Missstände in Haasenburg-Jugendheimen: Anklage gegen Erzieher
Misshandlungen und Körperverletzungen: Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Cottbus gegen Mitarbeiter der Haasenburg-Heime führen nun zur Anklage.
COTTBUS dpa | Ein Jahr nach der Veröffentlichung von Missständen in den Brandenburger Haasenburg-Jugendheimen hat die Staatsanwaltschaft Anklagen gegen ehemalige Erzieher fertiggestellt. Die ersten drei Anklagen würden bis Anfang Juli den zuständigen Amtsgerichten zugestellt, sagte Behördensprecherin Petra Hertwig.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt in rund 50 Fällen wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und Körperverletzung gegen Erzieher und Heimbetreiber. 15 Verfahren wurden eingestellt. Die taz hatte vor genau einem Jahr Missstände in den Haasenburg-Heimen veröffentlicht. Nach dem Skandal wurden die drei Heime Ende vergangenen Jahres geschlossen.
Seit Juli 2013 hätten die Ermittler rund 100 Zeugen und 12 Beschuldigte vernommen, sagte Hertwig. Zudem wurden 160 Ordner mit Unterlagen von Jugendämtern und Krankenakten sowie 150 Personalakten sowie weitere beschlagnahmte Unterlagen ausgewertet. Dabei seien 50 ehemalige Heimbewohner ermittelt worden, die mutmaßlich Quälereien und Zwangsmaßnahmen erdulden mussten. Die Staatsanwaltschaft prüft zudem, ob die Betreiber falsch abgerechnet haben.
In den drei Heimen in Jessern, Neuendorf am See (Dahme-Spreewald) und Müncheberg (Märkisch-Oderland) hatten Jugendämter aus ganz Deutschland schwer erziehbare Kinder und Jugendliche untergebracht. Zuletzt gab es 114 Plätze, davon 60 geschlossene.
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte im Mai in einem Eilverfahren den Widerspruch der Haasenburg GmbH gegen den Entzug der Betriebserlaubnis abgewiesen. Nun wird ein langwieriges Hauptsacheverfahren erwartet.
Das Brandenburger Bildungsministerium hat in einer ersten Reaktion die Zahl der Stellen in der Heimaufsicht von drei auf fünf erhöht. Zudem werden die Richtlinien für die Heimaufsicht überarbeitet. Am 8. Juli hat das Ministerium zu einer bundesweiten Fachtagung zum Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit besonderen Problemen eingeladen. Dort solle auch über Alternativen zu einer geschlossenen Unterbringung der Betroffenen diskutiert werden, sagte Ministeriumssprecher Stephan Breiding.
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