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Missstände in der FlüchtlingspolitikDie zwei Gesichter der Stadt

Flüchtlingsräte aller Länder trafen sich in Bremen. Kritik an der Regierung gibt es vor allem, wenn es um unbegleitete Minderjährige geht.

Hier könnten schon bald Flüchtlinge leben – wenn nicht gerade Messe ist. Bild: dpa

BREMEN taz | Die Landesflüchtlingsräte und Pro Asyl haben scharfe Kritik an der rot-grünen Flüchtlingspolitik in Bremen geübt. Die Situation der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge sei eine „Katastrophe“, sagte Marc Millies von Bremer Flüchtlingsrat am Ende einer zweitägigen Konferenz.

In der zentralen Erstaufnahme-Einrichtung, in der die Kinder und Jugendliche nur wenige Tage verbleiben sollen, müssten sie nun Wochen oder Monate verbringen.

Dabei sei die Betreuung dort „nicht adäquat“, ebenso wenig wie in Hotels. Auch ein geschlossenes Heim, wie es Rot-Grün gerade für straffällig gewordene minderjährige Flüchtlinge plant, „sehen wir natürlich kritisch“, so Millies. Dasselbe gilt für den rot-grünen Vorstoß, unbegleitete Minderjährige – ähnlich wie Erwachsene – auf die Bundesländer zu verteilen.

Bremen müsste sich dann um deutlich weniger unbegleitete Minderjährige kümmern als bisher: Nach dem so genannten Königsteiner Schlüssel entfallen auf Bremen nur ein Prozent. Die Flüchtlingsräte finden eine solche Verteilung „relativ willkürlich“, wie Millies sagt. „Statt bürokratischer Kriterien muss allein das Kindeswohl als Maßstab gelten“, heißt es in einer Erklärung der Flüchtlingsräte.

Sie bezweifeln vor allem, dass kleinere Kommunen in Niedersachen in der Lage sind, die unbegleiteten Minderjährigen angemessen zu betreuen. Die entsprechenden Strukturen in der Jugendhilfe „sind auf Bundesebene nicht ausreichend vorhanden“, so die Flüchtlingsräte.

„Wir befürchten ein wochenlanges, bürokratisches Verfahren“, sollte sich Bremen mit seiner Initiative zur Verteilung der minderjährigen Flüchtlinge durchsetzen, sagte Angelika von Loeper von Pro Asyl. Sie warnt vor einem „Absinken der Standards“ und sieht sogar die Einhaltung der UN-Kinderrechtskonvention in Gefahr.

Die Flüchtlingsräte fordern zunächst einmal mehr Personal in den zuständigen Behörden. Die gegenwärtige Ad-hoc-Politik erschwere ein faires und rechtsstaatliches Asylverfahren, sagte von Loeper. Weil die zuständigen Stellen überlastet seien, komme es zu „unzumutbaren monatelangen Wartezeiten“ bei der Registrierung, Anhörung und Entscheidung über die Asylanträge. Dies sei ein „untragbarer Zustand“, so von Loeper.

Auch der neuerlichen Debatte um Massenunterkünfte in Bremen stehen die Flüchtlingsräte kritisch gegenüber: Diese „verwehren den Menschen Partizipationsmöglichkeiten und machen sie krank“, heißt es in der Erklärung, die an alle Kommunen appelliert, „langfristig und humanitär zu planen“. Die Flüchtlingsräte fordern große Investitionen in sozialen Wohnungsbau.

In Bremen ist dagegen im Gespräch, die Messehallen als Notunterkunft für 150 bis 200 Menschen zu nutzen. Das sei eine „realistische Option“, heißt es im zuständigen Sozialressort.

Allerdings stehen die Räume wohl nur für einige Wochen zur Verfügung, schließlich sind sie langfristig vermietet. Nach Behördenangaben kamen im Januar dieses Jahres rund 340 Flüchtlinge, dreimal so viele Flüchtlinge wie Januar vergangenen Jahres, im Februar könnten es sogar vier Mal so viele wie im Vorjahr sein.

Den Vorwurf, nicht frühzeitig genug für größere Flüchtlingszahlen geplant zu haben, weist das Ressort von sich – da sei in dieser Dimension nicht absehbar gewesen, heißt es immer wieder.

Knapp 1.000 Flüchtlinge in Bremen kamen im vergangenen Jahr auf dem freien Wohnungsmarkt unter. Millies lobte Bremen zwar für entsprechende Bemühungen, auch für die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge nach dem „Bremer Modell“ gab es Beifall, von „Leuchttürmen“ war gar die Rede. Bremens Flüchtlingspolitik, sagt Millies, „hat zwei Gesichter“.

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1 Kommentar

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  • Mit der Kritik sind private Träger der Jugendhilfe schnell dabei. Und Pro Asyl hilft.

     

    Lassen sich doch mal eben bis zu Eur 6K aus der Staatskasse erhalten, wenn der Jugendliche einem privaten Träger zur Betreuung zugewiesen wird.