piwik no script img

Modernisierte KinderbücherGanz gewöhnliche Korrekturen

Über nachträgliche Änderungen an Kinderbüchern ist ein erbitterter Streit entbrannt. Dabei sind solche Eingriffe keine Ausnahme, sondern weithin üblich.

Kinder lesen ganz unbemerkt schon immer modernisierte Versionen der Klassiker. Bild: dpa

Wer weiß noch, was das Wort „Gevatter“ bedeutet oder was eine „Muhme“ ist? Wem ist bekannt, dass „Dirne“ früher ein gebräuchliches Wort für ein junges Mädchen war – so wie „Weib“ für „Frau“? Und haben solche Wörter in Kinderbüchern von heute Sinn?

Seit die taz vor vier Wochen darüber berichtet hat, dass aus der Neuauflage der „Kleinen Hexe“ von Otfried Preußler der Ausdruck „Neger“ gestrichen werden soll, tobt ein heftiger Streit. Die Sprachschützer gehen auf die Barrikaden, pochen auf Werktreue und wollen das Wort unter Artenschutz stellen. Vor allem schwarze Deutsche fühlen sich dadurch diskriminiert.

Auch die Kinderbuchautoren sind gespalten. Die 76-jährige Kinderbuchautorin Christine Nöstlinger hält das politisch korrekte Umschreiben von Kinderbuchklassikern für „Unfug“. „In Erwachsenenliteratur würde man nie so reinpfuschen“, zürnte die in Wien lebende Schriftstellerin und Schöpferin der „Geschichten vom Franz“ im Berliner Tagesspiegel. Ihr Kollege Paul Maar, Schöpfer des „Sams“, findet die Streichung des N-Worts aus der „Kleinen Hexe“ und „Pippi Langstrumpf“ dagegen richtig. „Manchmal geht mir die Political Correctness wirklich sehr viel zu weit“, gestand aber auch er im Deutschlandfunk.

Sich mit den Änderungen dazuhalten

Der Streit dreht sich vor allem um das N-Wort. Der Thienemann Verlag, in dem das Kinderbuch erscheint, will in Absprache mit dem Autor auch andere altmodische Worte wie „verbläuen“ (für verhauen) und „sich dazuhalten“ (für sich beeilen) aus den 50er Jahren durch neue, zeitgemäße Ausdrücke ersetzen. Diese Korrekturen gehen jedoch fast völlig unter. Und auch die Tatsache, dass die Änderung von Handlung, Sprache oder einzelnen Wörtern in Kinder- und Jugendbüchern eher die Regel als die Ausnahme ist.

Grimms Märchen dürfte wohl kaum jemand seinen Kindern im Original vorlesen. Viele bevorzugen da wohl etwa die Disney-Adaptionen. Auch andere berühmte Geschichten liegen hauptsächlich in gekürzten und vereinfachten Ausgaben fürs Kinderzimmer vor.

Daniel Defoes Roman „Robinson Crusoe“, der 1719 erschien, wurde bereits kurz nach Erscheinen auf einen Abenteuerroman reduziert. Gleiches gilt für „Gullivers Reisen“ des irischen Autors Jonathan Swift von 1726. Allseits bekannt sind davon nur die ersten beiden Teile, seine Reisen ins Land der Riesen und in das der Liliputaner. Die Geschichte von „Oliver Twist“ ist den meisten wohl als Musical oder Kinderfilm bekannt. In späteren Auflagen hat Charles Dickens selbst die antisemitischen Untertöne der Story, die von 1837 bis 1839 erstmals als Zeitschriftenserie erschien, abgemildert, aus späteren Ausgaben und den Verfilmungen wurden sie meist ganz getilgt. Dabei spielt der jüdische Hehler Fagin, der den Waisenjungen zum Dieb ausbildet, im Buch eine tragende Rolle.

Pippi mehrfach korrigiert

Das wirft die Frage auf: Was macht ein Kinderbuch zum zeitlosen Kunstwerk? Ist es die packende Geschichte, die spannende Sprache – oder die Aura des Originals? Das ist keine rein deutsche Diskussion. Aus den englischen Übersetzungen von „Pippi Langstrumpf“ wurde schon in den fünfziger Jahren das Wort „negro“ gestrichen, oder es wurde ersetzt. Die deutsche Fassung wiederum wurde zwischen 1986 und 1996 überarbeitet, um sie dem schwedischen Original wieder anzunähern. Dabei erhielt der Bruder von Annika seinen ursprünglichen Namen „Tommy“ zurück. 1949 hatte man ihn in Deutschland auf „Thomas“ getauft, um Assoziationen mit der damaligen britischen Besatzungsmacht zu vermeiden. Briten wurden damals „Tommy“ genannt. Im schwedischen Original heißt „Michel aus Lönneberga“ übrigens Emil. Dieser Name war in Deutschland allerdings schon belegt: durch „Emil und die Detektive“ von Erich Kästner.

Dessen Bücher werden heute noch immer in der Urfassung verlegt. „Man merkt den Büchern von Erich Kästner natürlich an, dass sie nicht im Jahr 2013 geschrieben worden sind“, sagt Frauke Wedler-Zinn vom Dressler Verlag in Hamburg, in dem die Bücher von Erich Kästner erscheinen. „Kinder können erkennen, dass das nicht die Welt ist, die sie umgibt“, glaubt sie. „Wenn sie mit Doktor Doolittle um die Welt reisen, dann ist das eine andere Welt, als wenn sie mit TUI reisen“.

Bei Neuauflagen stellt der Verlag im Zweifelsfall Anmerkungen voran. So heißt es in einer 2012 zur Verfilmung von „Huckleberry Finn“ erschienen Ausgabe: „Die Verwendung der Bezeichnung „Neger“ ist in diesem Buch allein der Originaltreue geschuldet. Eine Herabsetzung ist in keiner Weise intendiert.“

Gängige Praxis

Beim Stuttgarter Thienemann Verlag möchte man sich nach dem Wirbel um „Die kleine Hexe“ am liebsten gar nicht mehr zu dem Thema äußern. „Nachträgliche Änderungen sind im Literaturbetrieb gängige Praxis“, gibt die Thienemann-Sprecherin Svea Unbehaun allerdings zu bedenken. „Das ist meistens nicht so aufgefallen, weil sie oft nicht als so tiefgreifend empfunden wurden.“

Sie nennt ein Beispiel: „Michael Ende hat noch zu seinen Lebzeiten das Land „China“ in seinen Jim-Knopf-Büchern in das fiktive Land „Mandala“ umbenannt, weil er sich mit dem realen System in China nicht identifizieren konnte. Ihm schienen Änderungen im Nachhinein nötig, weil sich die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse verändert hatten.“

Jede Änderung setze aber das Einverständnis der Autoren, Nachkommen oder Rechteinhaber voraus – im Fall der „Kleinen Hexe“ und des „Kleinen Wassermanns“ sei die Vorschlagsliste von der Familie Otfried Preußlers gekommen. Im „Kleinen Wassermann“ sollen Ausdrücke wie „Wäsche schweifen“ (in Seifenlauge spülen) und „ausbrühen“ (mit heißem Wasser ausspülen) ersetzt werden. Die meisten Eltern können sie ihren Kindern gar nicht erklären, weil sie sie selbst nicht mehr kennen.

Bei der Neuauflage von Preußlers „Räuber Hotzenplotz“-Trilogie, die letztes Jahr erschien, gab es hingegen keine Änderungen. Auch bei „Jim Knopf“ sei das nicht geplant. „Da würde es aus inhaltlichen Gründen keinen Sinn machen“, meint Svea Unbehaun vom Thienemann Verlag. „Herr Ärmel ist ein altkluger Besserwisser. Seine wörtliche Rede charakterisiert ihn, sodass es die Ironie der Szene zerstören würde, wenn man die Stelle, in der er Jim Knopf als ’kleinen Neger‘ bezeichnet, streichen würde.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

32 Kommentare

 / 
  • Hier scheiden sich die Geister: Die einen möchten Sprachdenkmäler bewahren und sich und den Kindern die Erfahrung schenken, der Stimme und dem Denken früherer Epochen zu begegnen.

    Die anderen sind beseelt vom Furor einer heutigen Idee, vergleichbar mit den Bilderstürmern im oströmischen Reich, die die Gnade Gottes durch die Vernichtung von Ikonen zu erreichen suchten, sie glaubten, dass damit auch der Staat wieder erfolgreich seine Feinde abwehren würde - aber das versteht man natürlich nur, wenn man schon einmal das Denken anderer Zeiten zur Kenntnis genommen hat. Der Eiferer lebt ganz im Gefühl seiner Wahrheit. Rette sich wer kann!

  • KK
    Karl K

    Leserbrief Lieselotte Jürgensen, Bargteheide - heute-

    Danke.

     

    Ja Bargteheide; verachtet mir die Geest nicht; da weiß man noch, wie die Wurst gebacken wird:

     

    "Im Rahmen des Hamburger Aufstandes der KPD wird am 23. Oktober 1923 der Bürgervorsteher festgesetzt und eine „Sowjetrepublik Stormarn“ ausgerufen."

    Hat - wie man lesen kann seine Spuren hinterlassen,

    blieb aber auch nur einmal ein Märchen - von einem Tag.

  • KK
    Karl K

    Lost in translation? - oder die mailmottenplage? 2.0

     

    Is ja rein ton katolsch warrn!

     

    Es geht doch nicht darum, ob Tür und Tor noch mit "h" geschrieben, oder ein Erzählung/Märchen etc fortgeschrieben oder aus "Weib" - "Frau" wird.

     

    Es geht um das, was man früher mal "ad usum delphini" - für den Jugend/Schüler-Gebrauch nannte.

    Da wurde die Geschichte vereinfacht, vor allem aber die deftigen Stellen eleminiert.

    Erwachsene lesen solchenfalls die Reader-Digest-Fassung.

    Dank meiner Eltern wurde ich - wie dann auch meine Kinder und Enkel - zu Hause solchem Bildungsterror nie ausgesetzt.

     

    Genau dort - bei diesen kastrierten Fassungen - aber "wendet sich der Gast mit Grausen".

    Wenn Sie wirklich meinen, sie sollten ihren Kindern eine Disney-Fassung vorlesen, ist das ja ihr Bier.

    Wenn Sie etwas Gefühl für Sprachrhythmik haben - laut vorlesen hilft - werden Sie merken, daß die meisten dieser Light-Versionen die reine Kakophonie sind. Die Sprachmelodie von z.B. von märchenhaftem Flüstern und Singen zu billigem square-arschwackler verkommen ist.

     

    Hier geht es aber vorrangig um den elenden pietistisch-angehauchten Hang zum Purgatorium.

    Wenn ein Verlag in Abstimmung mit dem Autor Änderungen vornimmt - so what?

    Von "Die Rote " von Alfred Andersch gibt es, wenn ich´s recht weiß, drei Versionen.

     

    Aber diese hinter jedem - irgendeiner selbsternannten Blockwartschar aufstoßenden Begriff - herhechelnden Journaille ist einfach nur lächerlich.

    Und genau das meint Paul Maar; dessen Sams ja eine taz-Kolumnistin - offensichtlich bar jeder Kenne - schon im Archiv korrekt entsorgt wähnt; wie die Augsburger Puppenkiste!

    Wie peinlich ist das denn!

    Einfach mal den Rand halten. Danke.

  • B
    Berit

    Freut mich, das bei der Taz das N-Wort jetzt zumindest seltener ausgeschrieben wird. Schade nur, das der Verlag in Jim Knopf noch eine Entschuldligung für die Verwendung des N-Wort gefunden wurde. Ich denke nicht, das es unmöglich ist, diese Stelle umzuschreiben oder zu streiche., Allerdings: Manche Bücher werden auch durch die Streichung einzelner Wort nicht gut, Jim Knopf gehört dazu, ebenso Dr. Dolittle. Bei Dr. Dolittle könnte evl das Streichen einzelner Passagen reichen, bei Jim Knopf (genau wie bei "Der Löwe ist los") reicht das nicht. Das ein inhaltlicher Fehler bezüglich der sprachlichen Verortung der Grimm´schen Märchen unterlaufen ist, ist bedauerlich, da dies den Artikel schwächt.

  • C
    Chabar

    "weißkraut" schrieb: ""weiße" vorherrschaft. ansonsten wäre die diskussion nicht so emotional. weiße wollen über "ihre" kinderbücher selbst bestimmen, auch wenn dadurch nicht-weiße beleidigt, diskriminiert und verletzt werden.lieber ausschluss als einsicht. alles wie gehabt"

     

    Unsinn. Deine pauschale Einteilung in "Weiße" und "Nicht-Weiße" ist schon proto-rassistisch. Außerdem ist die größte Mehrheit der Leute, die die Kinderbücher bereinigen wollen, doch auch weiß. Die Lektoren und Redakteure dieser Kinderbuchverlage sind doch nicht alles Farbige.

     

    Und warum sollte ich als Farbiger dadurch "diskriminiert" werden (das Wort bedeutet übrigens ursprünglich "unterscheiden/unterteilen"), nur wenn in nem Kinderbuch "Neger" auftaucht?

    Warum werde ICH dadurch verletzt oder beleidigt?

    Noch dazu, wenn in keinem dieser Fälle mit "Neger" automatisch negative Konnotationen verbunden sind?

     

    Und spätestens wenn du mal mit einem weißen Freund in Subsahara-Afrika warst, wirst du feststellen, dass diese angebliche Form von "Rassismus" dort von den Landsleuten gegenüber Weißen ganz genauso praktiziert wird und daher mitnichten eine Erfindung des "bösen mächtigen weißen Mannes" ist.

     

    Was würden selbsternannten Sprach-Hygieniker sagen, wenn z.B. die Lamnso in Kamerun in ihren tradierten Erzählungen das Wort "kimbang" (heißt "Typ mit weißem Gesicht") streichen würden, weil es nicht politisch korrekt ist. Das wäre sowas von absurd...

     

    Abgesehen davon, dass es bei den diskutierten Fällen um fiktive (!!) Personen in Erzählungen geht.

  • MD
    Martin D.

    Jetzt muß ich mal dem Autor rechtgeben. Die Grimms haben die Märchen nur aufgeschrieben, diese Märchen sind viel älter als die beiden und somit gibt es sie sicherlich auch in älteren Fassungen.

     

    Trotzdem noch ein Beispiel: Das Buch "Der Herr der Ringe" gibt es in einer alten Übersetzung und in einer modernen, letztere wurde verissen, nur die alte enthält die Zauber von Tolkiens Sprache.

     

    Mir geht es auf den S*ck, wenn sich z.B. immer mehr dämliche Anglizismen einschleichen. Irgendwann wird dann in den Büchern das "Sinn haben" durch "Sinn machen" ersetzt. Dann setzt sich die Dummheit endgültig durch.

  • DW
    Damian W K

    "...sondern weithin üblich."

    das ist xenophobie "gewoehnlich" auch.

     

    zudem zeigt es doch eher wie die erwachsenen-gesellschaft immer sehr schnell reagiert um ihre kinder auf den aktuellen zeitgeist gleich welcher coloer neu zu 'programmieren'.

     

    und gerade die verpassen den zeitgeist selbst

    wie zum beispiel auch bei "schwuchtel".

    hat meist nichts mit homophobie zu tun, gleichwohl fuehlen sich einige diskriminiert andere berufen

    dagegen einzuschreiten.

     

    South Park hat sowohl zu diesem ("The F Word", S13E12) als auch eins zum "Neger" ("Chef Goes Nanners", S04E07) gemacht.

     

    gutmenschen sollten sich vor der eigenen absolution das erst mal anschauen.

  • G
    Griselda

    Philister, Schulmeister, Wichtigkasper!

     

    Bei mir stehen die Originale schön sicher im Bücherschrank.

    Ich glaube absolut an ihren Wert.

    Die Idee der Ausmerzung unbeliebter Worte ist unsäglich dumm.

     

     

    Mit freundlichen Grüßen

  • J
    Jannes

    Ich selber habe Grimms Märchen noch in der Originalfassung aus einem dicken alten Buch vorgelesen bekommen und die etwas seltsame Ausdrucksweise hat bei mir nur das Gefühl ausgelöst in einer noch abenteuerlichen und seltsameren Welt zu sein. Durch eine Anpassung der Sprache würde denke ich ein Großteil der Magie verloren gehen. Und auch in Büchern wie Jim Knopf in denen das "N-Wort" benutzt wird denke ich sollte nicht exzessiv korrigiert werden, da auch für ein Kind erkennbar ist dass dort keine Abwertung stattfindet.

  • MS
    Marcus Seibert

    Lieber Daniel Bax,

     

    gerade Grimms Märchen – ich meine, heute früh in der gedruckten Ausgabe etwas von einer "mittelhochdeutschen" Originalfassung gelesen zu haben, was natürlich Unsinn ist – sind ein Paradebeispiel für die vollständige Unwägbarkeit eines literarischen Originals. Die romantische Originalitätsfiktion der angeblich mündlich überlieferten oder aus alter Zeit geretteten Märchen half zwar, diese Sammlung gleich als kanonisch zu etablieren, entspricht aber, wie man heute weiß, keineswegs den Tatsachen. Viele der Märchen wurden zeitgenössischen Romanen entlehnt, einige erfunden und nur manche nach mündlicher Wiedergabe aufgeschrieben und auch in dieser Fixierung manchmal recht freizügig umgestaltet. Schon die zweite Auflage musste, weil der Text als nicht "kindgerecht" galt noch einmal umgeschrieben werden. Volkstümliche Wendungen und Mundart kamen hinzu, teils wurde schlicht der Plot noch einmal verändert. Aber wo ist hier das Original? Handschrift? Erstauflage? Ausgabe letzter Hand?

     

    Grüße

     

    Marcus Seibert

  • F
    FMH

    Warum keine Fußnoten? Beim Vorlesen hilft das eine Menge und auch Erstleser sollten schon damit umgehen lernen, wenn es nicht all zu schwierig gemacht ist.

  • S
    sigibold

    lassen wir mal den politisch unkorrekten Neger hier weg, darüber haben sich scon Andere hier genügend echauffiert.

    ich finde es ausgesprochen schade, dass die alten Worte aus den Märchen verschwinden. Vielleicht noch verständlich bei der Dirne, wo eine unglückliche Sinnverschiebung aufgetreten ist, sind doch Worte wie Gevatter und Muhme sind wunderbare Märchenwörter. Gevatter Tod! Der Ausdruck beinhaltet für mich das leichte Gruseln aus der Kindheit beim Lesen der Geschichten. Wie wollt ihr das umschreiben? Pate Tod? Da denkt doch jeder zuerst an die Mafia!? Und Muhme. Was ist das für ein herrliches altes Wort für Tante. Warum wollt ihr den Kindern diese Worte rauben. Heutzutage findet sie jeder bei Wickipedia. Fügt eine Begriffsseite der alten Worte in die Märchenbücher ein. Das wäre die wirklich gute Lösung.

  • S
    Schandmaul

    Wann wird denn Hitlers "Mein Kampf" endlich umgeschrieben ?

     

    Das traut man sich ja bald keinem Kind mehr vorzulesen ;-)

  • BG
    Bernd G.

    Fall A)

    Das Abändern von Worten in Büchern aus politischen Motiven ("political corectness")

     

    Fall B)

    Das Abändern von Worten, die der ungebildete RTL-Ronny noch nie gehört hat.

     

    Wenn man mit Fall A weiter macht kann es sein, dass als nächstes Homer Simpson in einem Solarkraftwerk arbeiten muss, weil das viel vorbildhafter ist. Erwachsene sind erwachsen und können Worte selbstständig einordnen (Der politisch aufgeklärte Bürger!) und Kindern kann man beim Vorlesen durchaus erklären, dass das 'Neger' ein alter Begriff ist, den man heute nicht mehr benutzt. Eigentlich sogar die ideale Umgebung für ein Kind mit solchen Wörtern konfrontiert zu werden. Früher oder später wird jedes Kind jedes 'böse Wort' zuverlässig finden, alleine um die Eltern zu ärgern. Man muss halt auf die Frage 'Papi, was ist ein Neger?' einfach nur eine Antwort parat haben. Und liebe schwarze Mitbürger: Sich über 50 Jahre alte Bücher aufzuregen macht weder die Gegenwart toleranter noch vergangenes Unrecht ungeschehen.

  • TS
    Thomas Sch.

    Die großen Zauberworte sind: zeitgemäß, bzw. zeitlos. Mit diesen Zauberworten kann man behaupten, etwas wäre nicht mehr "zeitgemäß", bzw. eine gewisse Bezeichnung wäre doch "zeitlos". Wer sich dazu aufschwingt, darüber zu entscheiden, macht etwas, was früher beispielweise der Reichskulturkammer oblag. Schon mal gehört ? Üble Behörde. Die haben sich auch so den ganzen Kram eingedeutscht, wie sie das so eben gern hatten. Gab´s in der Nachfolge auch in der DDR und im Übrigen in jeder noch so fernen oder nahen Diktatur auf diesem schönen Planeten. Mit den Bezeichnungen fängt es immer an.

  • I
    Ichschmeissmichweg

    1. Die Vergleiche zu Filmen hinken, denn die meisten Verfilmungen haben (bis auf den Namen) meist wenig mit dem Buch zu tun.

    2. Alte Wörter: "Die meisten Eltern können sie ihren Kindern gar nicht erklären, weil sie sie selbst nicht mehr kennen." Das ist natürlich ein Grund, lieber neue Wörter zu nehmen. Bloß nichts dazulernen. Sprachgebrauch und ein umfangreicher Wortschatz haben in Zeiten von Symbolen und Piktogrammen eh keinen Sinn mehr... Mannomann...

    3. Wenn ein Autor sein Werk selbst ändert, ist das m. E. sein gutes Recht. Wer aber hat das Recht, wenn der Verfasser nicht mehr lebt? Wer entscheidet, welches Wort "gut" ist und welches nicht?

    4. Wenn "kleine" Änderungen bisher nicht zu Debatten geführt haben, liegt es daran, daß wohl die Wenigsten alles paar Jahre ein und dasselbe Buch neu kaufen...

    5. Darf man "schwarze Deutsche" schreiben? Ist die Hautfarbe überhaupt von Belang?

  • D
    daswois

    Seltsam,

    die Schreiber des Landes und die Kinder erreichen wollen, sich ausser Stande sehen mit sowas umzugehen.

    Wenn einer von denen mag, kann er/sie sich ja in Zukunft so rufen lassen.

    Selbst wenn denen klar sein sollte dass sie Begriffe aus dem Programm nähmen die niemand mehr künnte dann isses doch klar dass sei dem Grund geschüldet , dass jemand der sie läse sie verwand und nicht verstanden sey.

    Die Zunft entäuscht grad ziemlich.

     

    Schreiberlinge !

  • PN
    Peter Nathschläger

    Ich bin aus mehreren gründen gegen die Überarbeitung und Modernisierung von Büchern: Zum einen ist da die Werktreue und damit der Gedanke, dass sich der Verfasser des Originals schon etwas gedacht haben wird, als er den Text so schrieb, wie er nun da steht. Ändert der Schriftsteller später selbst seinen Text, dann ist das auch in Ordnung.

     

    Ein anderer Grund, warum man Neuauflagen von Büchern am ehesten noch kommentieren, nicht aber umschreiben soll ist, dass die Bücher auch eine Rolle spielen als Zeitzeugen der Lebensumstände, in denen der Verfasser lebte, als er seine Geschichte niederschrieb. Bücher tragen auch immer den geschichtlichen Ruch ihrer Entstehungszeit mit sich, und das macht sie eben zu Zeitzeugen. Es hilft nichts für die Weiterentwicklung der Zivilisation, wenn man durch streichende Eingriffe Bücher dem Geist der Zeit anpasst. Vielmehr sollte man damit umgehen lernen, dass es Zeiten gab, in denen man seine Mitmenschen sehr oft und mit viel Vehemenz, mit Zynismus und Ironie "niederkonnotierte". Ich glaube fest daran, dass es ein wesentlicher Teil unseres kulturellen Stolzes und unserer kulturellen Identität sein muss, dass wir die soziale/kulturelle Vergangenheit als das anerkennen, was sie war, daraus lernen und in Hinkunft besser machen. Zumindest versuchen, besser zu machen. Ja, früher sagte man Neger, und das tat man, weil man nicht wusste, dass man Menschen damit beleidigt. heute wissen wir das, und wir benutzen dieses Wort auch nicht mehr. Wir haben uns weiterentwickelt, und darauf können wir alle stolz sein.

     

    Die Vergangenheit zu verklären und zu verschleiern, in dem man ihr die Zähne zieht, ist keine Weiterentwicklung sondern bestenfalls Kosmetik.

  • C
    Chabar

    Ich verstehe immer noch nicht, warum ich mich als Schwarzer davon "diskriminiert" fühlen sollte, wenn in einem Kinderbuch das Wort "Neger" auftaucht.

     

    Offensichtlich ist es in dem verwendeten Zusammenhang nicht pejorativ gemeint, also warum sollte ich das so auffassen?

    Noch dazu, wo es gar nicht um mich geht, sondern um eine fiktive Figur in einer Erzählung?

     

    Und ich kenne mindestens genausoviele Farbige, die diese Diskriminierungs-Panik für Blödsinn halten, wie hier in der taz Leute zu Wort kommen, die sich davon furchtbar beleidigt fühlen.

  • I
    ion

    Die aus welchen Gründen auch immer umgeschriebene, also immer auch zensierte Kopie der Kopie der Kopie des Originals enthält gegen Null Informationen (im Vergleich zum Original!) – ist also bestenfalls eine Urheberrechtsverletzung (am Autor(!), nicht der so genannten Rechte-Inhaber, -Erben-Erben; Aber die sollten, so es sie dazu drängt, vielleicht lieber selber etwas verfassen, etwas Eigenes, z.B. ein Jodeldiplom).

    Denis Scheck hat Recht!

     

    "Die meisten Eltern können sie ihren Kindern gar nicht erklären, weil sie sie selbst nicht mehr kennen.";

    Dann ist ’s offenbar höchste Zeit, dass die ihren aktuellen Lebensratgeber oder Bedienungsanweisung für ’s neueste SmartPhone aus der Hand legen und sich mit Literatur, Sprache, Etymologie, etc. befassen; In allen anderen Lebenssituationen wähnen sie sich ja wohl auch kompetent, ihren ‘Kopien’ die Welt zu erklären.

  • MD
    Martin D.

    auch kinderbücher sind literatur, zeitzeugnisse, kunst. werden bilder übermalt? werden auch im "zauberberg" wörter ersetzt? müßte nicht auch "mein kampf" zeitgemäß umgeschrieben werden?

     

    begehen diese sittenwächter nicht eine kleine bücherverbrennung in ihrem anpassungswahn?

     

    wer sich an wörtern in alten büchern stört, der braucht sie ja nicht lesen, es gibt genug neue kinderbücher ... aber moment mal: wenn in einem buch von 2002 ein handy vorkommt, muß das dann nicht in ein smartphone übersetzt werden? welches kind weiß denn heute noch, was ein handy ist? also ran, ihr eifrigen sprachpolizisten, es gibt viel zu tun!

  • M
    Matthias

    Wenn der Autor noch zu Lebzeiten die Änderungen selbst einbaut, ist das völlig OK. Generell fände ich wünschenswert, nachträgliche Änderungen, wenn man sie schon unbedingt macht, zumindest irgendwie in einem Nachtrag hinten im Buch zu dokumentieren anstatt stillschweigend von Auflage zu Auflage scheibchenweise das Werk zu "renovieren". Viele, stetige kommentarlose kleine Änderungen gehen in der Summe schon ein bißchen in die Richtung der Geschichtsfälscherei in Orwells 1984, gerade weil man sie normalerweise nicht bemerkt, und führen zu Irritationen bei Leuten, die noch alte Versionen kennen und sich über die kleinen Abweichungen wundern...

     

    Neben den direkt Betroffenen solcher Diskriminierungen und den Befürwortern entsprechender Anpassungen gibt es übrigens (oft gerade aus den Kreisen der mutmaßlichen Betroffenen) reichlich Menschen, die sich über unsere manchmal übers Ziel hinausschießende Political Correctness eher amüsieren.

  • J
    Jasmin

    Durch so eine Bevormundung erreicht man nur, dass Kinder selbst weniger kritisch Inhalte hinterfragen. Kindern muss beigebracht werden, dass nicht alles was sie aufgetischt bekommen moralisch korrekt ist anstelle Zensur auszuueben.

  • F
    Feinfinger

    „Da würde es aus inhaltlichen Gründen keinen Sinn machen“, meint Svea Unbehaun vom Thienemann Verlag

     

    Dear Mrs. Unbehaun,

    in German language your phrase is senseless because one is not able to produce sense. Things could be reasonable or have sense. Nobody is a able to produce sense like bread or chairs.

    Kind regards

    Feinfinger

  • SQ
    Scream Queen

    Grimms Märchen "im mittelhochdeutschen Original"? Das soll wohl ein Witz sein? Die erste Ausgabe der "Kinder- und Hausmärchen" erschien 1812, die letzte (zu Grimms Lebzeiten) 1858. Da war das Mittelhochdeutsche bereits seit ziemlich genau 500 Jahren passé.

  • P
    petronius

    tja, hr. bax - jetzt weiß ich leider immer noch nicht, welchen begriff ich denn anstelle des "n-worts" zu verwenden habe, wenn ich rein deskriptiv aussagen möchte, daß jemand in einer bestimmten art pigmentiert ist

     

    ansonsten aber habe ich (bezugnehmend auf die titelseite) gelernt, daß die geschichte vom schlaraffenland dringend um- bzw. neu geschrieben werden muß. denn welches kind kann denn noch was damit anfangen, semmeln in milch einzubrocken?

     

    da müssen schon schokopops her...

     

    und überhaupt, den kleinen hier süßes und fettiges (schweinebraten, bratwürste) als erstrebenswert hinzustellen, geht gar nicht. bitte sofort die gewässer auf sojamilch umschreiben und die hauswände auf vegane tofu-bratlinge

     

    da liegen die wahren probleme, hr. bax. nicht bei einem negerkönig, der auf einmal geografisch völlig unkottekt in die südsee verlegt werden soll (und war der nicht außerdem noch ungesund dick, wahrscheinlich eher vom schweinebraten als vom tofu-bratling?)

  • MM
    Markus Meiners

    Grimms Mädchen im "mittelhochdeutschen Original"?

    Das ist ja interessant! Ich wuste gar nicht, dass die Märchen-Brüder im Mittelalter gelebt haben

  • W
    weißkraut

    es ist gar nicht so verwunderlich, dieser streit: immerhin geht es um privilegien, definitionsmacht, "weiße" vorherrschaft. ansonsten wäre die diskussion nicht so emotional. weiße wollen über "ihre" kinderbücher selbst bestimmen, auch wenn dadurch nicht-weiße beleidigt, diskriminiert und verletzt werden.lieber ausschluss als einsicht. alles wie gehabt.

     

    hinter all den argumenten um "original", zensur oder "ausblenden" der realität steckt die angst der weißen deutschen, sich ihres eigenen tief liegenden rassismus anzunehmen. denn das tut weh, ist peinlich, unbequem - wer will schon rassist/in sein?

     

    ja, wir leben in einer rassistisch strukturierten gesellschaft, ja, wir alle haben diesen rassismus verinnerlicht. nicht, weil wir böse sind oder absichtlich dumm, sondern weil wir mit ihm aufgewachsen sind. und dazu gehörten auch die geschichten, die wir als kinder vorgelesen bekommen haben.

     

    habt ihr angst, dass eure kinder das n-wort nicht früh genug kennenlernen? denkt ihr, ohne dieses wort zu benutzen, werden sie unsensibel gegenüber dem alltäglichen rassismus, dessen opfer sie - sofern weiß - überhaupt nicht sind? keine angst, man kann auch in anderen kontexten mit kindern über machtverhältnisse sprechen. dafür braucht man keine diskriminierende sprache und schon gar keine beleidigenden kinderbücher.

     

    schauen wir hin: diejenigen, die sich am meisten aufregen, sind diejenigen, die sich am wenigsten mit dem thema auseinandergesetzt haben - und trotzdem alles besser wissen. schwarze stimmen? kaum zu lesen. wenn aber doch, eindeutig: dieses wort ist beleidigend und verletzend.

     

    was fällt daran so schwer, es einfach sein zu lassen? wenn das nicht schafft, nach reflektierter auseinandersetzung mit der thematik, seid ihr nicht mehr rassistinnen weil ihr es nicht anders gelernt habt, sondern weil ihr euch bewusst dazu entschieden habt!

  • M
    Minstrel

    "Grimms Märchen dürfte wohl kaum jemand seinen Kindern im mittelhochdeutschen Original vorlesen. "

     

    Das KÖNNTE vielleicht daran liegen, dass es gar kein mittelhochdeutsches Original gibt?

    Mittelhochdeutsch hat man nach Germanistenkonsens zwischen 1050 und 1350 A.D. gesprochen. Die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm haben ihre Märchensammlung aber erst Anfang des 19. Jahrhunderts zusammengestellt, und zwar indem sie MärchenerzählerInnen zuhörten. Ganz besonders einer, Dorothea Viehmann, deren Geburtsjahr 1755 aber auch starke Zweifel aufwirft, ob sie ihre Märchen in der Sprache des Hochmittelalters erzählt haben wird.

  • O
    omgey

    In einem Märchen sind solche Worte völlig ok. Da kann man sonst gleich staatlich abgesegnete Zusammenfassungen lesen wie bei "Rollerball".

  • CM
    Claus Melter

    Hallo,

    hier ein offener Brief gegen Rassismus in Kinderbüchern:

    http://afrotak.wordpress.com/2013/01/28/kinderbuchdebatte-das-n-wort-gegen-rassismus-in-medien-und-in-kinderbuchern-und-jugendbuchern-ein-offener-brief/

     

    um den historischen und politischen Kontext der Debatte mal darzustellen

  • J
    John

    "(...)Seine wörtliche Rede charakterisiert ihn, sodass es die Ironie der Szene zerstören würde, wenn man die Stelle, in der er Jim Knopf als ’kleinen Neger‘ bezeichnet, streichen würde.“"

     

    Wo ist das Problem? Man kann auch Dialoge umschreiben, es sind nur Buchstaben. Begriffe wie "Hexe" oder "Neger" haben in der heutigen Zeit einfach nichts mehr in der Literatur zu suchen. Ich bin zwar gegen Zensur, aber sollte verboten werden, solche Werke überhaupt noch verkaufen zu dürfen. Damit zieht man sich nur seine eigenen Rassisten hoch.