Mixa will sein Amt zurück: Schlammschlacht unter Gottesmännern
Der frühere Bischof erwägt den Gang vor den päpstlichen Gerichtshof. Massiv attackiert er die Bischöfe Marx und Zollitsch. Der Vatikan schweigt zum angeblichen Rücktritt vom Rücktritt.

AUGSBURG/ROM dpa | Bischof Walter Mixa stellt seinen Rücktritt als Augsburger Oberhirte infrage. Er habe die Entscheidung unter großem Druck von außen getroffen, sagte Mixa der Tageszeitung Die Welt. Der Druck auf ihn sei "wie ein Fegefeuer" gewesen. "Ich wusste in den Tagen weder ein noch aus."
Massive Vorwürfe machte er dabei dem Münchner Erzbischof Reinhard Marx und dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Mixa erwägt deshalb, die Vorgänge um seinen Rücktritt vom päpstlichen Gerichtshof in Rom untersuchen zu lassen. Im Juli will er noch einmal mit Papst Benedikt XVI. persönlich über seinen Fall sprechen.
Er habe am 21. April eine bereits vorgefertigte Rücktrittserklärung unterschrieben. "Drei Tage später habe ich sie in einem Schreiben an den Papst widerrufen", sagte Mixa. Der Vatikan schwieg am Mittwoch zum angeblichen Rücktritt vom Rücktritt. "Dazu können wir nichts sagen", kommentierte ein Pressesprecher in Rom.
Der Augsburger Diözesanrats-Vorsitzende Helmut Mangold verwies darauf, dass Mixas Widerruf Papst Benedikt XVI. vorgelegen habe, aber bei dessen Annahme des Rücktrittsgesuchs am 8. Mai offenbar keine wesentliche Rolle gespielt habe. Deshalb dürfe der Rücktritt jetzt nicht wieder in Zweifel gezogen werden, sagte Mangold der Nachrichtenagentur dpa. In dieser Frage gebe es kein Zurück mehr, weil ansonsten die Autorität päpstlicher Entscheidungen beschädigt würde.
Mixa hatte nach Prügelvorwürfen ehemaliger Heimkinder und Vorwürfen einer Zweckentfremdung von Stiftungsgeldern für Waisenhauskinder beim Papst um seine Amtsentpflichtung gebeten. Diese wurde offiziell am 8. Mai vom Vatikan angenommen. Vorermittlungen zu Missbrauchsvorwürfen hat die Staatsanwaltschaft eingestellt, die Prügelvorwürfe aus seiner Zeit als Stadtpfarrer von Schrobenhausen bestehen aber weiter. Diese Vorgänge sind strafrechtlich aber verjährt.
Mixa warf Erzbischof Marx als Vorsitzenden der katholischen Bischöfe in Bayern sowie Erzbischof Zollitsch vor, deren Verhalten "hätte brüderlicher sein müssen". Stattdessen seien sie "zum Papst geeilt und haben ihm den sogenannten Missbrauchsfall vorgetragen, der de facto auf nichts mehr beruhte als auf acht handschriftlichen Sätzen einer höchst dubios hingekritzelten Notiz". Der Inhalt sei haltlos gewesen, wie die eingeschaltete Staatsanwaltschaft festgestellt habe. "Damit durften die doch nicht den Papst unter Zugzwang setzen."
Marx ließ diese Vorwürfe scharf zurückweisen: "Es ist alles rechtmäßig gelaufen, darüber hinaus gibt es nichts zu sagen", sagte der Sprecher des Münchner Erzbistums und der bayerischen Bischofskonferenz, Bernhard Kellner, der Nachrichtenagentur dpa. "Nicht zuletzt im Interesse von Bischof emeritus Mixa sehen wir davon ab, Einzelheiten öffentlich auszubreiten." Man wünsche Mixa gute Genesung: "Sein Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik war ein wichtiger erster Schritt." Mixa hatte sich nach seinem Rücktritt vorübergehend in ein Schweizer Sanatorium begeben.
Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" appellierte an Mixa einzusehen, dass er nicht zur Belastung für die ganze katholische Kirche in Deutschland werden dürfe. Man habe den Eindruck, dass sich Mixa weiterhin von miserablen Beratern beeinflussen lasse. Er müsse einsehen, dass das Wohlergehen seiner früheren Diözesen Eichstätt und Augsburg wichtiger sei als seine persönlichen Ambitionen, sagte "Wir sind Kirche"-Sprecher Christian Weisner.
Der Papst hat nach Darstellung Mixas ihn zum Gespräch eingeladen. "Vor allem will ich mit ihm also besprechen, wie sich die Situation weiter entwickeln soll." Der frühere Augsburger Oberhirte plant ein Comeback als Priester. "Ich möchte auf jeden Fall in irgendeiner Weise wieder in der Seelsorge tätig sein. Auch mit den Gläubigen feiern, Sakramente spenden."
"Wir sind Kirche"-Sprecher Weisner äußerte Verständnis für Mixas Wunsch nach einer Rückkehr in die Seelsorge. Diese sei aber in Mixas früheren Bistümern Eichstätt und Augsburg völlig undenkbar. Zudem dürfe es zu keinen neuen Polarisierungen durch Mixa und zu keinen Problemen durch seine angebliche Alkoholabhängigkeit kommen, sagte Weisner.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart