Misslungene Mensa-Werbung: Plakativer Rassismusvorwurf
Das Studentenwerk wirbt mit reichlich plattem Plakat für eine „karibische Woche“ in mehreren Mensen. Studierende kritisieren rassistische Stereotype.
Mit der Mensa-Aktion des Berliner Studentenwerks „Caribbean Food“ sollte eigentlich etwas Abwechslung auf die Speisekarte der Studierenden gebracht werden. Stattdessen muss sich das Studentenwerk nun Rassismusvorwürfen stellen. Vom 22. Oktober bis zum 2. November finden sich in elf Berliner Mensen karibisch inspirierte Gerichte, unter anderem „Karibisches Putengeschnetzeltes“.
Beworben wird diese Aktion mit einer farbenfrohen Illustration: Vor einer Traumstrandkulisse mit Palmen tänzelt lächelnd eine schwarze Frau mit vollen Lippen. In der Hand hält sie zwei Rasseln, ihr Strohhut ist mit Obst bedeckt: mit Bananen, Ananas und Papaya. Im Hintergrund musizieren fröhlich vier schwarze Männer – mit Trommeln und Saxofon. Auch sie tragen Strohhüte.
Diese Abbildung rief bei einigen Studierenden negative Reaktionen hervor. „Wir halten es für rassistisch, sexistisch und eurozentristisch“, schrieben drei Studenten der Freien Universität in einer E-Mail an die taz. Das Plakat zeige klischeehafte Abbildungen von schwarzen Menschen, die sie im Zusammenhang mit dem Kolonialismus sehen. „Mit Schrecken“ hätten sie das Plakat in der vegetarischen Mensa entdeckt.
Ellen Krüger vom Berliner Studentenwerk kann die Vorwürfe nicht verstehen, eigentlich sollte das Plakat ein Beitrag zu kultureller Vielfalt sein: „In unseren Augen ist das Plakat harmlos. Wir wollten einfach Lust auf karibisches Essen machen.“ Auch sie erreichte eine E-Mail und drei Facebook-Posts, die das beschriebene Plakat als rassistisch kritisierten. Der Vorwurf: kolonial geprägte Stereotype. Angesichts der Gesamtzahl der Studierenden seien es wenig Beschwerden, sagt Krüger. Dennoch habe das Studentenwerk auf die Anschuldigungen reagiert. Es entfernte die Illustration von seinem Internetauftritt und nahm auf der Facebook-Seite Stellung dazu: „Es tut uns leid, dass wir mit diesem Plakat derart negative Assoziationen bei Ihnen geweckt haben.“
Aus „logistischen Gründen“ werden die Plakate dennoch bis zum Ende der Karibikwochen in den Mensen hängen bleiben. Bei der kommenden Aktion werde die Motivauswahl aber gründlicher ausgeführt werden, heißt es weiter. Einige scheinen besänftigt: Drei „Likes“ finden sich unter dem Eintrag.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott