Mobilisierung gegen Handybauer: IG Metall will Nokia gerichtlich stoppen
Gewerkschaft will dem Konzern untersagen lassen, Aufträge von Bochum nach Rumänien zu verlagern. EU-Kommissar Verheugen stellt Subventionen infrage.
Den ersten Beschäftigten des von Schließung bedrohten Bochumer Nokia-Werkes liegt jetzt die Kündigung auf dem Tisch. Dabei handelt es sich um Leiharbeiter der Zeitarbeitsfirma Randstad. "Wir versuchen alles, um die Mitarbeiter in anderen Unternehmen unterzubringen", sagte eine Firmensprecherin. Insgesamt beschäftigt Randstad bei Nokia rund 550 Mitarbeiter. Auch bei der Leiharbeitsfirma Adecco, mit rund 500 Mitarbeiter in dem Nokia-Werk vertreten, stehen in den kommenden Tagen erste Kündigungen bevor, teilte eine Sprecherin mit.
Unterdessen hat der Bochumer Nokia-Betriebsrat für das vergangene Wochenende von der Werksleitung geplante zusätzliche Sonderschichten unterbunden. Außerdem versuchen Betriebsrat und IG Metall per einstweiliger Verfügung zu erwirken, dass durch die Geschäftsführung nicht bereits Aufträge von Bochum nach Ungarn umgeleitet werden. Damit solle verhindert werden, dass Nokia den laufenden Betrieb im Vorgriff auf Aufsichtsratsentscheidungen und Verhandlungen ausbluten lässt, erläuterte die Bochumer IG Metall-Bevollmächtigte Ulrike Kleinebrahm. Mit einer Gerichtsentscheidung wird für den kommenden Mittwoch gerechnet.
Gleichzeitig laufen die Vorbereitungen für die Großdemonstration auf Hochtouren, die am Dienstag um "fünf vor zwölf" am Werkstor von Nokia in der Meesmannstraße in Bochum beginnen soll. Die IG Metall erwartet inzwischen über 20.000 Teilnehmer. "Wir haben Anmeldungen aus der ganzen Republik", so Kleinebrahm. "Von dieser breiten Solidarität weit über Bochum hinaus sind wir mehr als überrascht", sagte die Gewerkschafterin der taz. Als Redner angekündigt ist neben IG Metall-Chef Berthold Huber und der Bochumer Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (alle SPD).
Seine Teilnahme an der Bochumer Demonstration kündigte auch Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine an. Er forderte neue Regeln für staatliche Subventionen. "Wenn ein Unternehmen wie Nokia in Bochum noch Gewinne erwirtschaftet und trotzdem einen Betrieb verlagert, sollten die erhaltenen Subventionen zurückgezahlt werden müssen", sagte Lafontaine. EU-Industriekommissar Günter Verheugen (SPD) forderte, den Fall Nokia zum Anlass zu nehmen, über die staatliche Subventionspolitik insgesamt nachzudenken. "Ich denke, es hat keinen Sinn, dass der Staat Subventionen zahlt, um Unternehmen anzulocken", sagte der Vizepräsident der EU-Kommission der Welt am Sonntag. Das Verhalten Nokias kritisierte Verheugen als "Ausfluss einer neuen Religion, die den Shareholder-Value vergöttert".
NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) warnte vor einem Ansehensverlust der Marktwirtschaft. "Das ist Gift für das Vertrauen", sagte er beim Neujahrsempfang der Landes-CDU am Samstag in Düsseldorf. Er appellierte erneut an Nokia, das Werk zu erhalten: "Die Mitarbeiter sind bereit, Veränderungen zu tragen und Verzicht zu üben."
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