Mord-Anklage gegen drei Männer: Politkowskaja-Ermittlungen beendet
Die russische Polizei hat die Ermittlungen wegen des Mordes an der Journalistin Politkowskaja für beendet erklärt. Doch die Hintergründe sind weiter unklar.
MOSKAU taz Die russische Staatsanwaltschaft hat 20 Monate nach dem Mord an der kremlkritischen Journalistin Anna Politkowskaja die Ermittlungen vorerst beendet. Die Behörde gab bekannt, gegen drei Männer wegen Mordes Anklage zu erheben. Ein vierter Verdächtiger, Pawel Rjagusow, muss sich vor Gericht wegen Erpressung und Amtsmissbrauchs verantworten. Rjagusow war zum Zeitpunkt des Attentates Mitarbeiter des Inlandsgeheimdienstes FSB. Welche Rolle er bei den Vorbereitungen des Mordes spielte, ist bisher unklar.
Wegen Mittäterschaft stehen Ibrahim und Dschabrail Machmudow und der Ex-Polizist Sergei Chadschikurbanow vor Gericht, ein Ex-Beamter des Dezernats für Verbrechensbekämpfung. Sie sollen an dem Komplott beteiligt gewesen sein. Nach bisherigen Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft verübte Rustam Machmudow, ein Bruder der angeklagten Machmudow, den Mord. Der Tschetschene wird seit zehn Jahren in Russland mit Haftbefehl gesucht.
Im Zusammenhang mit der Anklageerhebung wurden mehrere Verdächtige auf freien Fuß gesetzt. Darunter auch Schamil Burajew, früherer Verwaltungschef aus Tschetschenien, der als eine Schlüsselfigur gehandelt wurde. Die Nowaja Gaseta, bei der Politkowskaja arbeitete, geht davon aus, dass Burajew bei dem Komplott eine wichtige Funktion zufiel. Ihre Ermittlungserkenntnisse hatte die Zeitung an die Behörden weitergereicht.
Die Anwältin der Hinterbliebenen, Anna Stawizkaja, hält den Abschluss der Ermittlungen für übereilt. Es seien weder die Organisatoren noch die Täter dingfest gemacht worden. Vor allem wurde die entscheidende Frage nicht geklärt, wer den Mordauftrag erteilte, sagte die Anwältin im Radiosender Echo Moskwy.
In der offiziellen Version der Staatsanwaltschaft steht Boris Beresowski, der im Londoner Exil lebende Oligarch und Intimfeind Ex-Präsident Wladimir Putins, hinter dem Mordkomplott. Laut Nowaja Gaseta hat der Exilant mit dem Mord nichts zu tun. Die mutmaßlichen Auftraggeber hielten sich in Russland auf und seien der Redaktion auch bekannt. Der Geheimdienst habe versucht, die Ermittlungen in falsche Richtungen zu lenken. Die vom FSB beigebrachten Zeugen seien "Banditen reinsten Wassers" aus Tschetschenien.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!