Mit dem Rad nach Baku: Klimafreundlich zur COP29
Ohne Fliegen geht es nicht? Unser Autor will im November an der COP29 in Baku teilnehmen – und fährt mit dem Rad.
Tagsüber radelten wir uns die Seele aus dem Leib, nachts zelteten wir wild, schliefen auf Parkbänken oder klingelten an Häusern und fragten die Besitzer, ob wir in ihren Gärten campieren dürften. Die meisten Menschen waren nett und hilfsbereit, denn wir waren jung, unbekümmert und etwas naiv. Im Grunde sind wir einfach losgefahren, ohne Plan, ohne Ziel und richtige Karten. Rückblickend war es das reinste Chaos, aber für zwei 15-Jährige ein herrliches Abenteuer.
Seitdem spielt das Fahrrad in meinem Leben eine wichtige Rolle; als Freizeitgerät und politischer Gegenstand. Wie es der Kalender so hergibt, versuche ich jedes Jahr, eine kleine Tour zu machen. Als freier Journalist schreibe ich über Klima, Umwelt- und Verkehrsthemen, halte Vorträge über fahrradgerechte Städte und spreche darüber in den Medien – in den letzten Jahren so viel und häufig, dass ich irgendwann merkte, dass ich das, worüber ich schrieb und sprach, selbst immer weniger tat.
Und so keimte der Gedanke, wieder loszufahren – wie damals, nur länger und weiter. Und diesmal mit klarem Ziel. Ans Kaspische Meer soll es gehen, nach Baku, Hauptstadt Aserbaidschans und ab Mitte November Austragungsort der nächsten UN-Weltklimakonferenz. Zum 29. Mal findet die Conference of the Parties nun schon statt (COP29). Zum 29. Mal werden die Nationen dieser Erde über die Zukunft des Planeten verhandeln und zum ersten Mal will ich live mit dabei sein.
Balkan-Etappe
Dafür bin ich Ende Juli aus meiner Heimatstadt Freiburg aufgebrochen, um 100 Tage und 5.000 Kilometer später am Kaspischen Meer anzukommen. Die Route: Über die Alpen nach Venedig, durch den Balkan, die Türkei und als letzte Etappe über den Kaukasus.
Seit drei Wochen bin ich nun schon unterwegs. Habe die Alpen überquert, die Schönheit Südtirols bewundert, bin im Gardasee geschwommen, durch Venedigs Gassen geschlendert und habe über Ljubljanas autofreie Innenstadt gestaunt. Denn auch das habe ich mir vorgenommen. Die Augen während der Reise offen zu halten und über hoffnungsvolle Entwicklungen und Projekte entlang des Weges zu berichten.
Ljubljanas Innenstadt – seit 2007 autofrei
Zum Beispiel über das tolle Fernradwegenetz in der gesamten Alpenregion, große Agri-Photovoltaik-Anlagen am Gardasee, die Sonnenstrom produzieren und dabei Oliven und Wein vor zu starker Hitze schützen, oder eben über die gemütliche slowenische Hauptstadt Ljubljana, die 2007 alle Autos aus der Innenstadt warf und seitdem Vorreiter ökologischer Stadtentwicklung ist. Und natürlich über Landschaft und Menschen, die steter Begleiter einer solchen Reise sind.
Jetzt bin ich bereits in Bosnien & Herzegowina. Eine faszinierende Gegend mit bergigen Landschaften, gutem Essen und gastfreundlichen Menschen. Aber auch mit einer dunklen Vergangenheit, von der Einschusslöcher an Hauswänden und Warnungen vor unentdeckten Minen zeugen. Das Zelten in freier Natur ist in dieser Region nur mit offizieller App zu empfehlen, die über die Nähe zum nächsten potenziellen Minenfeld informiert.
Das trübt die Stimmung nicht. Immer tiefer geht es nun hinein ins Herz des Balkans, nach Montenegro, Albanien und den Kosovo. Es wird eine der härtesten Etappen dieser Reise werden, aber es wird sich lohnen. Wie mir kürzlich ein anderer Radreisender sagte: Im Balkan sammelt man Höhenmeter und Erlebnisse.
Liebe Grüße aus Kulen Vakuf, einem 500 Einwohner-Dorf am bosnischen Una-Nationalpark.
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