze?" - Blieb unbeanwortet von den sich nicht vorstellenden städtischen - also meinen - Angestellten



      Ich schwieg - but not amused - & bekam so doch noch knapp meinen Zug.

      kurz - Ja - Angst essen Seele auf & nicht nur die. Wohl wahr.



      (Rest folgt ~~ ?) 👹

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Und wieder ein Einzeltäter. Jedenfalls nach eigener Aussage.

    Mal sehen zu welchem Schluss die Staatsanwaltschaft kommt.