piwik no script img

Minister Özdemir zu Lebensmittel-SpendenStrafen wegen Containerns „absurd“

Gegen Verschwendung: Agrarminister Özdemir setzt sich für einfachere Lebensmittel-Spenden ein. Der Handel solle abgelaufene Ware spenden anstatt wegwerfen.

Zu gut zum Wegwerfen Foto: imago

Berlin afp | Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) hat angekündigt, rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen für Lebensmittel-Spenden zu lockern. „Gerade im Handel geht es um die Erleichterung von Spenden, damit nicht mehr so viel weggeworfen wird“, sagte Özdemir. „Dafür sind haftungs- und steuerrechtliche Fragen zu klären: Die Angst vor zivilrechtlichen Klagen ist für viele Unternehmen ein Hemmschuh.“

Es könnte demnach helfen, wenn die Umsatzsteuer bei Lebensmittelspenden auch dann wegfalle, wenn die Ware beispielsweise falsch etikettiert ist. Dadurch werde es für den Handel attraktiver, sie zu spenden anstatt sie wegzuwerfen, sagte Özdemir. „Wir wollen die Lebensmittelverschwendung in der gesamten Wertschöpfungskette – vom Feld bis zum Handel – reduzieren“, sagte der Ernährungs- und Agrarminister. „Es hat sich gezeigt, dass es nicht reicht, auf freiwillige Vereinbarungen zu setzen, wie es die Vorgängerregierung gemacht hat.“

Der Minister kritisierte die Strafbarkeit des Containerns, also des Herausnehmens von weggeworfenen Lebensmitteln aus Supermarkt-Abfallcontainern. „Das finde ich schon ziemlich absurd“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Containern ist in Deutschland zwar verboten – unter armen Menschen, aber auch unter umweltbewussten Studenten jedoch weit verbreitet. Supermärkte versuchen oft, das Retten von noch genießbaren Lebensmitteln aus dem Müll zu verhindern, da sie Haftungsrisiken fürchten. Viele Bundesländer drücken aber ein Auge zu, wenn sie Menschen dabei erwischen. Vergangenes Jahr hatte das Verfassungsgericht allerdings eine Beschwerde von beim Containern erwischten Studentinnen in Bayern gegen ihre Verurteilung zurückgewiesen.

Für finanzielle Unterstützung der Landwirte

Özdemir will sich auch für eine stärkere finanzielle Unterstützung der Landwirte bei der Umstellung auf eine klima- und artgerechte Produktionsweise einsetzen. Dafür sei sowohl eine Erhöhung des Etats seines Ministeriums als auch eine finanzielle Beteiligung der Verbraucher etwa über eine Tierwohl-Abgabe möglich. „Wenn wir Strukturreformen wollen, müssen wir die Landwirtinnen und Landwirte finanziell unterstützen“, sagte Özdemir.

Im Vergleich zu den Summen, die in der Automobilindustrie für die Transformation vom fossilen Verbrenner zur emissionsfreien Mobilität aufgewendet würden, sei der Unterstützungsbedarf der Landwirtschaft „relativ bescheiden“, sagte Özdemir dem RND.

Eine Tierwohl-Abgabe war bereits von der alten Bundesregierung diskutiert, jedoch nicht umgesetzt worden. Einer von der Regierung in Auftrag gegebenen Studie vom Mai zufolge dürfte es drei bis vier Milliarden Euro pro Jahr kosten, um die Haltungsbedingungen für Kühe, Schweine und Hühner deutlich zu verbessern.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Wie ich in den containernden Wohngemeinschaften meiner Tochter gelernt habe, ist Containern nur dann echt, wenn es verboten ist. Wer legal Lebensmittel (und andere Güter) aus dem Abfall rettet, wird verlacht!

  • Na, da haben wir es doch.

    Die sportlichen Armen oder die Überzeugungstäter flanken über den Supermarktzaun und holen das Essen aus dem Müll. Wer dafür zu alt oder zu krank ist, der stellt sich bei der Tafel an.

    Und schon kann man die Lebensmittel teurer machen. Fortschritt.