Missbrauch in der katholischen Kirche: Bistümer öffnen Personalakten
Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen wird Akten der letzten zehn Jahre auswerten. Der Opferverband "netzwerkB" spricht von einer "Nebelkerze".
BERLIN taz | Die katholische Kirche will unabhängigen Fachleuten Zugang zu ihren aktuellen Personalakten gewähren, um mögliche Hinweise auf sexuellen Missbrauch von Minderjährigen durch Geistliche aufzuspüren. Der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, wollte einen entsprechenden Bericht des Spiegels zwar nicht bestätigen, verwies jedoch auf eine Pressekonferenz, bei der am Mittwoch dies voraussichtlich verkündet wird. In der taz übte Norbert Denef, Vorsitzender von "netzwerkB - Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt", schon vorab Kritik an dem Vorhaben der Kirche.
Die Bischöfe, so der Spiegel, würden dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) in allen Bistümern Zugriff auf sämtliche Personalakten der vergangenen zehn Jahre gewähren. In 9 der 27 Bistümer stünden den Fachleuten sogar die Akten ab dem Jahr 1945 offen. Vorgesehen ist demnach dies: Kirchenmitarbeiter durchsuchen unter der Aufsicht von KFN-Teams erst die Akten auf Hinweise auf diese Verbrechen, dann werten die Teams die Verdachtsakten aus. Schließlich erhalten alle noch erreichbaren Opfer Fragebögen, in denen sie Angaben zu dem Vorfall machen können. Die KFN-Teams sollen aus pensionierten Staatsanwälten und Richtern bestehen.
In einer ersten Reaktion nannte Norbert Denef vom Opferverband "netzwerkB" das Vorhaben "eine Nebelkerze wie viele andere auch", die die katholische Kirche zünde. In jedem Bistum gebe es neben den offiziellen Akten noch geheime Personalpapiere, die unzugänglich blieben. Auch der runde Tisch "Sexueller Kindesmissbrauch" der Bundesregierung bleibe eine reine Interessenvertretung der Organisationen, bei denen es zu "Pädokriminalität kommt", verkündete "netzwerkB". Das "Hauptproblem" für die Betroffenen sei, dass die Straftaten weiterhin verjährten, so Denef.
Vergangene Woche hatten sich die Missbrauchs- und Präventionsbeauftragten der Bistümer und Orden bei einer Tagung an der Universität Bochum über die US-Maßnahmen bei der Prävention gegen sexuellen Missbrauch in kirchlichen Institutionen informiert. Es ging darum, aus der 20-jährigen Erfahrung in den USA zu lernen, hieß es.
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