Mitgeschnittene Telefonate von Bankern: Ein Tag, eine Milliarde
Die Zeitung „Irish Independent“ hat mitgeschnittene Telefonate von Bankern veröffentlicht. Politiker fordern, die Abwicklung erneut zu untersuchen.
LONLOND/DUBLIN dpa | Irische Politiker fordern, die Abwicklung der Anglo Irish Bank erneut parlamentarisch zu untersuchen. Die Zeitung Irish Independent hatte den Inhalt mitgeschnittener Telefonate von Bankern aus dem Jahr 2008 veröffentlicht. Es werde deutlich, dass irische Top-Banker damals zum Ausmaß eines nötigen Überbrückungskredits zur Rettung der maroden Bank gelogen hätten, schreibt das Blatt. Die Banker hätten gewusst, dass weit mehr als die von den Iren angeforderten 7 Milliarden Euro nötig gewesen seien.
Die Enthüllungen des Irish Independent seien „wirklich schockierend“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Eamon Gilmore. Sie verdeutlichten Arroganz, Überheblichkeit und Desinteresse an den Belangen der Steuerzahler und des irischen Volkes. Er versprach, schnell nötige Rahmenbedingen für eine parlamentarische Aufarbeitung zu schaffen.
Eine Untersuchung wird für den Herbst erwartet, über die Modalitäten und Zuständigkeiten des Untersuchungsausschusses wird noch gestritten. Joan Burton von der Labour-Partei hatte zuvor den ehemaligen Ministerpräsidenten Brian Cowen aufgefordert, Einzelheiten zu veröffentlichen.
Die Mitschnitte der Telefonate von 2008, aus der Zeit der akuten Finanzkrise, schlagen in Irland hohe Wellen. In einem Ausschnitt ruft der ehemalige Bankchef David Drumm seine Mitstreiter der Zeitung zufolge am Telefon dazu auf, „einfach das Geld einzutreiben“ oder sagt lapidar: „ein neuer Tag, eine weitere Milliarde“. An anderer Stelle lacht der Bankenchef der Zeitung zufolge, während ein Mitarbeiter „Deutschland, Deutschland über alles“ singt – ein Hinweis auf zu erwartendes Kapital deutscher Großinvestoren.
Die Finanzkrise hatte Irland besonders hart getroffen – der extrem aufgeblähte Bankensektor geriet nach dem Platzen einer Immobilienblase 2008 in Schieflage. Die Anglo Irish Bank erhielt rund 28 Milliarden Euro an Kapitalspritzen. Sie wurde in diesem Jahr abgewickelt. Zuletzt hatte sie noch 850 Mitarbeiter. Wegen seines maroden Bankensystems war das hoch verschuldete Irland als erstes Land unter den Euro-Rettungsschirm geschlüpft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen