Mit Kind auf dem 36C3: Hacker*in werden
Erstmals haben wir ein kleines Kind beim Kongress in Leipzig dabei. Wir tauchen ein in eine andere Welt und lernen, was es heißt, Hacker*in zu sein.
Es ist Manus erster Kongress. „Wie lernt man eigentlich hacken?“, hat Manu kürzlich gefragt, und wir haben herumgestottert, weil: „Was meinst du genau mit hacken? Was genau stellst du dir darunter vor? Möchtest du programmieren lernen?“ Wir haben dann Manu zum 36. Chaos Communication Congress mitgenommen. Denn wo sonst kann man die Vielfalt der Vorstellungen, was es bedeutet, Hacker*in zu sein, besser beobachten?
Manus Mutter und ich sind als JournalistInnen regelmäßig auf dem Kongress. Für uns bedeutet er: politische Vorträge, Neuigkeiten und Diskussionen über Fragen der Überwachung, der digitalen Sicherheit und der Menschenrechte. Mit Manu tauchen wir in eine andere Welt ein, die neben unserer existiert: eine spielerische, handwerkliche und unbeschwertere.
Mit Manu versuchen wir beim „Junghackertag“ die Antwort auf die Frage nach dem Hacken zu finden. Erste Station sind Mathematiker*innen, die sich in Grüppchen um einen Teich im Gebäude versammelt haben. Hier kann man lernen, einen Rubikswürfel zu lösen, spielt mit sehr großen Zahlen oder stellt sich vor, wie es wäre, wenn Menschen sich in vier Dimensionen bewegen könnten. Manu setzt sich zu der Gruppe, die eine Botschaft aus dem Weltall entschlüsselt.
Hacken mit Pasta
Die unlesbaren Zeichen haben die Menschen selbst ausgesandt, in der Hoffnung, dass sie von Außerirdischen gelesen werden. Jetzt versuchen Menschenkinder sie zu übersetzen. „Dieses Zeichen muss wohl ein Gleichheitszeichen sein“, „diese Punkte sind Zahlen“ – „dann bedeutet dieses Zeichen wohl …“ Die erste Seite ist bald gelöst, aber es gibt insgesamt 23. „Das wird mir beim Hacken helfen“, sagt Manu, als wir weitergehen. „Jetzt habe ich eine Idee, wie man mit verschlüsselten Botschaften umgehen kann.“
„Was glaubt ihr, was hacken bedeutet?“, fragt der Workshopleiter beim „Nudelhacken“. „Viren verschicken“, „programmieren“, „sich in andere Computer einschleusen“, gehen die Antworten durcheinander. „Es ist der kreative Umgang mit Technik“, kommt die Antwort. Der Workshopleiter findet, Nudeln sind Technik und die Kinder sollen versuchen, mit 20 Spaghetti, Schnur und Klebeband einen möglichst hohen Turm zu bauen. Eine halbe Stunde später gibt es viele schiefe Türme und zwei Gewinnerteams.
„Hacken heißt kreativ sein“, fasst Manu zusammen, während wir den Lötworkshop suchen. Manu hat eigentlich keine Lust. Der LED-Würfel, den wir bauen sollen, sieht langweilig aus. Das Kind rennt lieber der leuchtenden Fracht im Rohrpostsystem hinterher, die am anderen Ende der Halle wieder ausgespuckt wird. Da ist jemand kreativ mit Technik gewesen.
Am Ende löten wir doch. Manu hantiert schon nach wenigen Minuten gekonnt mit dem über 300 Grad heißen Lötkolben, während ich assistieren darf. Statt der angekündigten 90 Minuten brauchen wir drei Stunden, um unseren Würfel zu basteln. Es ist frustrierende Fummelarbeit, bei der sich Manu zweimal fast verbrennt. Als der Würfel dann später auf Knopfdruck anfängt zu leuchten und langsam die Farbe ändert, meint Manu: „Löten ist doch ganz okay.“
„Du brauchst auf dem CCC keinen Computer“, habe ich Manu Weihnachten noch erklärt. „Ich haben auch nur einen dabei, um zu schreiben.“ Und tatsächlich hat Manu viel über das Hacken gelernt, aber den ganzen Tag auf keinen Bildschirm geschaut. Am nächsten Morgen verschwindet Manu schon vor dem Eingang. Wir finden Manu später mit einem bärtigen Hacker in ein Gespräch über ein Computerspiel vertieft.
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