Mögliche Absprachen der Autokonzerne: Ermittler prüfen Kartellvorwürfe
Selbstanzeige bei Daimler, Krisensitzung bei VW, Druck auf Dobrindt: Die Folgen der mutmaßlichen Absprachen der Autokonzerne sind noch längst nicht abzusehen.
Demnach sollen sich Vertreter von VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler jahrelang in geheimen Zirkeln über ihre Fahrzeuge, Kosten, Zulieferer und auch den Umgang mit dem Thema Diesel-Abgase abgesprochen haben. Angeblich soll es Selbstanzeigen von Daimler und Volkswagen bei den Wettbewerbsbehörden geben.
Nach den Vorwürfen gegen deutsche Autokonzerne wegen rechtswidriger Absprachen denkt die Staatsanwaltschaft Braunschweig über eigene Untersuchungen nach. „Auch vor dem Hintergrund der aktuellen Berichterstattung werden wir prüfen, ob ein neues Ermittlungsverfahren einzuleiten ist oder ein bereits laufendes Verfahren rechtlich erweitert wird“, teilte eine Sprecherin der Ermittlungsbehörde am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters mit. Die Prüfung werde einige Tage dauern.
Das Magazin Der Spiegel hatte berichtet, dass sich die fünf führenden Automarken – VW, Audi, Porsche, BMW und Mercedes-Benz – seit den 90er-Jahren in geheimen Arbeitskreisen über die Technik ihrer Fahrzeuge sowie Kosten, Zulieferer, Märkte und Strategien abgestimmt hätten. Die Braunschweiger Behörde ermittelt bereits seit fast zwei Jahren wegen des Abgasskandals bei Volkswagen. Wegen unterschiedlichere Delikte sind fünf Verfahren mit insgesamt 47 Beschuldigten anhängig.
Linkspartei nimmt Dobrindt ins Visier
Gegen die VW-Tochter Audi ermittelt im Dieselskandal die Münchner Staatsanwaltschaft. Anfang Juli war erstmals in Deutschland ein Ex-Manager festgenommen worden – wegen des Verdachts des Betrugs und der unlauteren Werbung. Zu den möglichen Folgen des Kartellverdachts gegen die fünf Autohersteller für die Ermittler in München äußerte sich die Behörde nicht.
Die Linkspartei nimmt nach den Vorwürfen Verkehrsminister Alexander Dobrindt ins Visier. Dobrindt und die Politik insgesamt müssten ihre Möglichkeiten zur Aufklärung nutzen, sagte Linken-Wirtschaftspolitiker Klaus Ernst am Montag im Deutschlandfunk. „Der Minister ist ja nun zuständig für das Wohlergehen der Bürger und nicht der Autokonzerne.“ Der CSU-Politiker habe schon beim Diesel-Skandal versagt. „Da ist es auch an der Zeit, dass Herr Dobrindt darüber nachdenkt, ob er da der richtige ist.“
Ernst beklagt, die deutsche Autoindustrie sei offenbar mit ihren vielfältigen Skandalen dabei, ihr eigenes Grab zu schaufeln. Wenn sich die erhobenen Vorwürfe rechtswidriger Absprachen bewahrheiteten, müsse das in Vorständen und Aufsichtsräten der beteiligten Firmen Konsequenzen haben. Wenn es Rechtsverletzungen von Managern gegeben habe, „dann sind Vorstände dran“. Auch müsse geprüft werden, ob die Aufsichtsräte ihren Aufgaben nachgekommen seien.
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