Modernisierung der Berliner Verwaltung: Erlebnisort Bürgeramt

Check-in wie am Flughafen, Dokumentenausgabebox und ein Getränkeautomat: In Kreuzberg ist das Pilotprojekt „Bürgeramt der Zukunft“ gestartet.

Behördenstempel mit der Aufschrift "Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin"

Noch heißt es auch im Ausbildungsbürgeramt Friedrichshain-Kreuzberg: Nicht ohne meine Stempel Foto: Florian Boillot

BERLIN taz | Dienstleistungen wie das Abholen von Ausweisdokumenten sollen in Bürgerämtern künftig nicht nur „schnell, unkompliziert und modern“ über die Bühne gehen. Durch die „digitale Unterstützung einiger Teilprozesse“ soll den Ber­li­ne­r:in­nen auch „ein neues Beantragungs- und Abholerlebnis ermöglicht werden“. Das jedenfalls ist das erklärte Ziel des am Dienstag in Kreuzberg vorgestellten Pilotprojekts „Bürgeramt der Zukunft“.

„Meines Erachtens müssen wir zusehen in Berlin, dass wir die Bürgerämter nutzerfreundlicher aufstellen“, verkündet bei der Gelegenheit Martina Klement, die neue Staatssekretärin für Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung in der Senatskanzlei, eine Selbstverständlichkeit, an der sich die Hauptstadt schon seit Jahren erfolglos versucht.

Mit dem „Bürgeramt der Zukunft“ soll das anders werden, wobei sich das auf vier Jahre angelegte Projekt faktisch nur auf das kleine Ausbildungsbürgeramt von Friedrichshain-Kreuzberg an der Schlesischen Straße beschränkt. Aber, so Klement: „Maßnahmen, die sich hier bewähren, sollen flächendeckend ausgerollt werden“ – also in allen 44 Bürgerämtern Berlins verfügbar sein.

Konkret will man im Rahmen des Projekts unter anderem ein digitales „Self-Check-in“ für die Anmeldung einführen, ähnlich wie am Flughafen. „Dort, wo wir das bereits getestet haben, haben wir zehn Prozent mehr Termine am Tag geschafft“, hängt Friedrichshain-Kreuzbergs zuständiger Stadtrat Oliver Nöll (Linke) die Messlatte hoch.

Schöne, neue Digitalwelt

Überhaupt soll alles digitaler werden. Biometrische Passfotos sollen kostenfrei bei den Mit­ar­bei­te­r:in­nen am Platz gemacht werden, an einer „kontaktlosen Dokumentenausgabebox“ kann man sich später seinen Ausweis oder Pass auch außerhalb der Öffnungszeiten abholen.

Damit nicht genug: Im Bürgeramt an der Schlesischen Straße soll es demnächst bahnbrechenderweise zudem „stabiles und schnelles“ WLAN, einen Warteraum „mit modernen Sitzmöbeln“ und einen Getränkeautomaten geben. Wichtig sei eben auch, „wenn man denn warten muss, dass das dann zumindest ein angenehmes Erlebnis ist“, sagt Stadtrat Nöll.

Ähnlich optimistisch gibt sich Staatssekretärin Martina Klement. Der Probelauf in Friedrichshain-Kreuzberg sei „ein gutes Beispiel dafür, wie wir Berlin und seine Verwaltung jeden Tag ein bisschen besser machen“, wiederholt Klement jenen Satz, den man so oder so ähnlich auch von ihrem Chef, dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU), schon unzählige Male gehört hat.

Nun ist die Arbeit der Berliner Bürgerämter ein steter Quell der Aufregung. Termine sind bekanntermaßen Mangelware. Wer rasch etwas erledigen muss, sollte zum einen früh aufstehen, um einen tagesaktuell freigeschalteten Termin zu ergattern. Zum anderen sollte man zeitlich außerordentlich flexibel sein und sich im Zweifel darauf einstellen, in ein Bürgeramt am anderen Ende der Stadt zu reisen.

Schwarz-rote Hoffnungen auf das 14-Tage-Ziel

Seit Jahren schon arbeiten sich die verschiedenen Landesregierungen an dem Versprechen ab, dass Bürgeramtstermine künftig innerhalb von höchstens 14 Tagen zu bekommen sind. Schwarz-Rot macht da keine Ausnahme. „Wir werden das in diesem Jahr schaffen, das 14-Tages-Ziel zu erreichen“, hatte Senatschef Kai Wegner erst kürzlich im Deutschlandfunk erklärt.

Allein, seine Staatssekretärin Martina Klement, die sich offiziell mit dem schmissigen Titel Chief Digital Officer schmücken darf, bremst am Dienstag durchaus die Erwartungen. Auf Nachfrage, ob auch sie glaubt, dass es in diesem Jahr noch etwas wird mit dem 14-Tages-Ziel, sagt Klement zur taz kurz und knapp: „Ich hoffe. Aber es kann ja auch etwas dazwischenkommen, zum Beispiel die Wiederholung der Bundestagswahl.“ Im Klartext: Auch jetzt könnte sich der Plan als vorerst mal wieder undurchführbar erweisen.

Eine „Mega-Aufgabe“ hatte Klement die Modernisierung und Digitalisierung der hauptstädtischen Verwaltung genannt, als sie im Mai ihr Amt in der Senatskanzlei antrat. Der Regierende Bürgermeister Wegner geizte dabei nicht mit Vorschusslorbeeren. Die 42-Jährige sei eine „absolute Fachfrau“, die viel Erfahrung mitbringe.

Klement hatte vor ihrem Wechsel in den Senat zwar lediglich viele Jahre das Büro des Parlamentarischen Geschäftsführers der CSU-Landesgruppe im Bundestag geleitet. Aber sei’s drum. Nun ist die CSU-Frau oberste Verwaltungsmodernisiererin einer Fast-3,8-Millionen-Stadt. Und eine ihrer ersten Mega-Aufgaben ist nun mal ein Getränkeautomat im Ausbildungsbürgeramt Friedrichshain-Kreuzberg.

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